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Bauern vernichteten mehrere 100.000 Liter Milch

Von Josef Lehner   02.April 2016

Es ist ein Tabu, Lebensmittel zu vernichten. Daher wird darüber nicht gesprochen – zumindest offiziell nicht. Am vergangenen Donnerstag ist es in Oberösterreich passiert: Vermutlich mehrere 100.000 Liter Milch wurden in die Jauchegruben der Bauernhöfe geschüttet.

Spätestens an diesem Tag haben viele der rund 2800 Milchbauern der Gmundner Molkereigenossenschaft erkannt: Wenn sie die letzte Monatsfuhre in den Tankwagen der Molkerei pumpen lassen, überliefern sie ihre durchschnittliche Monatsmenge das Jahres 2015 um fünf oder um zehn Prozent, und damit sinkt der Preis für den gesamten Monat von 27 auf 25 oder gar 23 Cent pro Liter. Dieses Modell der Mengenreduktion hat die Molkereiführung Ende Februar beschlossen, weil die Übermengen nur mit hohen Verlusten absetzbar waren.

"Ich verliere mehr als 2000 Euro, wenn ich am letzten Tag noch liefere. Ich muss die Milch wegschütten", sagte ein Innviertler Bauer den OÖN. Seine Kälber könnten nicht noch mehr Vollmilch saufen. "Ich habe noch verzweifelt herumtelefoniert und versucht, den Überschuss zu verschenken. Erfolglos. Eine Tragödie", sagt ein Hausruckviertler. Auf vielen Höfen sollen Tränen der Wut und Verzweiflung geflossen sein.

Freilich sind viele Bauern selbst schuld, weil sie ihre Milchproduktion in den vergangenen Jahren, mit Blick auf das Auslaufen der EU-Quoten am 31. März 2015, sukzessive gesteigert haben. Dazu seien sie aber auch von politischer Seite ermuntert worden, sagen viele. Zusätzlich war der Bauernmilchpreis 2014 mit rund 40 Cent noch hoch, sodass Motivation zur Mehrproduktion entstanden war. Wegen Absatzproblemen bei gleichzeitiger Mengensteigerung auf den internationalen Märkten ist der Preis auf unter 30 Cent abgestürzt.

Die IG Milch hat am Donnerstag noch in Wien mit einem Traktoraufmarsch protestiert und "bedarfsorientierte Mengengrenzen" gefordert. Das ist de facto ein Gmundner Modell, an dem aber alle Molkereien mitwirken müssten.

Kein Abweichen vom Modell

Die Gmundner Molkereigenossenschaft hat heute im Toscana-Kongress in Gmunden ihre Generalversammlung. "Der Frust ist groß", sagt ein Miteigentümer. Obmann Josef Fürtbauer sagte den OÖN bereits: Ein Abweichen vom Mengenmodell sei wirtschaftlich nicht verantwortbar. Eine weitere Diskussion wäre sprichwörtlich verschüttete Milch. Ziel des Unternehmens: Die jährliche Milchanlieferung von gut 300 Millionen Liter um zehn Prozent zu senken. Das kostet die Miteigentümer zwar zehn Millionen Euro Erlös, soll aber ihren Verarbeiter absichern. Wie viele Bauern das überstehen, wird sich zeigen. Viele haben investiert. Die von der EU beschlossene Hilfe als Ausgleich zum Russland-Embargo empfinden sie als Hohn. Von den 500 Millionen Euro gehen sieben Millionen nach Österreich. Im Schnitt werden unter 100 Euro pro Hof ausgezahlt.

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