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Mit Vision und Herzblut an die Spitze

Von Josef Lehner und Susanne Dickstein   07.November 2019

Dem Faserhersteller Lenzing ist etwas gelungen, was nur wenige Unternehmen schaffen: Dass die eigene Marke zum Generikum wird, also für eine gesamte Produktgruppe steht. So wie Tixo für Klebeband und Tempo für Taschentücher steht, so steht die Lenzing-Marke Tencel für die Faser Lyocell. Für den Hersteller ist das Fluch und Segen zugleich: "So sehr uns das freut und stolz macht, müssen wir aufpassen, dass wir unser Alleinstellungsmerkmal in den Augen der Konsumenten nicht verlieren", sagt Stefan Doboczky, Vorstandsvorsitzender der Lenzing AG.

Der Faserhersteller aus dem Salzkammergut hat den Markt für Lyocell-Fasern quasi selbst entwickelt. Er ist eine Nische im weltweiten Fasermarkt, der ein Volumen von rund 100 Millionen Tonnen hat. Nur sechs Prozent davon, also sechs Millionen Tonnen, sind holzbasierte Fasern, und davon wiederum 300.000 Tonnen entfallen auf die Kategorie Lyocell. "Der Fasermarkt ist konservativ. Es dauert Jahre, bis sich Innovationen durchsetzen", sagt Doboczky. Lyocell gäbe es bereits seit 25 Jahren. Gleichzeitig sei sie die innovativste Faser, weil sie Nachhaltigkeit und Tragekomfort vereinbare.

Mit Vision und Herzblut an die Spitze
In den Kollektionen großer Handelsketten sind Fasern aus Lenzing enthalten.

Lenzing hat die Tencel-Technologie selbst entwickelt und dadurch über viele Jahre ausgezeichneten Patentschutz gehabt. Die Vormachtstellung auf dem Weltmarkt wurde 2003 durch die Akquisition des damals einzig nennenswerten Konkurrenten, Corsadi, zementiert. Aktuell verfügt Lenzing über einen Marktanteil von 80 Prozent bei Lyocell. Aber der Druck neuer Anbieter ist groß. "Wir wachsen mit Tencel, aber der Markt wächst stärker. Wir werden in den kommenden Jahren sicher Marktanteile verlieren." Ihre Weltmarktführung bei Lyocell macht Lenzing aber so schnell kein Mitbewerber streitig.

Mit Vision und Herzblut an die Spitze
Das junge Vorchdorfer Unternehmen Agilox hat das Zeug zum Weltmarktführer von morgen.

Kunststoff-Kaiser

Eine unüberschaubare Zahl von Kunststoffprodukten wird täglich weltweit produziert, weil das Mühlviertler Familienunternehmen Engel dazu leistungsfähige Spritzgießmaschinen entwickelt und gebaut hat. Weltweit setzen 7000 Mitarbeiter rund 1,6 Milliarden Euro um. Zentrale ist in Schwertberg.

Die Ski-Revolution

Spitzentechnik ist eine Grundvoraussetzung, um sich auf dem internationalen Markt durchzusetzen. Ein Beispiel ist Fischer Sports aus Ried im Innkreis. Die Skandinavier beherrschten den nordischen Skisport mit ihren Holzlatten. Als die Innviertler das Holz als Hauptrohstoff durch Kunststoff ersetzten, war das eine Revolution. Noch stärker als bei Alpinskiern ist Kunststoff auf den Loipen ein enormer Wettbewerbsvorteil. Die Latten sind deutlich leichter, und das spart bei Distanzen über zehn, zwanzig und mehr Kilometer viel Kraft. In den 1970er-Jahren liefen bald die besten Athleten aus Skandinavien, Russland und Italien auf Fischer. Seither heimsen sie bei allen Meisterschaften und Olympischen Spielen das Gros der Medaillen ein. Mit immer luftigeren Skikernen und dem Einsatz von Carbon haben die Innviertler über die Jahrzehnte ihre Technologieführerschaft bewahrt. "Wir verkaufen Luft", sagt Geschäftsführer Franz Föttinger spaßhalber: Je weniger tragendes Material und je mehr Zwischenräume, desto leichter ist der Ski. Dabei muss er gleichzeitig über höchste Steifigkeit verfügen.

"Es dauert Jahre, eine Markenreputation aufzubauen, und das Versprechen an die Kunden muss immer wieder aufs Neue eingelöst werden", sagt Föttinger. Der Marktanteil von Fischer im nordischen Sektor beträgt global 40 Prozent. Die wichtigsten Märkte sind Russland und Skandinavien und natürlich der Alpenraum. Die Topprodukte werden noch immer in Ried produziert, von Hand. In den vergangenen Jahren hat Fischer das Angebot mit eigenen Bindungen und Schuhen komplettiert. Ein Spitzenset kommt auf rund 1000 Euro. Ohne Bekleidung. Aber die liefert ebenfalls Fischer in Spitzenqualität, über seine Rieder Tochter Löffler.

