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"Kleinere Betriebe können sich die Sozialversicherung nicht mehr leisten"

Von Josef Lehner   22.Juni 2019

Der 60-jährige Innviertler Landwirt Franz Reisecker zieht nach siebeneinhalb Jahren als Präsident der Landwirtschaftskammer Oberösterreich Bilanz.

OÖN: In Ihrer Amtszeit waren mehrere Agrarreformen zu bewältigen, Krisen auf dem Milch- und Schweinemarkt, Hochwasserkatastrophen usw. Das haben Sie in Ihrer Bilanz ausgeführt. Was ist nicht gelungen?

Reisecker: Die Lebensmittelkennzeichnung. Weder bei Großküchen und Gastronomie noch bei verarbeiteten Produkten ist die Herkunft der Rohstoffe zu deklarieren. Da haben wir riesigen Nachholbedarf. Ein zweiter Punkt ist der Bodenverbrauch. Da gibt es zwar Verbesserungen, das Land will sich künftig beschränken. Aber das ist ein wichtiger Bereich, den ich nicht erreicht habe.

Franz Reisecker ist immer für eine Landwirtschaft mit leistungsfähigen, großen Betrieben gestanden...

Leistungsfähig ja, aber groß habe ich nie gesagt. Leistungsfähig, um ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Das hängt ja nicht von der Größe ab. Wir haben viele kleinere Betriebe, die gut ausgerichtet sind und daher mehr Geld verdienen als viele Großbetriebe.

Der nächste große Knackpunkt werden die Fördergelder in der nächsten EU-Finanzperiode von 2021 bis 2027. Über die wird demnächst entschieden, und vieles deutet darauf hin, dass es deutlich weniger Geld für die Bauern geben wird.

Ich bin noch Vizepräsident der europäischen Bauernvereinigung Copa und habe vergangene Woche Finanzkommissar Oettinger in Brüssel getroffen. Er hat mir Zuversicht gegeben, dass es in der zweiten Finanzierungssäule mit den für Österreich so wichtigen Umweltförderungen keine massiven Kürzungen geben wird. Dafür werde ich kämpfen. Die von der EU geplanten minus 15 Prozent – das geht nicht. Bundeskanzler Kurz hat zwar zugesagt, Kürzungen auszugleichen. Aber wir haben derzeit keinen Bundeskanzler Kurz. So schnell kann das gehen.

Basis ist in Säule 1 die Flächenprämie je Hektar. Wie soll das die kleinen Betriebe in Berglagen schützen, wenn die Intensivbetriebe in Gunstlagen diese Förderung bekommen?

Deshalb ist die Position der österreichischen Agrarpolitik, dass es EU-weit eine Degression geben muss, also dass die Prämie ab einer bestimmten Größe sinkt. Es kann nicht ein Betrieb mit 500 Hektar dieselbe Flächenförderung bekommen wie ein kleiner Bergbauer. Ich werde mich für mehr Wettbewerbsgleichheit einsetzen.

Viele Bauern in Österreich klagen über hohe Sozialversicherungsbeiträge, vor allem seit der Neufeststellung der Einheitswerte für Agrarflächen.

Leider ist die von der Bundesregierung ausgehandelte Steuerreform nicht mehr beschlossen worden. Sie hätte da einige Verbesserungen gebracht. Hoffentlich erledigt das die nächste Bundesregierung rasch. Kleinere Betriebe können sich die Sozialversicherung nicht mehr leisten. Es muss möglich sein, die Versicherungsbeiträge an die tatsächlichen, niedrigen Einkommen anzupassen. Das wäre für viele bäuerliche Betriebe eine wesentliche Entlastung. Die Fusion der Versicherungen sehe ich positiv.

Sie sind wie erwähnt noch Vizepräsident der Copa und außerdem noch oberster Aufseher im Raiffeisensektor, also Genossenschaftsanwalt. Wann werden sie diese Ämter abgeben?

Die Copa-Funktion wäre 2019 ausgelaufen. Jetzt wurde beschlossen, dass der eingearbeitete Vorstand weitermacht, weil ein neues Parlament und eine neue Komission da sind und die heikle Verhandlungsphase bei den Förderungen ansteht. Bei Raiffeisen bleibe ich diese Funktionsperiode bis 2021.

War es richtig, so viele Ämter zu bündeln?

Das ist natürlich eine Belastung, hat aber Vorteile. Man ist gut vernetzt. Es war ja nicht so geplant. Ich bin da hineingewachsen.

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25. April 2024