Die Multi-Kulti-Schule von Linz

Von Alfons Krieglsteiner und Stephanie Lehner   14.September 2011

270 Schüler aus 40 Nationen werden an der Otto-Glöckel-Hauptschule in Linz unterrichtet. „Seit wir zur Neuen Mittelschule erhoben wurden, ist der Andrang noch größer geworden“, sagt Direktorin Martina Rabl. Fast 96 Prozent der Schüler haben eine nichtdeutsche Muttersprache.

„Offene Sprachklassen“ sind das Erfolgsgeheimnis von Oberösterreichs größter MultiKulti-Schule: Schüler ohne Deutschkenntnisse werden in Deutsch, Englisch und Mathe in kleinen Gruppen von einem oder zwei Lehrern unterrichtet. Der Unterricht in Fächern wie Geografie oder Biologie erfolgt hingegen im Klassenverband, dafür sind jeweils zwei Lehrer im „Team-Teaching“ zuständig.

„Zuerst lernen die Schüler anhand von Bildern die deutschen Ausdrücke für Gegenstände, darauf bauen dann die weiteren Sprachkenntnisse auf“, sagt Rabl.

Von der Anfängergruppe kommen die Schüler in die Gruppen für Fortgeschrittene und werden spätestens nach zwei Jahren in die „Regelklassen“ überstellt. Sprachbegabte neue Schüler fungieren oft schon nach wenigen Wochen als „Dolmetscher“.

Seit 2010 ist die Otto-Glöckel-Hauptschule EVA-zertifiziert – die Abkürzung für „eigenverantwortliches Arbeiten“. Mehr als 40 Lehrkräfte haben dafür in Fortbildungsreihen gelernt, den Schülern Techniken zu vermitteln, wie sie sich selbstständig Wissen aneignen können.

Die „integrativen Lehrmethoden“ tragen Früchte: Sechs Schüler einer 4. Klasse haben zuletzt die Hauptschule mit ausgezeichnetem Erfolg absolviert. „Wir sind Spezialisten, die Direktoren anderer Schulen schicken uns die Kinder“, sagt Rabl. Viele seien überdurchschnittlich intelligent. Matura machen können sie in den kommenden Jahren an der Partnerschule, der HTL 1 an der Goethestraße.

„Wir legen großen Wert auf gutes Benehmen, das ist in der Öffentlichkeit wichtig, weil es immer noch Vorurteile gibt“, sagt Rabl. Manche ihrer Schüler sind vom Krieg in ihren Heimatländern traumatisiert. Für sie gibt es eine Betreuungslehrerin. „Auch von der Volkshilfe betreute Jugendliche, die allein in Österreich gestrandet sind, gehören zu unseren Schülern“, sagt Rabl: „Gerade diese jungen Leute entwickeln in der Schule dann oft ganz besonderen Ehrgeiz.“

 

Das sagen die Schüler:

Eduard Mhojan (19), Armenien

Der 19-Jährige hat vor einigen Jahren seinen Hauptschulabschluss an der Otto-Glöckel-Schule gemacht und besucht nun eine Handelsakademie. Er hat nach wie vor eine sehr starke Bindung zu seiner ehemaligen Schule. Oft kommt er zu Besuch, um mit seinen einstmaligen Lehrern zu plaudern: „Ich habe ihnen sehr viel zu verdanken.“

Arijeta Seljini (14), Albanien

In Arijetas Klasse treffen sechs verschiedene Nationalitäten aufeinander. Probleme hat es deswegen aber noch nie gegeben. Ganz im Gegenteil, das macht es viel interessanter: „Bei Diskussionen im Unterricht lernt man viele verschiedene Eindrücke und Meinungen anderer Kulturen kennen. Das macht großen Spaß“, sagt die 14-Jährige.

Felix Schnabler (14), Österreich

Felix war vorher in einer anderen Schule und ist erst seit der 2. Klasse an der Otto-Glöckel-Schule. Anfangs hat es ihm in der neuen Klasse nicht so gut gefallen, der heute 14-Jährige fühlte sich wie ein Außenseiter. Doch sehr schnell wurde er von seinen Mitschülern in die bestehende Klassengemeinschaft aufgenommen. Er hat rasch viele neue Freunde gefunden.

Joann Kareem (14), Österreich

„Viele nennen unsere Schule Otto-Trottel-Schule“, sagt die gebürtige Österreicherin. Das verärgert sie sehr. „Die können das gar nicht beurteilen. Viele glauben, nur weil bei uns einige Nationalitäten zusammenkommen, ist das Niveau automatisch niedrig. Die verstehen nicht, dass das auch etwas Positives sein kann.“

Links:

Webseite der Otto-Glöckel-Schule

Wikipedia: Wer war Otto Glöckel?

EVA - Eigenverantwortliches Arbeiten

Neue Mittelschule