Stempeln und gravieren

Stempeln und gravieren

Gleich mit zwei Produkten Weltmarktführer ist die Welser Trodat-Trotec-Gruppe: einerseits mit Stempeln (Bild), andererseits mit Lasergeräten, mit denen sich Werkstücke, von Alu bis Textilien, markieren oder beschriften lassen. Das Familienunternehmen setzt mit rund 1650 Mitarbeitern weltweit rund 260 Millionen Euro um.

Inhalt
Komplettanbieter: Ski, Bindung, Schuh

Kunststoff statt Holz

Mit Kunststoff statt Holz eroberte Fischer in den 1970ern den Weltmarkt bei Langlaufskiern. Die bis dahin dominierenden Skandinavier verschliefen die Innovation. Die Innviertler haben heute 40 Prozent Weltmarktanteil im nordischen Sektor und sind Komplettanbieter. Sie erzeugen auch Bindungen und Schuhe.

Fast schon utopisch

"Erfolgreiche Unternehmen haben eines gemeinsam: eine starke Vision. Manchmal ist die Idee so visionär, dass sie einer Utopie gleicht. In jedem Fall verspricht sie Nutzen und ist manchmal auch sinnstiftend." So bringt es Rainer Reichl, Gründer und Geschäftsführer der gleichnamigen Werbeagentur mit Sitz in Linz, auf den Punkt.

Die Vision muss konsequent umgesetzt, über die Jahre möglicherweise angepasst werden. "Das Management zeigt dabei Mut und Entschlossenheit, wie ein Bild, das wir von Spitzensportlern kennen", so Reichl. Interne und externe Faktoren wie eine starke Unternehmenskultur, unternehmerisches Denken und ein hohes Bildungsniveau seien für den Erfolg ebenso entscheidend.

Weltmeisterlich

Einen Namen hat sich das Innviertler Unternehmen KTM durch seine geländegängigen Motorräder (Enduro und Motocross) gemacht. In diesem Geländesportsegment sind die Mattighofener auch Weltmarktführer. Dazu beigetragen hat der Rennsport, wo KTM mit mehr als 260 Weltmeistertiteln zu den erfolgreichsten Marken zählt. Durch den Einstieg in die Produktion von Straßenmotorrädern wurde das Sortiment komplett.

Ein Weltmarktführer aus Schwertberg

Bereits seit Jahrzehnten Weltmarktführer ist das Familienunternehmen Engel mit Hauptsitz in Schwertberg und Werken in Dietach und St. Valentin. Auch hier gelingt das nur mit laufender Innovation. Engel gibt mit seinen Spritzgießmaschinen global den Ton an. Sein Wachstum verlief parallel zum Siegeszug der Petrochemie. Es entstand ein weltweit tätiger Konzern mit rund 7000 Beschäftigten und rund 1,6 Milliarden Euro Umsatz. Auch Engel sucht ständig neue Technologie und will den Durchbruch auch mit dem Spritzen von Metalllegierungen erzielen. Die Exportquote beträgt 95 Prozent.

"Es sind mehrere und sehr unterschiedliche Aspekte, die uns zu dem gemacht haben, was wir heute sind", sagt Stefan Eng-leder, der Mann an der Holding-Spitze. Schon Firmengründer Ludwig Engel und auch die nachfolgenden Generationen hätten visionär gedacht und oft zu einem frühen Zeitpunkt die Weichen richtig gestellt. "Der Weitblick, Trends zu antizipieren, und der Mut, Erster zu sein, haben sicher einen entscheidenden Anteil am Erfolg von Engel", sagt Engleder: "Hierzu gehört die Fokussierung auf die Anforderungen und Wünsche unserer Kunden, die allen unseren Mitarbeitern im Blut liegt. Erst ihr Engagement, ihr Know-how und ihre Leidenschaft ermöglichen es uns, immer wieder Höchstleistungen zu erbringen."

Qualität allein reicht nicht aus

Sich nicht zurückzulehnen, bei Innovationen immer dranzubleiben, das ist auch für Margarethe Überwimmer eines der Erfolgsrezepte der heimischen Weltmarktführer. Und: "Diese Marktführer kennen ihre Kunden genau, und sie können sich in unterschiedlichsten Kulturen bewegen", sagt die Studiengangsleiterin für Global Sales und Marketing an der FH Steyr. Weil auch technologisch anspruchsvolle Produkte zunehmend vergleichbar würden, steige die Bedeutung des Serviceangebots rund um das Produkt. "Qualität allein reicht nicht mehr aus, das ist schon ein Hygienefaktor", sagt Überwimmer.

