Tomaten auf den Augen

Von Philipp Braun   10.August 2017

Kartoffel oder Erdapfel? Und aktuell Tomate oder Paradeiser? Wie sagt man es richtig, wie macht man es den Sprachästheten recht? Immer öfter denkt man sich, dass der große Graben zwischen zwei Lagern wieder etwas gewachsen ist.

Die Diskussion wurde durch die Erweiterung des Dudens zusätzlich befeuert. Gänzlich neu ist die Debatte nicht und auch außerhalb der österreichischen Grenze ein Thema. In Erinnerung bleibt mir der Dialog zwischen Fred Astaire und Ginger Rogers: „You say tomato, I say tomato".

Roter Kopf – kühler Kopf

Johann Schnellinger aus Linz versucht mit seinem Leserbrief die Wogen zu glätten, indem er schreibt: „Paradeiser. Was für ein wunderschönes österreichisches Wort! Aber leider nur auf den ersten Blick: Bei näherer Betrachtung stellt sich nämlich heraus, dass es persisch-griechisch-lateinischen Ursprungs ist und somit nicht als „Vorzeige-Austriazismus“ reklamiert werden kann. Im Umgang mit „unserer“ Sprache scheint eines dringend angezeigt: Gelassenheit!“

Ich mag sowohl Paradeiser als auch Tomaten, bin aber mit Tomaten groß geworden. Die Paradeiser lernte ich viel später kennen. Für mich bildet ganz klar Oberösterreich die Grenze zwischen Paradeiser und Tomaten. Für alle jene, die auf dem Standpunkt beharren, es hat in Österreich seit Generationen schon Paradeiser geheißen, entgegne ich: „Den köstlichen Paradiesapfel gibt es noch nicht so lange in Österreich auf dem Speiseplan.“

Zwar wurden Tomaten bereits durch Hochkulturen wie die Mayas kultiviert und gelangten durch Christoph Kolumbus nach Europa. In Österreich spielte die Tomate erst Anfang des 20. Jahrhunderts eine kulinarische Rolle. Fragen sie gerne ihre Großeltern und schauen sie in Rezeptbüchern nach. Sagte man damals Paradeiser mit Mozzarella oder Tomaten mit Mozzarella?