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Chat mit Grünen-Chefin Eva Glawischnig

Von nachrichten.at   04.September 2013

4780er: Frau Glawischnig, SPÖVP haben uns ja eindrücklich, wie auch die FPÖ vor Augen geführt wie mit dem Staatsvermögen und dem Steuergeld umgegangen wird. Wie gedenken sie künftig dieser Freunderlpartie und Korruption entgegenzutreten?
Eva Glawischnig: Das beste Mittel gegen Korruption ist Transparenz, also überall reinschauen können. Kontrolle muss vollkommen normal werden und darf nicht mehr abgedreht werden wie mehrere U-Ausschüsse im Parlament. Ich würde Gesetze noch verschärfen, insbesondere illegale Parteienfinanzierung wie in Deutschland mit Haftstrafen bis zu 5 Jahren ahnden. Das hätte mit Sicherheit sehr abschreckende Wirkung. Und wo immer möglich Geld zurück von den Parteien an die Telkom und damit auch an die Kundinnen und Kunden der Telekom.

E-Mail-Anfragen: Sie haben auf Puls4 gesagt, die Obergrenze bei Pensionen soll 3000 Euro brutto sein. Können Sie sich vorstellen, dass aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit auch auf bestehende Pensionen, die über diesem Betrag liegen, eingegriffen wird?
Eva Glawischnig: Ja, über die behutsame Erhöhung der Pensionssicherungsbeiträge. Ich bin der Meinung, es sollte für alle Menschen in Österreich ein einheitliches Pensionsrecht gelten. Die 3000-Euro-Grenze betrifft derzeit alle ASVG-Versicherten und sollte für alle gelten. Im Pensionssystem ist sehr viel Geld vorhanden, es ist allerdings sehr ungleich verteilt. Die Durchschnittspension in Österreich liegt bei 1.000 Euro. Bei den "Altpolitikern" würde ich beginnen. Mir liegen besonders Frauen ohne Pensionsanspruch am Herzen. Hier möchte ich eine Grundpension für alle.

Gast9323: Ich gehe derzeit in eine Handelsakademie und bin vorher in ein Gymnasium gegangen,darum wollte ich Sie fragen, welche Vorteile eine Gesamtschule mit sich bringt?
Eva Glawischnig: Der frühe Entscheidungsdruck für viele 9-Jährige fällt weg. Es ist unbestreitbar, dass die Bildungserfolge der Kinder und Jugendlichen in vielen anderen Ländern besser sind. Das kann nicht daran liegen, dass unsere Kinder weniger begabt sind. Für mich ist jedes Kind ein Talent, das die beste Förderung verdient.

E-Mail-Anfragen: Ob und wann gibt es in Österreich eine Initiative für einen Einsatz auf Alu Getränkedosen und Plastikflaschen. Als Genießer der Natur und Läufer ärgere ich mich immer, wenn die ganzen Red Bull und Bierdosen alle 10 Meter liegen.
Eva Glawischnig: Das kann ich gut nachvollziehen, ich krieg dann immer den Drang zum Saubermachen. Mehr Mehrweg- und weniger Einwegflaschen sind unser erklärtes Ziel. Wir würden das über ein Quotenmodell über den Handel lösen. Wer mag schon Bier aus einer Plastikflasche trinken müssen? Wir haben in Österreich das Glück, fast überall Wasser aus der Leitung trinken zu können.

E-Mail-Anfragen: Wenn sie einen Gestaltungsauftrag bekommen: Woran wird man in Österreich 2030 ganz konkret die wirtschaftspolitische Handschrift der Frau Glawischnig erkennen (es wird dann ca. 4 Mio. Erwerbstätige geben)?
Eva Glawischnig: Leitidee ist, mit grünen Ideen schwarze Zahlen schreiben: statt steigenden Importen von Öl und Gas heimische erneuerbare Energien und Export von vor allem oberösterreichischen Pelletskessel, Solaranlagen, Wechselrichter und Biolebensmitteln. Deutschland und Frankreich sind mittlerweile große Importländer, was Biolebensmittel betrifft. Weiters besser Unterstützung für KMOs. Viele spüren die Kreditklemme, wollen investieren, brauchen Kapital. Investitionsprämie von 10 auf 15% und neue Modelle, wie zum Beispiele "crowd funding" möglich machen: statt Geld bei der Bank Geld von Bürgern der Region ausborgen dürfen.