Über Jahrzehnte Weltmarktführer ist auch Pöttinger Landtechnik aus Grieskirchen, und zwar mit seinen Ladewägen. Die Technik brachte den Grünlandbauern bei der Heuproduktion eine große Arbeitserleichterung. Mit den Höfen wuchsen in den folgenden Jahren auch die Geräte. Der kleinste Wagen, der Boss junior, bringt heute inklusive Erntegut vier Tonnen auf die Straße, das Supergerät Jumbo bis zu 31 Tonnen.

Diese Erntefahrzeuge machen rund 15 Prozent des Pöttinger-Umsatzes von mehr als 350 Millionen Euro aus. Es komme nicht zwingend auf die großen Innovationen an, sagt Unternehmenssprecher Gregor Dietachmayr, sondern auf die laufende Verbesserung der Produkte und den Fokus auf den Kundennutzen. "Immer hinschauen und hinhören, was der Kunde braucht, und alles tun, um seine Probleme am besten zu lösen", sagt der für den Verkauf verantwortliche Geschäftsführer.

Mit Vision und Herzblut an die Spitze
Mit Dagobert und Mickey als Zuckerl-Spender trat Pez seinen Siegeszug an. (OÖN)

Ein süßer Siegeszug

Pez ist eine der wenigen global erfolgreichen Lebensmittelmarken aus Österreich. In Japan und seit kurzem in China ist das Familienunternehmen aus Traun ebenso präsent wie in den USA, wo den Zuckerln aus Oberösterreich sogar ein Museum gewidmet wurde. Ursprünglich plante Eduard Haas seine Pfefferminzbonbons als gesunde Alternative zum Rauchen. Mit Disney- und Mickey-Figuren traten sie den Siegeszug in den Kinderzimmern an.

Plasser & Theurer

Auch wenn das Familienunternehmen Plasser & Theurer die Konkurrenz aus China verstärkt spürt, sind die Linzer dennoch unangefochten an der Weltspitze mit ihren Gleisbaumaschinen. Dank der Stopfmaschinen aus Linz wurde der erste Schritt zur Mechanisierung des Gleisbaus gesetzt. Die Jungfernfahrt des französischen Hochgeschwindigkeitszugs TGV fand auf Gleisen statt, die mit Plasser & Theurer-Maschinen gebaut wurden.

Meister im Grünland

In Ländern, in denen Milchviehhaltung eine große Rolle spielt, ist die Pöttinger-Landtechnik mit ihren Ladewagen präsent. Es gibt 60 Modelle für alle Betriebsgrößen. Seit den 1960er-Jahren ist Pöttinger Weltmarktführer mit diesen Geräten, erzeugt auch andere Heugeräte (Mäher, Schwader, Pressen...), außerdem Sätechnik und Pflüge. Das Familienunternehmen setzt mit 1900 Mitarbeitern rund 382 Millionen Euro um.

In der Nische zu Hause

In einem eher filigranen Segment ist dagegen Tann-Papier aus Traun Spitzenreiter: bei Papieren für die Mundstücke von Zigaretten. 1100 Beschäftigte in acht Werken produzieren das im Fachjargon "Tipping Paper" genannte Produkt. Rund 230 Millionen Euro im Jahr werden umgesetzt.

Im Vorjahr hat die Familie Trierenberg das Unternehmen an die börsenotierte Mayr-Melnhof-Gruppe verkauft. Der neue Geschäftsführer von Tann-Papier, Gilles Michel, fasst die Vorzüge des Unternehmens zusammen: "Im Wesentlichen sind es drei Säulen: Nachhaltig hohe Produktqualität durch exzellente industrielle Fertigung. Trendangebende Innovationen für den Erfolg unserer Kunden auf dem Markt. Flexibilität und Service durch Mitarbeiter, die ihren Aufgaben mit Know-how und Leidenschaft nachgehen."

Weshalb viele heimische Weltmarktführer wie eben Tann-Papier in einer Nische zu Hause sind, erklärt Rainer Reichl, der viele Firmen beim Aufstieg an die Spitze begleitet hat: "In globalen Marktnischen ist oft die Wettbewerbsintensität geringer, weil sie so hoch spezialisiert sind. Es ist wesentlich einfacher, hier Weltmarktführer zu werden als in einem heiß umkämpften Markt. In besonderen Fällen gelinge es, gerade jungen Unternehmen, mit ihren einzigartigen Lösungen neue Märkte zu schaffen. Das Paradebeispiel dafür aus Oberösterreich ist natürlich Runtastic.

