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Wie aus 100.000 Schilling ein Konzern wurde

Von Dietmar Mascher   07.Juni 2019

Herta und Walter Sticht sind die Antithese zum Traum vom schnellen Geld als Jung-Unternehmer. Wenig Startkapital, viele Hürden und ein notwendiger langer Atem prägten ihre Karriere. Umso beachtlicher ist der Erfolg, den sie mit dem Startkapital von 100.000 Schilling (gut 7000 Euro) erreicht haben.

Stiwa ist heute ein international tätiger Konzern mit 2100 Mitarbeitern und 260 Millionen Euro Umsatz. Dafür wurden die Gründer und langjährigen Chefs des Automatisierungsspezialisten Stiwa gestern bei der Galanacht der Wirtschaft mit dem Pegasus in Kristall für ihr unternehmerisches Lebenswerk ausgezeichnet.

Wie erklären sie einem Kind, was Stiwa macht? "Stell dir ein Überraschungsei vor. Darin befindet sich ein Spielzeug in mehreren Teilen. Wenn du das ganz schnell zusammenbauen willst, brauchst du eine Maschine. So eine Maschine bauen wir", sagt Herta Sticht.

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Von Salzburg nach Linz

Herta und Walter Sticht stammen aus dem Bundesland Salzburg (er aus Viechtwang, sie aus St. Johann im Pongau). Dort haben sie sich auch kennengelernt. Allerdings waren beide da schon in Linz in Ausbildung. Herta absolvierte die Krankenschwesternausbildung im AKH, Walter machte die Elektrotechniker-Lehre, arbeitete als Angestellter bei AEG Telefunken und unterrichtete am Wifi. Weil Bleckmann seine Gehaltsvorstellungen nicht erfüllen konnte und ihm einen Beratervertrag vorschlug, machte sich Walter Sticht selbstständig und gründete schließlich in Attnang-Puchheim (mit Nachsicht der Gewerbebehörde) eine kleine Fertigung.

Die ersten Maschinen finanzierte er via Leasing mit 18,5 Prozent Zinsen, "weil mir die Banken kein Geld geben wollten". Als Grundkapital dienten besagte 100.000 Schilling, die Herta gespart hatte, "und die ich ihm eigentlich nicht geben wollte. Aber er war so überzeugt von seiner Sache und seinen Ideen", sagt sie heute. "Und als wir dann die ersten 100 Mitarbeiter hatten, gab es ohnehin kein Zurück mehr", ergänzt er.

Stiwa war innovativ, fand mit dem Vorarlberger Küchenscharnierhersteller Blum und Bosch zufriedene Kunden, aber Eigenkapital konnte das Unternehmen lange nicht aufbauen.

Ein Gutachten der Technischen Universität Wien über eine Automationsanlage für den Vorarlberger Küchenbeschläge-Hersteller Blum im Jahr 1988 fiel vernichtend aus: "Das System hat keinen Markt und kann nicht funktionieren", hieß es in der Expertise. Die Hausbank wurde nervös und konnte nur von Blum zur Weiterfinanzierung bewegt werden. "Zum Glück war Blum davon überzeugt, das hat die Hausbank beruhigt. Damit war der erste Schritt zur stufenweisen Automation mit Hochleistung gesetzt", sagt Walter Sticht heute.

Unverdrossen setzten die Stichts ihre Expansion fort und waren 1992 die ersten Mieter im jungen Softwarepark Hagenberg. "Ich habe 1989 einen Vortrag von Professor Pomberger über objektorientierte Softwareentwicklung gehört und war begeistert. Genau das haben wir gebraucht", sagt Walter Sticht. Die Mitarbeiter wurden in Zwei-Tages-Seminaren weitergebildet. "Auf diese Weise haben wir das Thema Software entmystifiziert und einen Grundstock für die Verbindung von Software und Automatisierungssystemen geschaffen", sagt der Firmengründer.

Die Software ist längst ein wichtiges Standbein von Stiwa geworden. Während ein Großteil der Automatisierungssoftware mittlerweile im Stammhaus entwickelt wird, konzentriert man sich in Hagenberg auf Labor- und Analyse-Software.

Heute gehört neben Blum und Bosch auch Greiner Bio-One zu den großen Stammkunden von Stiwa. Auf den Maschinen von Stiwa werden in 24 Stunden 1,2 Millionen Blutentnahmesysteme produziert. "Und Blum hat mittlerweile 800 Anlagen von uns", sagen die Stichts und sind stolz auf die jahrzehntelangen Geschäftsbeziehungen.

Von den USA bis China

Diese haben auch dazu geführt, dass Stiwa seinen Kunden ins Ausland gefolgt ist: in die USA (North Carolina) und nach China (nördlich von Shanghai), wo Großkunde ThyssenKrupp lockte.

Seit 1984 führt Herta Sticht die Personalagenden, heute ist sie für strategische Entscheidungen noch eingebunden. Die Stiwa Holding wird von Sohn Peter und Andreas Leobacher geführt, Gerald Berger und Wolfram Schrittesser führen die Stiwa International. Aufsichtsratschef ist Sohn Raphael Sticht, sein Stellvertreter der ehemalige Chef von BMW Steyr, Gerhard Wölfel.

"Unser Ziel ist es, ein Familienunternehmen zu bleiben. Zwei Enkerl würden sich anbieten, einmal die Führung zu übernehmen", sagt Walter Sticht. "Kein Börsegang, keine anderen Kapitalgeber." Das ist jetzt auch leichter gesagt als früher. Aus den 100.000 Schilling Eigenkapital sind mehr als 120 Millionen Euro geworden.

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25. April 2024