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Kraft aus dem Zentralraum

Von Martin Roithner, 26. September 2020, 00:04 Uhr
Kraft aus dem Zentralraum
Wasserspiele auf dem Welser Stadtplatz: Die zweitgrößte Stadt Oberösterreichs hat ihr Image als reine Messestadt längst abgelegt.

Die Bezirke Wels und Wels-Land punkten mit Lage, Infrastruktur und dem Branchenmix.

Oberösterreichs Zentralraum zählt zu den stärksten Wirtschaftsregionen in ganz Österreich. Maßgeblichen Anteil daran hat die Achse Linz-Wels, deren Bruttoregionalprodukt bundesweit nur von der Hauptstadt Wien übertroffen wird. Standen Wels und seine Umlandgemeinden einst im Schatten von Linz, stehen sie nun der Landeshauptstadt in nichts nach.

Zugpferd der Region Wels und Wels-Land ist die metall-, kunststoff- und silikonverarbeitende Industrie, von der Zuliefer- und Handwerksbetriebe profitieren. Internationale Weltmarktführer haben in Wels und Wels-Land ebenso ihren Sitz wie Traditionsbetriebe und Nischenspieler.

Mit sechs Milliarden Euro Jahresumsatz und 30.000 Beschäftigten an der Spitze liegt der Möbelkonzern XXXLutz, der von Wels aus ein Netz mit 315 Filialen in 13 Ländern gespannt hat. Auch die Pierer Industries AG des Motorradherstellers KTM um Konzernchef Stefan Pierer hat ihren Sitz in Wels. Im Unternehmen arbeiten rund 8000 Beschäftigte, der Umsatz lag im vergangenen Jahr bei 2,1 Milliarden Euro. Das geht aus dem Top-250-Ranking der OÖNachrichten hervor.

Der größte Mineralölhändler Oberösterreichs zieht ebenfalls von Wels aus seine Fäden: Das Familienunternehmen Doppler beschäftigt 574 Mitarbeiter und setzt etwas mehr als eine Milliarde Euro um. Zu den Großbetrieben in der Region zählen auch die Berglandmilch (1542 Mitarbeiter/ 942 Millionen Euro Umsatz), der Marchtrenker Logistik-Spezialist TGW (3415/719), der Gunskirchner Motorenbauer Rotax (1142/653), das Bauunternehmen Felbermayr (2674/637), Richter Pharma (434/600), das Lambacher Transportunternehmen Gartner (4160/558) sowie Intersport (238/311).

Der breite Branchenmix kommt der Region auch in der Coronakrise zugute. Trotzdem ist jeder zehnte Welser derzeit auf Arbeitssuche, sagt Othmar Kraml, Geschäftsstellenleiter des AMS Wels. Bisher hätten 1819 Betriebe im Raum Wels ihre Mitarbeiter zur Kurzarbeit angemeldet. In Summe sind in der Region laut Wirtschaftskammer mehr als 10.000 Unternehmen tätig.

"Erwischt" hat es heuer bereits einen prominenten Arbeitgeber in der Region, allerdings nicht coronabedingt. Der Anlagenbauer Kremsmüller aus Steinhaus bei Wels hat sich bei einem Großauftrag übernommen. 594 Beschäftigte der Kremsmüller Industrieanlagen KG und 533 Beschäftigte der Kremsmüller Industrieservice KG waren von der Pleite betroffen. Es ist in Oberösterreich die bisher größte Insolvenz im heurigen Jahr. Trotzdem hat Miteigentümer Gregor Kremsmüller noch Hoffnung: Im Oktober soll das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung erfolgreich abgeschlossen werden.

Strategie gegen Leerstand

Wie viele andere Betriebe in der Region ist Kremsmüller familiengeführt. Auch beim Sanitärgroßhändler Holter (843/275), dem Seilspezialisten Teufelberger (1300/249) und dem Großbäcker Resch & Frisch (1690/152) hat jeweils die eigene Familie das Sagen. Wels und Umgebung mach

ten als Standort das breite Bildungsangebot mit Höherer Technischer Lehranstalt, Handelsakademie und Fachhochschule attraktiv, sagt Thomas Brindl, Leiter der Wirtschaftskammer Wels.

Im Gegensatz zu anderen starken Wirtschaftsregionen wie dem Inn- und Mühlviertel punkteten Wels und Wels-Land auch mit "perfekter Infrastruktur" – also Straße und Bahn, sagt Brindl. Per Zug ist man von Wels in einer Viertelstunde in Linz und in eineinhalb Stunden in Wien.