Holz fürs Tierwohl

Ein frühes Start-up: 1999 gründete Helmut Grabherr in Kremsmünster seine Firma Agromed. Sie produziert aus Holzzellstoff einen Futtermittelzusatz, der Nutz- und Haustieren einen gesunden Darm garantieren soll. Mit dem Tierwohl steigt in der Landwirtschaft die Leistung, ohne chemische Zusätze. "Wir nehmen uns Prozesse aus der Natur zum Vorbild", sagt Grabherr. Mit Spezialisierung und dem Einstieg von Garant-Futter (RWA) wurde er in seinem Segment Weltmarktführer. Exportanteil: 75 Prozent. Joint Ventures gibt es in Brasilien und China. In Kremsmünster arbeiten 20 Beschäftigte.

Löschfahrzeug für Flughäfen

Codename Panther

Mit dem Flughafenlöschfahrzeug Panther hat der Leondinger Feuerwehrausstatter Rosenbauer einen Standard in der Branche gesetzt, zu dem die Konkurrenz selbst nach Jahrzehnten nicht aufschließen konnte. Anfang der 1990er Jahre auf den Weltmarkt gebracht, wurde bereits 2012 Jubiläum gefeiert: Der tausendste Panther wurde verkauft – im Einsatz ist er auf dem Flughafen London-Stansted. Der Panther, dessen Design ebenfalls mehrfach prämiert wurde, ist in 81 Ländern weltweit im Einsatz und damit das mit Abstand meistgenutzte Flughafenlöschfahrzeug.

Papier für Zigarettenfilter

Klein, aber oho

Die Firma Tann-Papier in Traun macht ein scheinbar kleines Produkt und hat damit riesigen Erfolg. Sie erzeugt in ihren acht Werken rund um den Globus die Papiere, die die Filter von Zigaretten umhüllen. An diese sogenannten "Tipping Papers" werden hohe Anforderungen gestellt. Obwohl ihre Nutzungsdauer kurz ist, müssen sie sehr widerstandsfähig sein. Tann-Papier wurde im Vorjahr von der Familie Trierenberg an Mayr-Melnhof-Packaging verkauft. Diese erzeugt Zigarettenpapier und kann mit Tann ihr Portfolio erweitern.

Logistik neu gedacht

Ein noch junges Unternehmen, das das Zeug zum Weltmarktführer von morgen hat, ist Agilox. Die Vorchdorfer Firma steht für mobile Logistikroboter, die mittels künstlicher Intelligenz Paletten auf optimalen Routen von A nach B bringen. Die autonom fahrenden Hubstapler bewegen sich frei und ohne Einschränkung von Magnetstreifen am Boden oder Reflektoren an den Wänden. Die Fahraufträge werden mittels Schwarmintelligenz dynamisch verteilt und optimiert.

Erst im August haben sich die Vorchdorfer ein Millionen-Investment geholt. "Agilox gehört zu jenen Unternehmen mit dem größten Zukunftspotenzial", sagte damals Daniel Haider, Geschäftsführer der OÖ Beteiligungsgesellschaft, zu der Raiffeisen Landesbank, Hypo Oberösterreich und die OÖ Versicherung zählen. Der technologische Vorsprung der Vorchdorfer, die ihre Roboter vor Ort zusammenbauen, scheint zu überzeugen: Siemens, VW, BMW, DHL und Lufthansa zählen zu den Kunden.

Mit Vision und Herzblut an die Spitze
Das junge Vorchdorfer Unternehmen Agilox hat das Zeug zum Weltmarktführer von morgen.

Ein "Weltbestseller aus Wels"

Sowohl mit größeren Maschinen wie auch mit Kleingeräten hat es die Trodat-Trotec-Gruppe in Wels zu tun. Sie führt global die Produktion von Stempeln an ebenso wie die von Laserplottern zum Gravieren, Schneiden und Markieren. Stempel seien in der digitalen Welt nicht aus der Mode gekommen, sagen die Welser. In 150 Ländern werden sie eingesetzt. Das 1912 gegründete Unternehmen Trodat hat schon in den 1950er-Jahren mit seinen Selbstfärbestempeln den Durchbruch geschafft. Ein "Weltbestseller aus Wels" wurde der handliche Printy-Stempel. 300 Millionen Mal wurde er verkauft.

Sehr vielfältig ist der Einsatz der Lasergeräte, mit denen Werkstoffe aller Art geschnitten, graviert oder markiert werden können. Das kleine Architekturbüro etwa schneide mit dem Plotter die Teile für ein Modell. Der Industriebetrieb versehe seine Produkte mit Seriennummern oder anderen Kennzeichen.

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25. April 2024