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Handeln statt heiße Luft erzählen

Von Ulrike Rubasch   07.November 2019

Der Begriff "Kreislaufwirtschaft" ist in aller Munde. Doch wird sie bereits in der Praxis gelebt? Wir haben uns in Oberösterreich umgesehen, was Betriebe bereits Positives für das Klima und einen ressourcenschonenden Umgang mit der Natur tun. Einige Projekte seien auf den folgenden Seiten beispielhaft erwähnt.

Oberösterreichische Betriebe tun viel für die Umwelt, und sie investieren pro Jahr etwa 1,5 Milliarden Euro für Umwelt- und Klimaschutz. "Unsere Betriebe produzieren höchst effizient und viele von ihnen zählen zu den Besten ihrer Branche", so WKOÖ-Präsidentin Doris Hummer. Oberösterreich habe viele "Klimapioniere" und "Klimaschutzexporteure", die vielfach auch international Technologie-Vorreiter sind. Diese Unternehmen leisten so nicht nur in Österreich, sondern weltweit einen wichtigen Beitrag zur CO2-Einsparung.

Hummer sagt: "Wir brauchen uns vor Klimaschutz nicht fürchten. Richtig verstanden, ist die Umstellung des Energiesystems auf nachhaltige Ressourcen ein gigantischer Innovationsmotor."

Ein Beispiel: Das Thema Verpackung beschäftigt die Industrie vor allem, seit Plastik in der öffentlichen Kritik steht und klar ist, dass beim erwarteten globalen Bevölkerungswachstum die Lebensmittelproduktion bis 2050 um ganze 60 Prozent gesteigert werden muss. Die Lösung kann wohl nur im Sinne der Kreislaufwirtschaft sein: So wenig Verpackung wie möglich, aber so viel wie nötig, denn Lebensmittelverluste sind der drittgrößte CO2-Verursacher weltweit. Jedes Jahr werden etwa 20 Prozent der globalen Fleischproduktion weggeworfen. Verpackungen schützen Produkte vor zu raschem Verderben und vermeiden Abfälle. Die eine nachhaltige Verpackungslösung gebe es nicht, sagt Viktoria Krauter, Leiterin des Kompetenzzentrums für Sustainable and Future Oriented Packaging Solutions bei einer Tagung in Linz von der oö. Standortagentur Business Upper Austria.

Innovative Ideen mit Altbrot

Roland Fischer, Geschäftsführer der Linzer Fischer Brot GmbH, plädiert, dass Lebensmittelproduzenten und Handel gemeinsam Lösungen für Überproduktion und Abfallbehandlung suchen, die in Summe das Klima unnötig belasten. Bei Fischer Brot wird aus dem produzierten Überschuss aktuell Tierfutter erzeugt, was jedoch einen riesigen Aufwand für das Unternehmen darstelle.

Fischer Brot ist Teil des Innovationsverbundes NEFI – New Energy For Industry. NEFI soll Energieinnovationen in Österreich vorantreiben. Deklariertes Ziel ist, die CO2-Emissionen der heimischen Industrie zu reduzieren, bis zu 100 Prozent erneuerbare Energien einzusetzen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Gerhard Forst und seine innovative Heizung

Hybridheizung

Eine elektrische Hybridheizung aus Infrarot-Wärmestrahlung und der Wärmespeicherkapazität von Polymerbeton hat das von Gerhard Forst 2018 gegründete Start-up Heliolith in Peuerbach erfunden. Insbesondere zur Nachrüstung in bestehenden Gebäuden, bei denen eine Verlegung von Wasserleitungen schwierig ist, sei die Heizung geeignet. Das Österreichische Institut für Baubiologie und -ökologie bescheinigt höchste Effizienz, was eine Optimierung der eingesetzten Energie ermöglicht.

Für "natürlich für uns" legen täglich 13.000 Biohühner Eier und geben 700 Biokühe Milch.

Erste klimaneutrale Lebensmittel-Biomarke

Die Bio-Lebensmittelmarke "natürlich für uns" des Top Teams (Unimarkt, M-Preis, Nah&Frisch) ist als erste heimische Biomarke vollständig klima- und CO2-neutral. Bestätigt wird das vom deutschen Beratungsinstitut Fokus Zukunft. Das sei das Ergebnis eines einjährigen Nachhaltigkeitsprozesses. Mittels Emissionszertifikaten wurde der CO2-Ausstoß der gesamten Produktpalette ausgeglichen.Doch das sei, so Geschäftsführer Manuel Hofer, erst der Anfang: "Wir möchten einen Stein ins Rollen bringen, der andere motiviert." Jede Kaufentscheidung, so Hofer, sei eine für oder gegen Bio, für oder gegen Regionalität, für oder gegen Nachhaltigkeit. "Wir sind die erste Generation, die die Folgen des Klimawandels spürt, und die letzte, die dagegen etwas tun kann", zitiert er Ex-US-Präsident Barack Obama.

