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Wir müssen planen können

Von Ulrike Rubasch, 16. Mai 2020, 00:04 Uhr
Wir müssen planen können
Der Leiter des Instituts für Höhere Studien, Martin Kocher Bild: VOLKER WEIHBOLD

Der Leiter des Instituts für Höhere Studien, Martin Kocher, fordert Planungssicherheit für Unternehmen und Konsumenten.

Die Wirtschaftsforscher rechnen mit mindestens zehn Prozent Rückgang der Leistung der österreichischen Volkswirtschaft im heurigen Jahr. Wie wir am besten aus der Corona-Krise wieder herauskommen, skizziert Martin Kocher, der das Institut für Höhere Studien in Wien leitet.

Worauf kommt es jetzt an? Welche Fehler dürfen wir nicht machen?

Leider kommt es nicht nur auf Österreich an. Die Voraussetzung ist natürlich, dass die Ausbreitung der Krankheit in Österreich eingedämmt und kleinflächiger auf mögliche weitere Ausbrüche der Krankheit reagiert werden kann. Danach ist die Wiederherstellung von Planungssicherheit für Konsumenten und Unternehmen wichtig, um Konsum- und Investitionszurückhaltung zu reduzieren. Wir dürfen uns nicht darauf verlassen, dass es bald eine gute Behandlung oder eine Impfung gibt. Wir müssen für die weitere Planung vom Worst Case ausgehen und dabei einen Weg finden, möglichst weitgehende wirtschaftliche Aktivität zuzulassen – bei gleichzeitiger Eindämmung des Virus. Als kleines Land mit Tourismus und hoher Warenexportquote kommt es aber auch auf andere Länder mit ihren Strategien an.

Was sind die Lehren aus heutiger Sicht? Lieferketten? Selbstversorgungsgrad?

Ehrlich gesagt sollten wir mit dem Ziehen von Lehren noch etwas warten. Aber Sie haben recht. Wahrscheinlich ist ein Überdenken von Lieferketten wichtig. Dabei geht es nicht um Selbstversorgung – das ist komplett unrealistisch für Österreich. Es geht um eine bessere Diversifikation und ein besseres Monitoring von möglichen Bruchstellen in den Lieferketten. Dazu fehlen für viele Produkte noch die Daten, die wir bräuchten, um Frühwarnsysteme für zukünftige Krisenfälle aufzubauen.

Wie können wir die Schulden bewältigen, auch in Kooperation mit der EU?

Auch da wissen wir noch nicht, wie hoch die Schulden in einem Jahr wirklich sein werden. Es wird einige Länder in Europa geben, die mittelfristig in Schwierigkeiten kommen. Die Eurozone ist sicher krisenfester als dies noch in der Finanzkrise der Fall war, aber möglicherweise ist die Herausforderung dieses Mal noch größer. Es macht wenig Sinn, sich jetzt schon über die Frage von Schuldenrückzahlung zu unterhalten; das muss nach der Krise passieren. Im Idealfall werden die öffentlichen Schulden durch höhere Wachstumsraten nach der Krise abgebaut; ansonsten sehen wir möglicherweise einen verschärften Verteilungskonflikt.

Wie und in welchem Zeitrahmen wird sich der Arbeitsmarkt wieder erholen? Was sind die Lehren aus heutiger Sicht?

Erfahrungsgemäß dauert die Erholung des Arbeitsmarktes am längsten. Wenn Menschen länger arbeitslos sind, sinkt die Wahrscheinlichkeit, einen neuen Arbeitsplatz zu finden, oft stark ab. Daher war und ist es das große Ziel, einen Großteil der Arbeitslosigkeit durch das Corona-Kurzarbeitsmodell abzufangen. Das ist vergleichsweise gut gelungen. Trotzdem wird die Arbeitslosigkeit stark ansteigen und uns der Abbau der Arbeitslosigkeit wahrscheinlich noch beschäftigen, wenn vieles andere schon wieder im Lot ist.

Manche sagen, der Klimawandel sei langfristig so gefährlich wie das Sars-Covid-19-Virus. Und Sie? Welche Rolle sollte der Klimaschutz bei der Corona-Nachbearbeitung spielen?

Der Klimawandel ist für viele Länder – von den erwarteten gesamten gesellschaftlichen Kosten her – ein viel größeres Problem als die akute Krise. Er kommt allerdings viel schleichender, und wir können uns besser darauf vorbereiten, weil wir ziemlich genau wissen, welche wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen er hat und wie wir dem Klimawandel begegnen. Insofern ist er ein Problem, das grundsätzlich einfacher zu managen wäre, wäre da nicht die Notwendigkeit, sich international zu einigen. Ich persönlich halte nicht viel davon, die beiden Dinge – Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus und den Klimawandel – zu vermengen. Wenn es ein nachgelagertes Konjunkturpaket zur Ankurbelung der Wirtschaft geben sollte, muss man natürlich auf die Klimafolgen des Pakets schauen.

Könnte der Klimaschutz künftig mehr Gehör bei Politik und Wirtschaft finden?

Wir werden sehen. Im Moment konzentriert man sich auf die akute Gesundheitskrise, aber das kann sich auch schnell wieder ändern. Das Wort "Resilienz" lässt sich aus keiner Diskussion mehr wegdenken. Es spielt natürlich auch im Zusammenhang mit Klimapolitik und Wirtschaft eine große Rolle.

Was machen wir, wenn die zweite Virus-Welle oder ein ähnliches Virus kommt?

Wir sind hoffentlich besser vorbereitet, haben bessere Datengrundlagen für Empfehlungen und noch schnellere Entscheidungsstrukturen. Damit kann man schneller und punktgenauer reagieren.

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Autorin
Ulrike Rubasch
Redakteurin Wirtschaft
Ulrike Rubasch

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