E-Mail-Anfragen: Sie bringen die FPÖ mit Korruption in Verbindung. Haben Sie konkrete Hinweise, dass aktuelle FPÖ-Politiker im Korruptionssumpf sind oder sind das nur Anschuldigungen über Ex-Politiker?
Eva Glawischnig: Eine Auswahl:Beispiel Dörfler: aktuell Bundesrat der FPÖ, Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren wegen Missbrauchs von Steuergeld für Parteiwerbung. Er ist auch in einem zweiten Verfahren Beschuldigter wegen der "Saualm".Der neue FPÖ-Chef in Kärnten, Ragger, ist ebenfalls Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren wegen Missbrauchs von Steuergeld.Susanne Wintner, rechtskräftig verurteilt wegen Verhetzung, steht nach wie vor auf der Liste der FPÖ zur Wahl.Der erstinsatanzlich verurteilte Gernot Rumpold hatte eine Zeit lang eine gemeinsame Firma mit FPÖ-Chef Strache, es ging aber mit Sicherheit nur um Zahnprothesen ;-)

4780er: Der Standard schreibt dass uns 11 Millionen Zuwanderer fehlen. Ich bin der Meinung dass die Rahmenbedingungen für Familien besser werden müssen. Was sagen sie dazu?
Eva Glawischnig: Zur Sicherung unserer Sozialsysteme, Pensionen etc. ist Zuwanderung auch in Zukunft notwendig und sinnvoll. Der Wohlstand in Österreich wurde von vielen ÖsterreicherInnen, viele davon mit Wurzeln in einem anderen Land, aufgebaut. Die Herausforderung für die Zukunft ist es, Menschen mit guter Ausbildung nach Österreich zu bringen zum Beispiel im Pflegebereich. Unterstützung von Familien ist mir persönlich auch ein sehr großes Anliegen. Bis zu 56 Schließtage von Kindergärten bei 25 Tagen Urlaub im Jahr, die Vorstellungen von manchen Wirtschaftsvertretern, 12 Stunden zu arbeiten, sind mit einem Familienleben schlicht unvereinbar.

Gast2948: Wie geht es Ihnen als Mutter zweier schulpflichtiger Kinder im Wahlkampf? Es ist doch gerade Schulstart.
Eva Glawischnig: Für viele berufstätige Eltern ist Schulstart eine riesige Herausforderung, die Kinder müssen wieder früh aufstehen. Schulsachen konnte ich Gott sei Dank bei einem Tour-Tag in Eisenstadt einkaufen. Jetzt bin ich vier Nächte nicht zu Hause, das ist die längste Trennung im Wahlkampf. Aber Dank an alle Omas und Opas in Österreich, die immer mit anpacken, so auch bei mir.

Gast8099: Die Grünen sind für eine Freigabe von Haschisch. Ist es nicht schlimm genug, dass unsere Jugend immer mehr zum Koma-Saufen neigt? Brauchen wir auch noch legales High-Sein?
Eva Glawischnig: Ich wünsche mir, dass Kinder und Jugendliche gar nichts rauchen. Ich will aber auch, dass sie nicht mit schweren Konsequenzen rechnen müssen, wenn sie einen Joint rauchen - wie zum Beispiel den Lehrplatz verlieren, Schule verlassen müssen oder strafrechtliche Verurteilungen.

E-Mail-Anfragen: Wenn beim Westring ein Baubeginn erfolgen sollte, könnten Sie sich dann auch Protestaktionen wie in früheren Zeiten (z.B. Besetzung Hainburger Au) vorstellen? Oder sind die Grünen dafür schon zu "brav" geworden?
Eva Glawischnig: Bin ich sofort dabei! Meine Handschellen habe ich allerdings aus Sicherheitsüberlegungen gegenüber der Kinder entsorgt. Inhaltlicher Punkt: Westring ist aus meiner Sicht eine unverantwortbare Geldvernichtung, noch dazu auf Pump der nächsten Generation.

Gast2948: Frau Musiol von den Grünen hat sich in dem unsäglichen Kirchenhasser-Volksbegehren engagiert, das mit falschen Aussagen geworben hat. Ist das die Position der Grünen? Wie stehen Sie zum Kreuz in den Klassenzimmern?
Eva Glawischnig: Was Fragen der Religion betrifft, gibt es in unserer Partei große Freiheit und keine einheitliche "Parteilinie". Eine offizielle Unterstützung der Grünen hat dieses Volksbegehren nicht gehabt. Ich schätze über alle Maßen das Engagement von vielen Menschen im kirchennahen Bereich, sei es Hilfe für Flüchtlinge und die Ärmsten in unserer Gesellschaft oder der Einsatz beim Gentechnik-Volksbegehren.

