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Ein großer voest-Chef? Was von Wolfgang Eder bleibt

Von Dietmar Mascher, 03. Juli 2019, 00:04 Uhr
Ein großer voest-Chef? Was von Wolfgang Eder bleibt
2019: Letzte Bilanz-Pressekonferenz als Chef der voestalpine Bild: Reuters

Generationswechsel: Heute übergibt Eder an Herbert Eibensteiner. Eine Bilanz zwischen Minerva, Böhler, Edelweiß, Börse und Texas.

Den schönsten Tag seiner Karriere nennt Wolfgang Eder, ohne lange nachdenken zu müssen. Es war jener Tag im Jahr 2005, an dem die voestalpine vollständig privatisiert war. Damit konnte der Vorstandschef den Linzer Konzern von nun an abseits von politischen Zurufen und parteipolitischem Ränkespiel führen. Kurz davor hatte die voestalpine noch den Landtagswahlkampf 2003 dominiert, war Spielball der Politik und im Visier einer Übernahme durch den Magna-Konzern (Codename des Projekts: "Minerva") gewesen.

Heute, Mittwoch, übergibt Wolfgang Eder den Vorstandsvorsitz an seinen Nachfolger Herbert Eibensteiner. Nach mehr als 15 Jahren als Vorstandschef, nach 41 Jahren im Konzern. Es ist das Ende einer turbulenten Karriere. Oder vielleicht doch nicht?

Eder war zweifellos neben Walter Hitzinger, Heribert Apfalter und Peter Strahammer einer der großen Chefs des Stahlkonzerns. Er hat die voestalpine strategisch und mit ruhiger Hand globalisiert.

Der Jurist, der vom Attersee stammt und ein begeisterter Segler ist, hat in seinem Berufsleben einiges erlebt. Etwa die Verstaatlichtenkrise. Damals haben Politik und Gewerkschaft geglaubt, sie müssten über die VÖEST-Alpine Industrie- und Beschäftigungspolitik machen. Betriebsrat und Kanzler Bruno Kreisky waren schlicht stärker als der Vorstand. Als der Konzern am Abgrund stand und praktisch bankrott war und der gesamte Vorstand zurücktreten musste, war Eder als Leiter des Vorstandsbüros hautnah dabei.

Der spätere Generaldirektor Peter Strahammer, der die VÖEST 1995 an die Börse brachte, war Eders Mentor, holte ihn in den Vorstand. Er soll ihn auch vom Vorhaben abgebracht haben, sich um ein SP-Parteibuch zu bemühen, um sich später alle Optionen auch in einem anderen Umfeld offenzuhalten. Was Eder in der Linzer SPÖ wiederum nachgetragen wurde.

Nach Strahammers tödlichem Bergunfall wurde nicht Eder sein Nachfolger, sondern der Steirer Franz Struzl. Dass dieser 2003 über eine Aktienaffäre stolperte (Struzl hatte Aktien der VAE gekauft, ehe diese von der voestalpine übernommen wurde), war Eders Glück. Wer weiß, ob er sonst jemals Generaldirektor geworden wäre. Die Infos gegen Struzl kamen aus Linz. Dass Eder bei Struzls Demontage seine Finger im Spiel hatte, hielt sich lang im Konzern als hartnäckiges Gerücht. Eder selbst sagte dagegen, er habe davon nichts gewusst.

29.000 Mitarbeiter mehr

Als Eder die Führung der voestalpine offiziell am 1. April 2004 übernahm, setzte der Konzern 4,65 Milliarden Euro um, wies ein Betriebsergebnis von 248,3 Millionen Euro aus und beschäftigte insgesamt gut 23.000 Mitarbeiter.

Heute übergibt er einen Konzern mit fast 52.000 Beschäftigten weltweit, der Umsatz lag im abgelaufenen Geschäftsjahr bei 13,56 Milliarden, das Betriebsergebnis bei 779 Millionen Euro.

Die voestalpine war allerdings auch schon einmal erfolgreicher und mehr wert. Als Eder übernahm, notierte die Aktie bei etwa zehn Euro, heute liegt sie bei gut 27. Der Konzern war aber auch schon einmal doppelt so viel wert.

