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Interview: Marterbauer fordert Hausverstand von der EU

Von Alexander Zens, 28. September 2011, 00:04 Uhr
Markus Marterbauer
Markus Marterbauer Bild: OON

LINZ. Der Ökonom Markus Marterbauer warnt im OÖNachrichten-Interview vor einem Schuldenschnitt für Griechenland, fordert Vermögenssteuern und bekennt sich zur Sozialdemokratie.

OÖN: Viele Ökonomen und Banker sagen, ein Schuldenschnitt für Griechenland ist unausweichlich. Sind Sie auch für Tabula Rasa?

Marterbauer: Nein. Ich verstehe die jetzige Aufregung nicht. Griechenland finanziert sich nicht über den Kapitalmarkt, sondern über EU-Hilfsprogramme. Die Finanzierung ist bis 2013 gesichert. Ein Schnitt jetzt wäre gefährlich.

OÖN: Wie soll es das Land jemals schaffen, aus dem Schuldensumpf herauszukommen?

Marterbauer: Auf jeden Fall nicht, indem man die Hälfte der Schulden erlässt. Dann würden die griechischen Banken bankrott gehen. Das Zahlungssystem wäre gefährdet. Die EU müsste wieder eingreifen. Es gäbe schwere Belastungen für Europas Banken. An den Finanzmärkten wäre ein Schuldenerlass für Irland, Portugal, Spanien und Italien Thema. Das würde die Krise verschärfen. Griechenland braucht eine mittelfristige Perspektive, nicht jedes halbes Jahr ein Sparpaket. Die EU muss draufkommen, dass man sich aus der Krise nicht heraussparen kann, sondern herauswachsen muss – mit Investitionen in Ausbildung, Strukturen, Wettbewerbsfähigkeit.

OÖN: Sie sagen, man soll sich nicht in den Abgrund sparen. In den Abgrund verschulden ist aber auch nicht gut.

Marterbauer: In einer Rezession darf man die Staatsausgaben nicht um zehn Prozent kürzen. So wird die Abwärtsspirale verschärft. Wenn sich Griechenland stabilisiert hat, kann es zu sparen beginnen. Das ist Hausverstands-Ökonomie.

OÖN: Länder wie Österreich machen aber auch in guten Konjunkturjahren hohe Defizite.

Marterbauer: Die jetzigen Defizite und Schulden sind Ergebnis der Finanzkrise, die von Banken und Finanzmärkten ausgelöst wurde. Vorher hatten wir eine tragfähige Budgetsituation. 2010 und 2011 gibt es eine gute Konsolidierung auf drei Prozent Defizit. Sollte die Arbeitslosigkeit steigen, darf man aber keinen Sparkurs einschlagen.

OÖN: Aber auch ein Staat wie Österreich hat strukturelle Defizite.

Marterbauer: Natürlich herrscht Reformbedarf auf der Ausgabenseite – effizienter hin zu Beschäftigung, Verteilung, Nachfrage. Aber auf der Einnahmenseite ist der Faktor Arbeit zu hoch, Vermögen wenig belastet.

OÖN: Sind Sie für Vermögens- oder für Reichensteuern?

Marterbauer: Ich bin ein Verfechter von Vermögenssteuern auf Bestände. Wenn man die Reichen zur Finanzierung des Sozialstaats heranziehen will, geht das über Vermögenssteuern – mit hohen Freibeträgen. Ich bin für die Grundsteuer und Erbschaftssteuer. Damit soll der Umbau des Sozialstaats finanziert werden – Kindergärten, Pflege, Bildung. Reich sind jene, die so viel Vermögen haben, dass sie nicht arbeiten müssten.

OÖN: Sie sind vom Wifo in die Arbeiterkammer gewechselt. Haben Sie als SPÖ-naher Ökonom Ihre ideologische Heimat gefunden?

Marterbauer: Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht. Ich bin in den 1970er-Jahren aufgewachsen, komme aus kleinen Verhältnissen. Ich weiß, was die Sozialdemokratie für mich und meinesgleichen gemacht hat: Öffnung des Bildungssystems, Ausbau des Sozialstaats, Vollbeschäftigungspolitik. Manches sehe ich kritisch, das spreche ich an. Ich bin aber stolz, als Person Sozialdemokrat zu sein.

OÖN: Wie unabhängig sollten Ökonomen sein?

Marterbauer: So unabhängig wie ich. Man sollte klar seine Werturteile zum Ausdruck bringen und alles ökonomisch und wissenschaftlich belegen.