E-Mail-Anfragen: woher kommt eigentlich das Geld für die Milliardenschulden für die HYPO-ALPE ADRIA und die Abdeckung für die Kommunalkredit? Da wird hinter verschlossenen Türen über unser Steuergeld beschlossen. Wer hilft mir, wenn ich pleite bin?
Eva Glawischnig: Über die Hälfte des sogenannten Bankenpaketes sind mittlerweile verlorenes Steuergeld für die Kärntner Skandalbank und es ist zu befürchten, dass es noch deutlich mehr wird. Die Finanzministerin verweigert hier Klartext. Zu verhindern, dass solche kriminellen Machenschaften wieder passieren, brauchen wir die strengsten Anti-Korruptions-Gesetze der EU. Es muss möglich sein, dass Banken in geordneten Konkurs geschickt werden. Das Finanzloch im Budget wird uns leider über die nächsten Jahre Spielräume für Investitionen nehmen. Ich möchte auch einen Untersuchungsausschuss zur Notverstaatlichung, um Verantwortlichkeit zu klären und Geld auch zurückzubekommen.

E-Mail-Anfragen: 100 % Bio, 100 % erneuerbare Energie, Solar-Dächer – Lässt sich das mit der Forderung nach leistbarem Leben für alle vereinbaren?
Eva Glawischnig: Zu Bio: Ziel ist es, eine Verdoppelung der Anzahl der Biobetriebe in Österreich bis 2018 zu schaffen. Der Biodachverband geht davon aus, dass das möglich ist und sieht darin große wirtschaftliche Chancen, auch im Export von verdelten und hochqualitativen österreichischen Bioprodukten. Bioprodukte nach Saison eingekauft sind preilich vergleichbar mit Premiumprodukten, Fleisch allerdings ist deutlich teurer. Daher seltener Fleisch, aber mit gutem Gewissen genießen. Soziale Unterstützung für Menschen mit niedrigen Einkommen möchte ich nicht über Billigstlebensmittel lösen, sondern über gute Sozialpolitik (Bildungschancen verbessern, existenzsichernde Pensionen, Energiearmut bekämpfen).

Gast8099: Sie wollen bei der Nationalratswahl die Freiheitlichen überholen. In den Umfragen sind Sie aber noch deutlich hinten und 2008 war FPÖ 17,5 %, Grüne nur 10,4 %. Überschätzen Sie nicht Ihre Möglichkeiten?
Eva Glawischnig: Vielleicht. Mich motivieren aber die Ergebnisse der Landtagswahlen. Die Grünen haben fast 70.000 WählerInnen zusätzlich überzeugen können. Die FPÖ hat bei 135.000 Vertrauen verloren. Am Aschermittwoch wollte Strache noch Kanzler werden und 33%, mittlerweile sind wir ihm auf den Fersen. Als gebürtige Kärntnerin: wer hätte gedacht, dass es in Kärnten mit nur einer einzigen Stimme Überhang jemals eine rot-grüne Mehrheit gibt. Also jede Stimme zählt, ich brauche jede einzelne.

4780er: Frau Glawischnig. Ich bin 35, Angestellter, verheiratet mit 2 Kindern. Wie sollten Familien wie meine finanziell soweit entlastet werden dass meine Frau bei den Kindern bleiben kann und wir dennoch vernünftig haushalten können?
Eva Glawischnig: Wir setzen uns ein für leistbare Mieten, wollen, dass öffentliche Verkehrsmittel in allen Bundesländern deutlich billiger werden (365 Euro ist das Ziel). Ein Jugendticket für 60 Euro für SchülerInnen, Lehrlinge und Studierende. Beitragsfreier Kindergarten für die beiden Jahre vor Schuleintritt. Mehr Förderung der einzelnen Kinder in der Schule statt teurer Nachhilfe.

E-Mail-Anfragen: Unter Fr. Glawischnig würde die "Saatgutregelung - sprich beizen verboten" nicht aufgehoben werden? Welche Lösung haben Sie gegen den dadurch steigenden Mehrverbrauch anderer Pflanzenschutzmittel etc?
Eva Glawischnig: Mais beizen, der Einsatz von Glyphosaten und Neonics (Gifte) ist nunmal extrem schädlich, nicht nur für Bienen, sondern für alle Lebewesen und auch für den Mensch. Alternativen, im wesentlichen zu Maismonokulturen - weil darum geht's - ist Fruchtwechsel und nicht mehr Gifteinsatz von anderen Giften.

Gast7943: Sind Sie auch für die Einführung eines "Studententickets"?
Eva Glawischnig: Ja, genau so 60 Euro.

Eva Glawischnig: Ganz herzlichen Dank für das engagierte Fragen. Meine eingeplante Zeit ist zu Ende, ich beantworte sehr gerne und ausführlich jede E-Mail-Anfrage an eva.glawischnig@gruene.at, es dauert nur manchmal länger als ein paar Minuten, sorry ;-)

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26. April 2024