So wie der Kurs entwickelte sich der Konzern zwar grundsätzlich nach oben, hatte aber auch mit einigen Problemen zu kämpfen.

Großer Deal Böhler

Unter Eder gelang es, aus einem Stahlkocher einen Anbieter von Stahlspezialitäten zu machen. Das macht bei Konjunkturschwankungen stabiler und weniger abhängig von einem Weltmarkt, der mit Durchschnittsware überschwemmt wird. Beim Thema Innovation waren die Linzer stets vorne dabei, etwa beim hochfesten phs-Stahl oder derzeit beim Wasserstoff-Projekt, das helfen soll, die Stahlproduktion umweltfreundlicher zu gestalten.

Der Betriebsrat, der einst über das Schicksal von VÖEST-Chefs bestimmt hatte, wurde von Eder ins Boot geholt. Die Belegschaft ist heute nach der Raiffeisen-Gruppe der wichtigste Aktionär.

Der größte Deal, den Eder über die Bühne brachte, war der etwa drei Milliarden Euro teure Kauf der Edelstahlfirma Böhler-Uddeholm im Jahr 2007.

Das Projekt "Edelweiß", das den Bau eines weiteren Stahlwerks an der Schwarzmeer-Küste in ähnlicher Größenordnung wie jenes in Linz zum Inhalt hatte, wurde dagegen kurzfristig wegen mangelnder Erfolgsaussichten wieder gestoppt. Dies war ein Verdienst von Finanzvorstand Robert Ottel, der rechtzeitig die Notbremse zog.

Gebaut wurde dagegen ein prestigeträchtiges Werk in Texas. Die Direktreduktionsanlage in Corpus Christi, die Rohstoffe für das Linzer Werk liefern sollte, wurde deutlich teurer als geplant. Statt 550 Millionen Euro wurden schließlich mehr als 900 Millionen Euro bezahlt. Konzerninsider sagen, das wäre nicht passiert, hätte Eder auf die Experten und nicht auf einen engen Kreis an Vertrauten gehört. Sie sagen auch, dass sein Nachfolger Herbert Eibensteiner als Chef der Stahl Linz, die die Cashcow im Konzern blieb, einen Teil der Anlaufverluste stemmen musste. Dass Eder in seiner letzten Bilanz die Risikovorsorgen sehr hoch angesetzt hat, erleichtert Eibensteiner den Start, das sehen manche als Ausgleich für das US-Abenteuer.

 

Die Berichte über die Kostenüberschreitung wertete Eder als Majestätsbeleidigung. Obwohl er selbst gegenüber der Politik kräftig austeilte und zum Teil völlig zu Recht Fehler in der Industrie- und Wirtschaftspolitik anprangert, war er bei Kritik an der eigenen Person misstrauisch und dünnhäutig. Dies kommt freilich öfter vor, wenn Machthaber sehr lang eine Führungsposition innehaben. Die OÖNachrichten wurden als Reaktion auf die kritische Berichterstattung von Eder von Einladungslisten gestrichen und von Hintergrundgesprächen ausgeladen. Das ist bemerkenswert, als sich Eder jüngst in der FAZ angesichts der politischen Ereignisse (Ibiza) um die Unabhängigkeit des österreichischen Journalismus sorgte, beim eigenen Konzern aber diese Souveränität im Umgang mit unabhängigem Journalismus vermissen ließ.

Der 67-jährige Eder geht nach seiner Karriere als Manager bei der voestalpine freilich noch lange nicht in Pension. Noch im Sommer wird er im Aufsichtsrat der deutschen Infineon zum neuen Vorsitzenden gewählt.

Aufsichtsrat, IV-Präsident?

Er wird allerdings heute auch in den Aufsichtsrat der voestalpine einziehen. Er betont zwar stets, dass er sich nicht darum bemüht habe, sondern das nur mache, weil er gebeten wurde. Allerdings war die Stimmung auch beim größten Aktionär Raiffeisen nicht so, dass man Eder angefleht hätte, dieses Amt zu übernehmen. Der jetzige Aufsichtsratschef Joachim Lemppenau ist ein Vertrauter Eders.

