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12. Februar 1934: Die Willkür der Justiz

Von Von Gerhard Lukesch   12.Februar 2009

Bereits am 11. November 1933 hatte die austrofaschistische Ständeregierung von Bundeskanzler Engelbert Dollfuß für ganz Österreich die Wiedereinführung der Todesstrafe für Mord, Brandstiftung und boshafte Sachbeschädigung im Standgerichtsverfahren verkündet. Die Todesstrafe war im Jahr 1918 abgeschafft worden.

Nach der raschen Ausrufung des Standrechtes – auch für „Aufruhr“ am 12. Februar 1934 – wurden insgesamt neun Menschen hingerichtet.

Bekannteste Opfer waren darunter der schwer verletzte Wiener Karl Münichreiter (43), der Floridsdorfer Feuerwehrkommandant Georg Weissel (35) sowie der steirische Nationalratsabgeordnete Koloman Wallisch (45).

Standgericht in Linz

In Linz wurde am 22. Februar 1934 der Arbeiter-Samariter der Poschacher-Brauerei Anton Bulgari (57) standrechtlich verurteilt und hingerichtet. Der Prozess unter dem vorsitzenden Richter Adolf Bayer war juristisch mehr als bedenklich (siehe Wortlaut der Vernehmung unten).

Nur wenige Linzer wissen heute noch, warum der Bulgariplatz nach einem Brauereiarbeiter benannt ist: Nach dem Ausbruch des bewaffneten Widerstandes des Schutzbundes im Hotel Schiff an der Landstraße gegen das totalitäre Regime am 12. Februar 1934 errichteten rund 300 Schutzbündler bei der Poschacher-Brauerei und am „Polygonplatz“ in Linz ab neun Uhr Barrikaden und beherrschten dadurch eine wichtige Zufahrtsstraße nach Linz.

Gegen 15.45 Uhr kam es zu einem folgenschweren Zwischenfall, als Bundesheer-Oberleutnant Heinrich Nader (46) mit drei Soldaten in einem Taxi in die Innenstadt fahren wollte. Es fielen Schüsse, wobei Nader und die Bundesheer-Soldaten Josef Mangl und Paul Eiselsberg getötet wurden.

Nach der Niederschlagung des Aufstandes wurden Anton Bulgari, Franz Gschwandtner und Ludwig Schwinghammer von einem Standgericht aus Wien für die Tat verantwortlich gemacht und zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde jedoch nur an Bulgari vollstreckt. Das Grab von Bulgari befindet sich noch heute in der Sektion 16 des Barbara-Friedhofes in Linz. Auch Heinrich Nader ist am Barbara-Friedhof begraben.

Machthaber ohne Gnade

Beim Arbeiterführer Koloman Wallisch aus der Steiermark handelt es sich aufgrund der Aktenlage um einen anbefohlenen Justizmord, für den vor allem Bundeskanzler Dollfuß und Justizminister Kurt Schuschnigg die Verantwortung zu tragen haben.

Obwohl durch zwei Schüsse schwer verletzt, wurde auch in Wien der Schuhmacher und Schutzbund-Gruppenführer Karl Münichreiter am 14. Februar für verhandlungsfähig erklärt und standrechtlich zum Tode verurteilt. Kardinal Theodor Innitzer und Bundespräsident Wilhelm Miklas versuchten bei Justizminister Schuschnigg zu intervenieren, doch dieser lehnte die Weiterleitung von Gnadengesuchen ab.

Münichreiter wurde trotz seiner schweren Verletzungen noch am selben Tag auf einer Trage zum Galgen im Wiener Gericht gebracht und gehenkt.

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04. Mai 2024