 

Markus Marterbauer

Der 46-jährige Ökonom ist in Laakirchen aufgewachsen und arbeitete 17 Jahre beim Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). Seit 1. September ist Marterbauer Leiter der Abteilung Wirtschaftswissenschaft in der Arbeiterkammer.
Am gestrigen Dienstag stellte er bei den Linzer Gesprächen der Volkshochschule Linz, Arbeiterkammer Oberösterreich und OÖNachrichten sein Buch „Zahlen bitte! – Die Kosten der Krise tragen wir alle“ vor.

 

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8  Kommentare
8  Kommentare
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pepone (60.622 Kommentare)
am 28.09.2011 13:34

1)die schuldenkrise ist das resultat der finanzkrise ...
2) wennst nichts hast kann man nicht auch noch das bissl wegnehmen denn dann werden die menschen " ungemütlich " bzw.rabbiat...das ist auch nicht die lösung ...
3)die wirtschaftszeiten werden wieder besser und dann sollte man den " spartift " ansetzen ...

runforfun ,du hast recht ...nach dem motto :
spare in der zeit dann hast du in der not

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( Kommentare)
am 28.09.2011 12:58

Die jetzigen Defizite und Schulden sind Ergebnis der Finanzkrise, die von Banken und Finanzmärkten ausgelöst wurde.

Vorher hatten wir eine tragfähige Budgetsituation.

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runforfun (675 Kommentare)
am 28.09.2011 13:19

Sie dir die Entwicklung des Budgetdefizits an, nur als Grasser das ganze Familiensilber verscherbelte und in die Eurozone wollten, hatten wir ein halbwegs ausgeglichen Budget – wie gesagt, auf Kosten der Substanz!
Sich auf Finanzkrise und die bösen Banken auszureden ist sehr billig!
Unsere Schulden steigen seit Kreisky Zeiten!
Ob nun Rot oder Schwarz regierte, spielte keine Rolle!

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sting (7.357 Kommentare)
am 29.09.2011 17:15

Jahr Staatsschulden % BIP
2010 EUR 205.212.000.000 72,30%
2009 EUR 191.002.000.000 69,60%
2008 EUR 180.475.000.000 63,80%
2007 EUR 165.024.000.000 60,70%
2006 EUR 161.392.000.000 62,80%
2005 EUR 157.428.000.000 64,60%
2004 EUR 151.859.000.000 65,20%
2003 EUR 146.859.000.000 65,80%
2002 EUR 146.019.000.000 66,70%
2001 EUR 143.113.000.000 67,30%
2000 EUR 137.994.000.000 66,50%
1995 EUR 119.207.000.000 68,30%
1990 EUR 76.518.000.000 56,20%
1980 EUR 27.002.000.000 35,30%
1970 EUR 3.421.000.000 ca. 15%

Quelle: http://www.staatsschulden.at/

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runforfun (675 Kommentare)
am 28.09.2011 12:28

Wann soll ein Staat nun sparen?

In Zeiten mit Hochkonjunktur, sprich erhöhte Staatseinnahmen, sind unsere Politiker sofort mit Geschenken, die wir uns sehr häufig langfristig gar nicht leisten können, zur Stelle!

In Zeiten mit schlechter Konjunkturlage müssen wir Geld ausgeben, damit die Konjunktur wieder anspringt.

Wann wird also gespart? Immer Schulden zu machen, wird auf Dauer auch in Österreich nicht gut gehen, weil irgendwann wird uns der Zinsendienst erdrücken und der finanzielle Spielraum wird immer enger.

Es gehören langfristige Sparkonzepte auf den Tisch.

Und immer nur davon zu reden, den Reichen etwas zu nehmen und damit den Staatshaushalt zu sanieren, ist auch nur politischer Populismus.
Natürlich gehört auch von den Reichen ein Soliditätsbeitrag geleistet, aber ansetzten muss man ganz wo anders – Verwaltungsreform, Pensionssystem (Beamtenpensionen), …

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feuerkogel (6.578 Kommentare)
am 28.09.2011 10:02

...halbe wahrheit. die EUROS und viele auch von österreich, streifen 1:1 die banken ein. von den geld sieht und spürt die griechische bevölkerung nichts.
jahrzehnte lang haben banken dieses land ausgeblutet bis zu 18% zinsen kassiert, mit gefälschten bilanzen in die EU reingebracht.
auch von der 133 000 mann starken armee und die waffeneinkäufe in milliardenhöhe in den vergangenen jahren schreiben sie nichts.
laut internationalen ökologen ist ein hair-cut unumgänglich.
die griechischen banken aufzufangen ist billiger, als die nächsten 10 jahre nach ansicht von schäuble EUROS in ein fass ohne boden schmeissen.

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Bergonzi (4.578 Kommentare)
am 28.09.2011 08:14

soviele hohle Phrasen auf einmal habe ich selten gelesen, unabhängig, aber von was??

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eulenauge (19.448 Kommentare)
am 28.09.2011 09:39

Und fällt Ihnen kein einziges Argument ein?

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