Der Einzug Eders in das Kontrollgremium und die Absicht, in zwei Jahren den Vorsitz zu übernehmen, sind schlichtweg provinziell. Denn Eder befindet hier über strategische Entscheidungen, die er selbst getroffen hat und die angesichts der schärferen konjunkturellen Lage zu hinterfragen wären. Man darf gespannt sein, was die Aktionäre heute bei der Hauptversammlung dazu sagen.

Möglicherweise wartet eine weitere Aufgabe auf ihn. 2020 steht die Wahl zum Präsidenten der Industriellen Österreichs an. Eder dementiert nicht, Ambitionen zu haben. Freilich will er gefragt werden und nicht in eine Kampfabstimmung gehen. Die Unterstützung der oberösterreichischen Gruppe hätte er wohl. Allerdings hätte er dann wieder mit etwas zu tun, was er vor 14 Jahren erfolgreich loswurde: mit der Politik.

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Autor
Dietmar Mascher
Stellvertretender Chefredakteur, Leiter Wirtschaftsredaktion
Dietmar Mascher

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16  Kommentare
16  Kommentare
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old64 (23 Kommentare)
am 03.07.2019 21:12

Wenn hier jemand abrechnet dann Herr Mascher. Ein Redakteur der selbst in einem Artikel Millionen und Milliarden verwechselt und es nicht der Mühe wert findet darauf zu antworten oder zu korrigieren sollte nicht jemandem anderem Dünnhäutigkeit vorwerfen. Als langjähriger Geschäftspartner der VAS Linz kann ich nur meine Erfahrungen einbringen. Unter Strahammer wurde eine einzigartige Unternehmenskultur eingeführt und unter Eder wurde diese fortgeführt und die Belegschaft noch mehr eingebunden. Dass der Aktienkurs mit der Konjunktur und Investitionen schwankt ist normal. Was für den kleinen Anleger zählt ist nach wie vor die langfristige Rendite. Wer beim Börsegang den Unsinn der Banker nicht glaubte und einstieg verdient sich bis heute eine goldene Nase. Ich wünsche dem Team Eibensteiner und Hubert Zajicek alles Gute!

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( Kommentare)
am 03.07.2019 14:44

Ein großer VÖEST- Chef ?

Auf eine ähnlich schwierige Frage
sagte GD Eder am Beginn seiner Amtszeit:

"Da muß ich zuerst meine Frau fragen."

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naturefriend (17 Kommentare)
am 03.07.2019 13:08

JEDE Investition, ob Feuerverzinkungen oder Bandbeschichtung wurde erst nach Marktrecherche freigegeben. Zudem erst nach einer Einschätzung von ROCE ab einem gewissen Level.

Edelweiss würde nicht von Ottel gestoppt, sondern vom gesamten Vorstand, weil zu dieser Zeit die geplanten Ausgaben, und er ROCE, nicht passten.

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foxxx (726 Kommentare)
am 03.07.2019 13:01

wenn ich mich recht erinnere hat die Böhler damals € 3,7 Mrd. gekostet. der aktuelle Börsenwert der gesamten AG ist ca. 1 Mrd. höher. Ein Schelm der denkt, dass der Preis für Böhler viel zu hoch war damals, viel zu hoch....
Weiters erlaube ich mir eine These die ich nicht beweisen kann weil sie nicht beweisbar ist: Hätte die Voestalpine das Stahlwerk am Schwarzen Meer tatsächlich realisiert wäre sie heute möglicherweise tod.

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naturefriend (17 Kommentare)
am 03.07.2019 13:15

Es war ja nicht nur ein Stahlwerk, was immer sie damit auch meinen, es war ein komplettes Hüttenwerk (Hochofen, Stahlwerk, Warm- und Kaltwalzwerk, Verzinkungs- und Endfertigungsanlagen) geplant.

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Proking (2.653 Kommentare)
am 03.07.2019 13:19

Egal wie man die Sache dreht, Schuld trägt der Nazi Hermann Göring.

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haspe1 (23.645 Kommentare)
am 03.07.2019 10:52

Also ich finde diese Bilanz von R. Mascher ist sehr gelungen. Keine pure Lobhudelei und positive und negative Leistungen wurden dargestellt und bewertet.

