Stefan Pierer: "Unternehmerisches Risiko hat keine Tradition"
WELS. Der Industrielle Stefan Pierer sprach mit den OÖNachrichten über die Kultur des Scheiterns in Österreich und das Unternehmertum als Gen.
Vor wenigen Wochen hat der Unternehmer Stefan Pierer seinen 60. Geburtstag gefeiert. Ans Aufhören denkt der Industrielle, der aus dem Konkursfall KTM einen Paradebetrieb gemacht hat, nicht. Für ihn ist das Unternehmertum ein Gen, das man bis zu seinem Lebensende besitzt.
KTM, Eternit, der Skischuhhersteller Koflach – Sie haben ein Faible für die schwierigen Fälle. Was macht den Reiz aus?
Ich habe kein Faible für schlechte Firmen, sondern für gute österreichische Marken, die weltweit erfolgreich sind. Manche werden leider nicht so geführt, wie es ginge. Es gibt aber nichts Schöneres, als österreichische Firmen international erfolgreich zu machen. Wir leiden oft an dem Trauma, dass das Erreichen der Durchschnittlichkeit Spitzenklasse ist.
KTM war die größte Pleite des Jahres 1991. Heute macht sie mehr als eine Milliarde Euro Umsatz. Ab wann war absehbar, dass es funktioniert?
Bereits nach drei Jahren, als wir unseren ersten Börsengang geplant haben. Da war klar, dass wir aus der Nische heraus wachsen können.
Was war der Durchbruch?
Wir haben uns darauf fokussiert, wofür KTM steht. Das waren Geländesport-Motorräder, insbesondere Enduro Motocross. Wir haben die Qualitätsprobleme beseitigt und als Erste Design zum Motorrad gebracht. Ab dem ersten Jahr haben wir Gewinne gemacht. Der Durchbruch war der Einstieg in die Dakar-Rallye, auch wenn die ersten Jahre mühsam waren. Dadurch war es möglich, außerhalb der Off-Road-Community die Marke weltweit bekannt zu machen. Nach dem Börsengang haben wir dann entschieden, Straßenmotorräder zu entwickeln und zu produzieren. Der Turbo, den wir derzeit haben, kommt auch aus unserer Zweitmarke Husqvarna, wo wir heuer schon drei Mal so viel machen wie das Unternehmen früher in seinen besten Zeiten.
Welche Bedeutung hatte der Einstieg des indischen Partners?
Mit Bajaj konnten wir mit konkurrenzfähigen Einstiegsmodellen unsere Stückzahlen in den Wachstumsmärkten rasch erhöhen und so Deckungsbeiträge erwirtschaften, um die Entwicklungen und Innovationen am Standort Oberösterreich voranzutreiben. Das hat uns gerade nach der Wirtschaftskrise sehr geholfen.
Damals stand KTM an der Kippe und wurde nur dank Landeshaftung gesichert. Haben wir in Österreich eine Kultur des Scheiterns?
Unternehmertum ist trial and error, Versuch und Irrtum. Nur so können Sie sich zur Spitzenklasse entwickeln. Unternehmerisches Risiko zu nehmen, etwas zu versuchen und möglicherweise daran zu scheitern, hat in Österreich keine Tradition. Fragen Sie heute Studienabgänger: Da sagen noch immer zwei Drittel, sie wollen in den geschützten Bereich.
Im digitalen Bereich entwickelt sich aber eine Start-up-Szene.
Das sehe ich auch. In der digitalen Welt kommt eine ganz junge Generation nach, die die Selbstständigkeit wählt. Da muss man als Beispiel vorangehen und Leute motivieren, sich das anzutun. Das ist mir ein großes Anliegen.
Sie sind vor wenigen Wochen 60 Jahre alt geworden. Ist Ihr Akquisitionshunger langsam gestillt?
Das Unternehmertum ist ein Gen, das Sie haben – und zwar bis zum Lebensende. Mit den Erfahrungen, die man über die Jahre sammelt, geht man aber weniger leere Kilometer. Wir haben eine gut aufgestellte Fahrzeug-Gruppe. Um diese Gruppe herum sind wir offen für Neues. Komplett Neues, wo die Lernkurve wieder bei null losgeht, würde ich nicht mehr machen.
Zur Person: Nach dem Studium an der Montan-Universität Leoben verschlug es den gebürtigen Steirer Stefan Pierer (60) nach Oberösterreich. Er heuerte beim Heizkesselhersteller Hoval in Marchtrenk an. Dort lernte er seinen langjährigen Geschäftspartner Rudolf Knünz kennen, mit dem er sich selbstständig machte.
Anfang der 90er-Jahre übernahm das Duo die in die Pleite geschlitterte Motorradfirma KTM. Später folgten Firmen wie Eternit, Pankl Racing, Brain Force.
Pierers Motto "trial and error" (Versuch und Irrtum) begleitet ihn: Bei Rosenbauer und der ehemaligen VA Tech Hydro glückte der Einstieg nicht. Bei Gericom zog er sich rasch wieder zurück und auch bei der Linzer Immobilienfirma Athos biss er kürzlich auf Granit.
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Eine der Ursachen der mäßigen Wirtschaftsdaten ist, dass die
damalige Bundesregierung und die damaligen Sozialpartner
die EU-Verträge schlecht verhandelt haben.
Andere EU-Staaten haben bei den Verhandlungen viel mehr herausgeholt.
Die Möglichkeiten der Makroökonomie und der Geldpolitik wurden kaum genutzt.
Schweden hat es ebenfalls besser gemacht.
Die negativen Auswirkungen zeigen sich jetzt in den Wirtschaftsdaten.
Das wirtschaftliche Prinzip in der EU ist, dass Gewinne privatisiert werden
und Verluste möglichst der Allgemeinheit umgehängt werden.
Dieses Prinzip schreckt doch viele ab.
Die von verschiedenen Gruppen immer wieder geforderte Arbeitszeitflexibilisierung
(12 Stunden Arbeitstag) wirkt auch nicht gerade motivierend.
"Versuch und Irrtum. Nur so können Sie sich zur Spitzenklasse entwickeln. Unternehmerisches Risiko zu nehmen, etwas zu versuchen und möglicherweise daran zu scheitern, hat in Österreich keine Tradition."
Ja, das funktioniert, wenn man bereit (oder skrupellos genug) ist, die Mitmenschen oder den Steuerzahler für ein ev. Scheitern zahlen zu lassen:
wenn das Risiko aufgeht, ist man ein Star und der Gewinn ist privat, wenn´s daneben geht dann meldet man Konkurs an (schuldenfrei durch Konkurs = gesetzlich gedeckter Betrug!)
Ich hatte einmal KTM-Aktien: zuerst holt man sich das Geld von den Banken und auch Kleinaktionären, dann wird der Kurs nach unten gedrückt es folgt ein "squeeze out", die kleinen bleiben auf ihren Verlusten sitzen und die Firma wird von der Börse genommen -> der Gewinn gehört dann den Mehrheitsaktionären!
Die Vorgänge waren bei Kretz-Technik , Gericom od. Adcon(Hochegger war da drinnen), Yline od. Androsch´s Platinenfirma nicht viel anders.
Richtig. Squeeze out bei einer früheren KTM-Firma zu EUR 23 und noch was. Dann Spielchen mit einem anderen KTM-Vehikel bis über EUR 130 !! Danach Delisting und kein Kurs. Aktionäre haben vermutlich Schrott-Namensaktien. Eine Zick-Zack-Fahrt sondergleichen und wünsche Pierer und Zuliefern, dass alles gut geht. Glück auf!