Die Grüne-Erde-Welt im Almtal (Grüne Erde)

Grüne Erde

Das Scharnsteiner Öko-Unternehmen Grüne Erde (57 Mio. Euro Umsatz, 500 Mitarbeiter) nennt als Grundwert ein "Leben und Wirtschaften in Verbundenheit mit Natur und Mensch". Es schaffte wie kaum ein anderes, dies den Konsumenten über Jahre glaubhaft zu vermitteln. Langlebige Produkte in hoher Qualität schonen die Ressourcen. Die Auswahl der Rohstoffe erfolgt nach ökologischen und fairen Kriterien, 60 Prozent der Produkte werden in Österreich gefertigt. Die neue Grüne-Erde-Welt in Scharnstein wurde nach ökologischen Grundsätzen aus natürlichen Materialien errichtet und ist klimaneutral. Rundherum wurden etwa 450 Bäume und 700 Sträucher gepflanzt, Wiesen, Obst- und Gemüsegärten angelegt, Glashäuser errichtet. Im Juni erhielten die Öko-Pioniere den oö. Landespreis für Umwelt und Nachhaltigkeit 2019.

Tischler-Innovation

Der oö. Furnierspezialist J Grabner mit Sitz in Roitham hat eine besonders ressourcenschonende Technologie zur Herstellung von Möbel- und Innenausbauplatten entwickelt. Der Betrieb mit 25 Mitarbeitern trägt mit einer speziellen Presstechnik nur dünne Schichten (0,9 mm) etwa von teurem Edelholz auf hochwertige Sperrholzplatten auf, anstatt das ganze Stück Holz zu verwenden. So kann schönes, seltenes Massiv-Holz für viele Quadratmeter Oberfläche verwendet werden bzw. ein Altholz-Look mit einer sehr ressourcenschonenen Technik erreicht werden. Das Holz wird formaldehydfrei verklebt und mit einer speziellen Prägetechnik bearbeitet. Diese Platten sind nicht nur kostengünstiger als Altholz massiv, sondern auch langlebiger, nachhaltiger und verfügbarer. Bei den Kunden ist der Altholz-Look sehr gefragt, vor allem, weil die derart erzeugten Oberflächen trotz der typischen Holz-Haptik schieferfrei und pflegeleicht sind. "Diese Kombination von Qualitätsmerkmalen kann mit keiner anderen Technologie erreicht werden", sagt Josef Grabner, Geschäftsführer der gleichnamigen Firma.

Perfekt mit Öffis ans Ziel

"Die Leute regen sich immer nur über die Staus auf. Ich kann die Welt nicht retten, aber etwas tun, auch wenn es nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist", sagt Gerhard Humer, Verkaufsleiter bei der Firma Weigl-Aufzüge in Waizenkirchen. Er nutze für Dienstreisen in Österreich regelmäßig die ÖBB und deren Carsharing. In der Woche, in der die OÖN mit ihm gesprochen haben, ist der 47-jährige Manager bei einem Kunden in Kärnten und tags darauf bei einem in Südtirol gewesen. Humer steigt in Wels in den Zug und bucht am Zielort Autos, die auf vielen Bahnhöfen in Österreich von den ÖBB bereitgestellt werden (www.railanddrive.at). "Ich bin von Wels nach Villach bzw. von Wels nach Landeck im Zug gesessen, habe gegessen und habe mich perfekt auf meine Termine vorbereitet", sagt der Hausruckviertler: "Wenn ich mit dem Auto fahre, ist die ganze Zeit vergeudet." Wer es einmal probiert habe, finde sich in dem Carsharing-System schnell zurecht. "Am Zielbahnhof steht das Auto fahrbereit. Ich habe ein perfektes Service und brauche kein Parkticket, keine Vignette." Die Abrechnung erfolgt nach Stunden und gefahrenen Kilometern. An manchen Bahnhöfen seien sogar Elektroautos verfügbar. In Wels könne er sein eigenes Auto als Bahnnutzer gratis abstellen. Die Firma Weigl ist Erzeuger von Aufzügen und Treppenliften, hat rund 200 Mitarbeiter und vertreibt ihre Produkte in Österreich und dem angrenzenden Ausland. "In der Woche ist es gelungen, 1300 Kilometer Autofahrt und 100 Liter Treibstoff einzusparen, damit 220 Kilo CO2 und das völlig stau- und stressfrei." (le)