Dass R. Mascher die "Dünnhäutigkeit" von voest-GD Eder in Bezug auf kritische Medien-Berichterstattung extra herausstreicht, ist verständlich, es betrifft ja das eigene Metier der O.Ö. Nachrichten. Ich teile übrigens völlig Maschers Ansicht, dass vor allem sehr lange dienende Chefs Gefahr laufen, eine kritische externe Sicht als "Majestätsbeleidigung" anzusehen, dass ist in Unternehmen so und auch z.B. in der Politik, wir haben in Ö. und O.Ö. genügend Beispiele gesehen.

Gerade deshalb ist es aber wichtig, wenn externe Beobachter ihre Sicht der Dinge (in den Medien) veröffentlichen, denn die Langzeit-Herrscher neigen ja dazu, sich mit Gefolgsleuten und Ja-Sagern zu umgeben, welche kein kritisches Hinterfragen des "Allmächtigen" betreiben.

Das Projekt "Edelweiß" hatte von Anfang an einen Anfang von Größenwahn, damals wurde davon

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haspe1 (23.645 Kommentare)
am 03.07.2019 10:56

phantasiert, die voest müsse jedes Jahr 10-15% im Umsatz wachsen (wer eine Exponentialfunktion versteht, kann sich ausrechnen, in wie vielen Jahren das eine Verdoppelung, Vervierfachung, Verachtfachung.... zur Folge hätte). Gut, dass dieses Hochrisiko-Spiel mit der Option zum Total-Schaden nicht weiter gespielt wurde, wie genau man den Grund für das Beenden des Projektes bezeichnet, ist nicht ganz so essentiell.

Dass Eder mit diesem Alter in den nächsten Jahren noch IV-Chef werden sollte/möchte, halte ich für keine gute Idee, es sollten da wohl deutlich jüngere ans Ruder, dass er den Aufsichtsrats-Vorsitz übernimmt, halte ich auch für keine sehr gelungene Idee, ganz prinzipiell soll kein Vorstands-Mitglied AR-Vorsitzender werden...

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haspe1 (23.645 Kommentare)
am 03.07.2019 10:59

einen ANFLUG von Größenwahn wollte ich schreiben

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haspe1 (23.645 Kommentare)
am 03.07.2019 10:58

"...daS ist in Unternehmen..."

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naturefriend (17 Kommentare)
am 03.07.2019 09:56

Wie Hr. Mascher zu der Meinung kommt, dass Edelweiss wegen "mangelnden Erfolgsaussichten" gestoppt wurde, bleibt mir als Mitglied des damaligen Projektteams ein Rätsel. Wahrscheinlich wurden wir alle damals belogen, weil ein aussenstehender Journalist weiß es ja besser.

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Bellou (2.120 Kommentare)
am 03.07.2019 10:27

Wir waren damals als externe Wissenschaftler im Projekt "Edelweiß" dabei. Aus unserer Sicht trifft es der Begriff "mangelnde Erfolgsaussichten" ziemlich gut - v.a. bzgl. des vor Ort zur Verfügung stehenden staff.

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naturefriend (17 Kommentare)
am 03.07.2019 12:56

Viel hast Du aber nicht mitbekommen, gerade der Personalentwicklung wurde viel Denkarbeit gewidmet.

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schwejk (504 Kommentare)
am 03.07.2019 09:47

Endlich mal wieder ein solide recherchierte Artikel mit Für und Wider. Wären alle Artikel so,müsste man sich um den Journalismus nicht sorgen.
Bravo.

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naturefriend (17 Kommentare)
am 03.07.2019 10:02

Dieser Artikel wurde überhaupt nicht solide recherchiert, er gleicht eher einer "Abrechnung".
Man kann Hrn. Eder so und so betrachten, aber Fakten sollte man richtig berichten (siehe Edelweiss).

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naturefriend (17 Kommentare)
am 03.07.2019 12:51

Dieser Artikel wurde überhaupt nicht solide recherchiert, er gleicht eher einer "Abrechnung".
Man kann Hrn. Eder so und so betrachten, aber Fakten sollte man richtig berichten (siehe Edelweiss).

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