Trotzdem plagte Wels lange ein ähnliches Problem wie viele andere Städte: Weil große Einkaufszentren am Stadtrand hingebaut wurden, siedelten viele Händler und mit ihnen auch Kaufkraft aus den Innenstädten ab. Das ließ das Zentrum zusehends veröden. Die Leerstandquote stieg zwischenzeitlich auf mehr als zehn Prozent. Auch die Gastronomie und Hotellerie litten darunter.

Mittlerweile ist die Trendwende geglückt: In der Welser Innenstadt sind 96,5 Prozent der Handelsflächen vermietet. Damit rangiert die Stadt unter den Top-3-Innenstädten in Österreich, wie aus einer Auswertung des Wirtschaftsservice Wels (WSW) hervorgeht. Nur Dornbirn und Salzburg liegen noch vor Wels. Das WSW wurde vor vier Jahren mit dem Ziel gegründet, eine zentrale Anlaufstelle zu sein. Das reicht vom Standortmarketing über die Bereitstellung von Flächen und Immobilien bis hin zur Unternehmensgründung. Mit an Bord sind auch die Wirtschaftskammer und die Business Upper Austria.

Die WSW-Verantwortlichen sehen in der Region großes Potenzial: Zu den 136.421 Einwohnern komme ein Einzugsgebiet von rund einer halben Million Menschen dazu. Luft nach oben gebe es noch bei den Nächtigungen in der Stadt Wels (194.119) und in der Region (299.500). In den Fußgängerzonen der Welser Innenstadt schlendern pro Jahr 5,8 Millionen Besucher.

Messestadt seit 14. Jahrhundert

Dem Lockruf nach Wels folgen traditionell Tausende Messebesucher. Als Höhepunkte gelten das Volksfest, die Energiesparmesse, die Gartenmesse "Blühendes Österreich", die Agro Tier, die Rettermesse und die Berufsmesse "Jugend und Beruf". Heuer wirbelte die Corona-Pandemie den Messekalender durcheinander. Einige Messen wurden abgesagt, andere verschoben, manche fanden mit eigens ausgearbeitetem Sicherheitskonzept statt. Definitiv nicht stattfinden werden heuer die Agraria, die Caravan Salon Austria und die Rettermesse.

Seit 1878 ist Wels gefragte Messestadt. Dabei reichen die Anfänge sogar bis ins 14. Jahrhundert zurück. Damals gab es neben dem zweimal wöchentlich stattfindenden Wochenmarkt auch zwei Jahr- und Pferdemärkte. Der Schwerpunkt lag auf dem Handel mit landwirtschaftlichen Gütern.

Aber nicht nur Messebesucher, sondern auch andere Reisende sollen vermehrt den Weg nach Wels finden. Der Tourismusverband will Wels und die Umlandgemeinden als "Rennrad-Region" samt Pauschalpaketen vermarkten. 2018 fusionierte die Tourismusregion Wels als Folge des neuen Landestourismusgesetzes mit jener in Sattledt. Auch die Region Kremsmünster zählt dazu. Im Vorjahr vermeldete der Verband mit rund 300.000 Nächtigungen einen Rekord. 55 Prozent der Gäste kamen aus dem Ausland, Hauptmarkt ist Deutschland. Heuer müssen die Tourismusbetriebe coronabedingt kleinere Brötchen backen. Die Hoffnungen ruhen auf dem prall gefüllten Messekalender für das nächste Jahr.

€ 51.300 Bruttoregionalprodukt: Nur im Raum Wien ist das Bruttoregionalprodukt österreichweit höher als im oberösterreichischen Zentralraum, zu dem auch die Bezirke Wels und Wels-Land zählen. Das geht aus Daten der Statistik Austria hervor.

10.700 Unternehmen gab es laut Wirtschaftskammer im Vorjahr in den beiden Bezirken: 5700 Unternehmen in Wels, rund 5000 in Wels-Land.

544 Gründungen: Insgesamt wurden im vergangenen Jahr in der Region 544 Unternehmen neu gegründet: 226 in Wels, 318 in Wels-Land.

136.421 Einwohner leben in den beiden Regionen: In der Stadt Wels sind es 62.625 Einwohner, in Wels-Land 73.796. Das potenzielle Einzugsgebiet liegt bei rund 500.000 Einwohnern.

10,9 Prozent: So hoch war mit Ende August die Arbeitslosenquote in der Stadt Wels. In Wels-Land liegt sie bei 6,1 Prozent. In Wels arbeiten 29.109 unselbstständig Beschäftigte, in Wels-Land 30.093.

 

 

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Autor
Martin Roithner
Redakteur Wirtschaft
Martin Roithner

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