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Lautstarker Warnstreik bei MAN Steyr: "So kann man mit uns nicht umgehen"

Von Martin Roithner   16.Oktober 2020

Mehrere hundert Meter lang und ohrenbetäubend laut war sie: jene Menschenschlange, die sich gegen Mittag zu den Klängen von Ostbahn-Kurti, Seiler und Speer sowie Queen ihren Weg von Tor 1 des MAN-Werks bergab in die Steyrer Innenstadt bahnte. "Weust a Mensch bist", hallte es aus den Lautsprechern, als die rund 3500 Teilnehmer losmarschierten.

Die Mitarbeiter des Lkw-Herstellers legten gestern, Donnerstag, ihre Arbeit für einige Stunden nieder und protestierten gegen das drohende Aus für das Werk. Rund eineinhalb Stunden herrschte auf dem Steyrer Stadtplatz Ausnahmezustand.

"Es ist eine Frechheit, dass der Vorstand in Deutschland seine Versprechen nicht eingelöst hat", sagte Angestelltenbetriebsrat Thomas Kutsam zu den Plänen der Konzernmutter Volkswagen. Wie berichtet, setzt der Autobauer bei der Lkw-Tochter aus Kostengründen massiv den Sparstift an. 9500 Mitarbeitern in Deutschland und Österreich droht der Jobverlust, davon rund 2500 in Steyr.

Warnstreik der MAN Belegschaft in Steyr

Kämpferisch gibt sich die Belegschaft von MAN. Mit breiter Unterstützung kämpft sie bei einem Warnstreik am Donnerstag gegen die Schließung des Werks in Steyr.

Scharfe Töne, emotionale Worte

Diese hatten sich für den Protestmarsch gerüstet: Sie schwenkten Fahnen, bliesen in Tröten und Trillerpfeifen und hielten Plakate in die Luft. "Das hat Steyr nicht verdient" war ebenso zu lesen wie "Nach 100 Jahren ist nicht Schluss". Hunderte Schaulustige zückten ihre Handys und sprachen den Protestierenden Mut zu.

Auch die Politik ließ es sich nicht nehmen, vor versammelter Belegschaft aufzutreten und scharfe Töne in Richtung der Konzernleitung anzuschlagen. "Es kann nicht sein, dass Konzerne Förderungen und Staatshilfen einkassieren und dann ihre Mitarbeiter auf die Straße setzen und in Billiglohnländer abwandern", sagte SP-Bundeschefin Pamela Rendi-Wagner. Vereinzelte Buh-Rufe, aber auch Zustimmung gab es für Oberösterreichs Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (VP), der den Beschäftigten sagte: "Wir versuchen alles, um jeden Arbeitsplatz zu retten." In Oberösterreich werde zwischen Landesregierung und Sozialpartnern der Schulterschluss gelebt. Mit den VW-Vorständen und -Eigentümern sei man in Gesprächen.

Eine emotionale Rede schwang Erich Schwarz, Betriebsratschef des Steyrer Werks. "Die Vorstände haben uns das alles eingebrockt, und wir sollen jetzt die Suppe auslöffeln? So kann man mit uns nicht umgehen!" Erneut betonte Schwarz, das Werk in Steyr wirtschafte profitabel. Noch im Dezember des Vorjahres sei ihm ein Vertrag zur "Zukunftsfähigkeit von MAN Truck & Bus Österreich" vorgelegt worden. "Eigentlich sollte er zehn Jahre gelten, aber jetzt läuft er nicht einmal zehn Monate", kritisierte Schwarz und erntete tosenden Applaus.

"Und zack, dann ist die Bude zu"

Entschlossen zeigte sich auch Pro-Ge-Gewerkschafter Rainer Wimmer. "Wir wollen in Steyr keine Gummiringerl, Feuerzeuge oder Schüsseln produzieren, sondern auch in Zukunft Lkw." Dem Hallstätter stößt vor allem die vorzeitige Aufkündigung des Standortvertrags sauer auf. "Zuerst gibt es eine Garantie, und zack, dann ist die Bude auf einmal zu."

Geht es nach dem MAN-Eigentümer VW, sollen in Steyr bis spätestens Ende 2023 die Pforten schließen. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (VP) hatte zu Beginn dieses Monats mitgeteilt, an einem Österreich-Konsortium für den Standort zu arbeiten.

Für die Beschäftigten war das gestern nur ein schwacher Trost. "Sperren sie uns zu, sind tausende Existenzen bedroht", konstatierte ein Mitarbeiter kopfschüttelnd. Nachsatz: "Wo bleibt die Moral?"

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25. April 2024