Abfall wird Kompost

Das Welser Unternehmen Compost Systems, spezialisiert auf biologische Abfallbehandlung, reduziert durch seine Verfahren die Müllmenge enorm. Außerdem wird durch die Anlagen kaum Klimagas freigesetzt, vor allem kein Methan, das 25 Mal klimaschädlicher ist als CO2. Der Abfallspezialist ist international tätig.

Mehrweg statt Einweg

Hageneder Medizintechnik aus Inzersdorf hat ein Sammelsystem für medizinische Abfallflüssigkeiten (z.B. Dialyse) entwickelt. Die Firma holt die vollen Spezialkanister, die die Einweg-Produkte ersetzen, von den Patienten ab. Die Flüssigkeiten werden umweltfreundlich entsorgt – mit Energie aus der eigenen PV-und Biomasseanlage, sagt Konrad Hageneder.

Selbst aktiv werden

"Jeder kann etwas gegen den Klimawandel tun und sollte nicht auf Gesetze warten", sagt der Geschäftsführer des Linzer IT-Unternehmens x-net, Niki Dürk. Sein Unternehmen hat bereits eine Gemeinwohlbilanz erstellt (auf der Webseite einsehbar). Maßnahmen sind u. a.: Ökostrom beziehen, Fernwartung statt vor Ort anreisen (so weit als möglich), öffentliche Verkehrsmittel statt Auto, Nachtzug statt Fliegen, bewusste Standortwahl mitten in der Stadt, um zu Fuß / per Rad oder mit Öffis ins Büro zu kommen, Nachnutzung für Hardware (z. B. für Non-Profit-Organisationen)

Verpackung vermeide

Der Diskonter Hofer beschreitet innovative Wege bei der Verpackung und versucht, Plastik zu reduzieren. Das Unternehmen hat sich 2018 zum Ziel gesetzt, die Exklusivmarken-Verpackungen recyclingfähig zu machen und bis 2025 deren Verpackungsmenge um 30 % zu reduzieren. Scheinlösungen (Maisstärke für Verpackungen, die zu Lebensmitteln in Konkurrenz steht) werden vermieden.

Recycelbare Fasern

Der international tätige Faserhersteller IFG Asota investiert rund 1,3 Millionen Euro an seinem Linzer Standort in eine Versuchsanlage, um so genannte Stapelfasern (für Bodenbeläge oder Straßenbau) ökologischer, biobasiert und besser recycelbar zu machen.

OÖN fahren elektrisch

Auch die OÖNachrichten nehmen Klimaschutz ernst, nicht nur in der Berichterstattung: Für die Mitarbeiter stehen neben zwei Dienstfahrrädern und zwei Elektro-Bikes auch zwei Elektro-Autos zur Verfügung. (Der Rest der Fahrzeugflotte sind noch herkömmliche Verbrenner.)

Klimaideen im Netz

Ein aktuelles Projekt namens EREK des oö. Cleantech-Clusters beteiligt sich am Aufbau eines EU-weiten Netzwerks zur Ressourceneffizienz. KMU können sich auf der Website www.resourceefficient.eu zugeschnittene Vorschläge zur Verbesserung der eigenen Ressourceneffizienz holen, um nachhaltiger und auch kosteneffizienter zu arbeiten.

„Grüner“ Wasserstoff

Als größter CO2-Emittent ist die voestalpine für zehn Prozent der österreichischen CO2-Emissionen verantwortlich. Dafür muss der Leitbetrieb 2019 CO2-Zertifikate um 100 Millionen Euro kaufen. An "grünem" Wasserstoff als Energieträger für die Stahlerzeugung statt Kohle wird geforscht, ab 2030 sei das Thema.

Regionale Lebensmittel

Die BioRegion Mühlviertel (120 Partnerbetriebe, 280 Konsumenten) ist in ihrer Größe und in ihrer branchenübergreifenden Zusammensetzung einzigartig in Österreich. Obmann Klaus Bauernfeind betreibt mit Lebensmitteln aus der nächsten Umgebung das Gramastettner Gasthaus Köglerhof. "Mit dem Sonnenstrom und der Energie aus unserem Wald sind wir stolz darauf, Sie CO2-neutral bewirten zu können."

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23. April 2024