Borealis verkauft Stickstoffgeschäft um 810 Millionen Euro

LINZ. Nach der Absage des Deals mit EuroChem will der tschechische Konzern Agrofert die Düngemittel-, Melamin- und Stickstoff-Sparte der ehemaligen Agrolinz mit 1900 Beschäftigten, davon 700 in Linz, kaufen.
Eine überraschende Wendung wurde am Donnerstagabend im Tauziehen um den Verkauf der Düngemittel- und Melaminsparte von Borealis bekannt. Demnach hat die tschechische Agrofert ein verbindliches Kaufangebot auf Basis des Unternehmenswerts von 810 Millionen Euro gelegt.
Konzern von Ex-Premier Babis
An der Spitze des in Mitteleuropa in den Bereichen Chemie, Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion tätigen Konzerns steht der tschechische Ex-Premier Andrej Babis. Mit einem konsolidierten Umsatz von 7,5 Milliarden Euro im Vorjahr umfasst der Konzern mehr als 200 Unternehmen und beschäftigt rund 31.000 Mitarbeiter.
Erst Anfang März hat die Borealis-Mehrheitseigentümerin OMV als Folge des Ukraine-Krieges den Verkauf der ehemaligen Agrolinz mit 1900 Beschäftigten, davon 700 in Linz an den schweizerisch-russischen Konzern EuroChem abgeblasen. Hauptgrund: Hinter dem Konzern steht der russische Milliardär Andrei Melnitschenko, der seinen Radius in Westeuropa vergrößern wollte – die OÖN berichteten exklusiv.
"Wichtiger Schritt für erfolgreiche Zukunft"
Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (VP) reagierte erfreut auf die jüngste Entwicklung: "Aufgrund des fürchterlichen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine" habe Borealis völlig zu Recht den Deal mit EuroChem abgesagt. Aus Sicht des Standorts Oberösterreich sei es zur Absicherung der Düngemittel-, Melamin- und Stickstoff-Produktion wichtig gewesen, rasch eine Alternative zu finden. Borealis habe mit Agrofert einen strategischen Investor gefunden, "der sicherstellt, dass die Arbeitsplätze und das Know-How des Chemie-Standorts Oberösterreich erhalten bleibt".
Borealis-Vorstandschef Thomas Gangl sprach von einem "wichtigen Schritt für eine erfolgreiche Zukunft unserer Düngemittel- und Melaminsparte". In Kürze sollen die Anhörungsverfahren mit den Arbeitnehmervertretern starten. Den Vollzug der Transaktion erwartet man bei Borealis in der zweiten Jahreshälfte.
Fokus auf Kernaktivitäten
Agrofert ist zudem einer der führenden europäischen Hersteller von Pflanzennährstoffen mit Produktionsstätten in Deutschland, der Tschechischen Republik und der Slowakei. Passend, denn die Borealis hat in ihrem Stickstoffgeschäft Pflanzennährstoffe, Melamin und technische Stickstoffprodukte.
Borealis werde sich weiterhin auf seine Kernaktivitäten konzentrieren, hieß es seitens der Konzerns. Es geht um Lösungen in den Bereichen Polyolefine und Basischemikalien sowie Wege Richtung Kreislaufwirtschaft.