Lebensmittelindustrie: "Wir verdienen uns keine goldene Nase"

LINZ. Oberösterreichs Lebensmittelhersteller kämpfen mit Kosten und wenig Preisspielraum und haben weniger Verhandlungsmacht gegenüber Handel als internationale Konzerne.
Die Kaufzurückhaltung vieler Österreicher gleichzeitig mit kräftigen Kostensteigerungen treiben den 115 oö. Lebensmittelherstellern (3,4 Milliarden Euro Umsatz, 6800 Beschäftigte) Schweißperlen auf die Stirn. Jene, die vorwiegend heimische Zutaten wie Milch, Getreide, Ölsaaten verarbeiten und überwiegend in Österreich verkaufen würden, seien schwer unter Druck, sagten Vertreter der Lebensmittelindustrie, die sich am Dienstag in Linz zu einer Lagebesprechung trafen.

"Allein als Vivatis haben wir heuer Mehrkosten von rund 170 Millionen Euro für Energie, Rohstoffe und Logistik, die wir weitergeben müssen. 20 Millionen bleiben bei uns hängen", sagte Gerald Hackl, Chef des 1,3-Milliarden-Umsatz-Konzerns Vivatis. Die Preise für Lebensmittel stiegen im Handel nämlich weit nicht in diesem Ausmaß, auch wenn die Konsumenten stets über höhere Lebensmittelpreise klagten. "Aber wir sind nicht die bösen Preistreiber, wir verdienen uns keine goldene Nase", kontert Hackl. Auch wenn im zweiten Quartal 2023 der Warenkorb für Lebensmitteleinkauf 11,3 Prozent teurer als im Vorjahreszeitraum war, machen Ausgaben für Lebensmittel in einem typischen Haushalt nur zehn Prozent der Gesamtausgaben aus. Hackl hat Verständnis "für jene 300.000 Österreicher, die sich das Leben wirklich nicht mehr leisten können", wehrt sich aber gegen das aus seiner Sicht überproportionale Lebensmittelpreis-Bashing.
Kaum ausreichend für Investitionen
Die Gewinne würden in den vergangenen Jahren kaum für die nötigen Investitionen reichen, eine Branchenbereinigung stehe bevor bzw. setze sich fort, sagten auch die anderen Vertreter der Lebensmittelindustrie. "Bei den Bäckern und Müllern hat sich das dramatisch zugespitzt", so der Chef der Pregartner Pfahnl-Mühle, Andreas Pfahnl. Er rechnet damit, dass von 90 Mühlen in den nächsten Jahren 30 bis 40 aufhören. Die immer noch zunehmende Bürokratie und die hohen Gehaltsabschlüsse würden die Konkurrenzfähigkeit auf internationalen Märkten schmälern. Als österreichischer Spieler habe man viel weniger Verhandlungsmacht, steigende Kosten an den in Österreich besonders konzentrierten Handel weiterzuverrechnen, wie dies multinationale Lebensmittelkonzerne könnten.
Die Konsumenten müssten den Wert der Lebensmittel wieder mehr sehen, nicht nur den Preis, sagte Hubert Stöhr, Chef der Brauerei Schloss Eggenberg in Vorchdorf. Er stelle fest, dass beim Bier in der Gastronomie "ein gläserner Preisdeckel" erreicht sei. Der Umsatz in der Bierbranche sei im ersten Halbjahr wegen der sinkenden Kauflaune bereits um fünf Prozent gesunken. Auch Tobias Petzer von der VFI (Pflanzenöle) mit Sitz in Wels erwartet sinkende Umsätze für heuer.
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