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Zeus & Co. auf einen Blick

14.Februar 2009

Das Werk, das auf 52 Meter langen Schautafeln 5640 Namen bietet, wurde jetzt in der Vorarlberger Landesbibliothek vorgestellt. Die OÖN haben mit dem in Lauterach bei Bregenz lebenden Hobby-Historiker gesprochen.

OÖN: Reicht überhaupt ein Menschenleben für so eine Herkulesarbeit?

Dieter Macek: Eigentlich nicht! Ich habe 1974 begonnen, alle Hinweise auf die griechischen Götter und Helden zu sammeln, aber nach zehn Jahren wollte ich das Handtuch werfen. Es waren einfach zu viele, ich habe alles handschriftlich auf riesige Plakate geschrieben, davon lagen ganze Stöße in der Wohnung herum, und ich verlor die Übersicht. Aber dann kamen der Computer und Google, damit ging es auf einmal viel schneller.

OÖN: Wann wurde Ihr Interesse an den Griechen geweckt?

Macek: Das fing mit einer Aufführung der Oper „Elektra“ bei den Salzburger Festspielen an. Ich war 15 Jahre alt, kaufte mir dazu extra das Textbuch, fand mich darin aber überhaupt nicht zurecht. Deshalb schenkte mir meine Oma zum Geburtstag die „Griechischen Götter- und Heldensagen“ von Gustav Schwab. Das hat mich fasziniert, ich wollte Ordnung ins Chaos bringen und habe erste handschriftliche Stammbäume entworfen.

OÖN: Was waren Ihre Quellen?

Macek: Für meine jahrelangen Recherchen habe ich mich auf die über 85-bändige Realenzyklopädie der klassischen Altertumswissenschaft gestützt. Ich habe mir griechische Originalfragmente in deutscher Übersetzung beschafft, bin über Google in alle möglichen Universitätsbibliotheken eingestiegen. Eine wahre Fundgrube war dabei die Universität Innsbruck.

OÖN: Mit welchen Götter-Stammbäumen haben Sie begonnen?

Macek: Der erste war der Stammbaum der Io, einer Geliebten des Zeus, die später in Ägypten als Isis verehrt wurde und an der Wurzel der abendländischen Religionen steht. Dann kam der Stammbaum der Tantaliden, aus denen König Agamemnon, der Heerführer der Griechen im Kampf gegen Troja, hervorging.

OÖN: Wie weit in die Gegenwart hinein reicht denn die mythische Genealogie der alten Griechen?

Macek: So seltsam es klingt: bis 1918, bis zum Ende der Habsburger-Monarchie!

OÖN: Stammt Kaiser Franz Josef etwa gar vom Griechengott Zeus ab?

Macek: Persönlich eher nicht, aber insofern, als er den Titel eines „gottgewollten Herrschers“ führte, sehr wohl.

OÖN: Wie ist das zu verstehen?

Macek: Das Gottesgnadentum geht zurück ins Jahr 493, als Papst Gelasius nach dem Untergang des Weströmischen Reiches die Machtteilung zwischen Kirche und Staat begründete. Sein Nachfolger Anastasius I. erhob den Frankenkönig Chlodwig nach dessen Taufe zum göttlich begnadeten König in der Nachfolge der römischen Kaiser, und mit der Salbung Karls des Großen im Jahr 800 bekam das römische Kaiserreich seine christliche Prägung.

OÖN: Und dieses Gottesgnadentum, auf das sich die Habsburger beriefen, wurzelt in der griechischen Mythologie?

Macek: Es lässt sich auf eine literarische Quelle zurückführen, auf Vergils „Aeneis“. Das war der Gründungsmythos des römischen Kaiserreichs. Vergil knüpfte die Familie der Julier, aus der Cäsar und Kaiser Augustus hervorgingen, an Julus, den griechischen „Askanius“, einen Sohn des Aeneas aus dem Geschlecht der Dardaniden. Dardanus, der Ahnherr dieses trojanischen Herrschergeschlechts, war ein Sohn des Zeus. Insofern leitet sich das europäische Gottesgnadentum vom griechischen Göttervater her.

OÖN: Sehen Sie sich als „Aufklärer“?

Macek: Meine Botschaft hat schon eine aufklärerische Komponente. Am Beispiel der griechischen Götterwelt zeigt sich, dass auch Religionen vergänglich sind.

OÖN: Worin liegt die aktuelle Bedeutung Ihrer Genealogie?

Macek: Sie soll die Wurzeln des europäischen Denkens bewusstmachen. Unsere Aufklärung, die die Religionen stark bedrängt, beruht auf der Aufklärung der Griechen, wie der Philosoph Theodor W. Adorno erkannte. Prototyp der griechischen Aufklärung ist der „listenreiche“ Odysseus, der sich gegen die Götter siegreich mit seiner Vernunft zur Wehr setzt.

OÖN: Was planen Sie als Nächstes?

Macek: Derzeit erforsche ich, wie die griechische Mythologie in der modernen Literatur behandelt wird und möchte alle Opern, in denen griechische Götter und Heroen vorkommen, sichten. Allein im 18. Jahrhundert gab es beispielsweise 44 Medea-Opern. Das wird mich bis an mein Lebensende beschäftigen.

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26. April 2024