Von männlichen Tränen und fragwürdigen Farbwelten
Geschlechterklischees sind in unserer Gesellschaft immer noch omnipräsent. Doch was passiert, wenn junge Männer das Thema Gleichberechtigung aktiv angehen und wir endlich aufhören, die Welt unserer Kinder in Rosa und Blau zu sortieren?
Ein Junge muss stark sein, ein Mädchen einfühlsam. Solche Stereotype und Rollenerwartungen sind heutzutage leider noch weit verbreitet. Den Geschlechtern werden typische Verhaltensweisen oder Eigenschaften zugeschrieben: Macht, Stärke und Intelligenz den Männern, Emotionen, Fürsorglichkeit und Ängstlichkeit den Frauen.
Selbsterfüllende Prophezeiung
Diese Stereotype sind jedoch kein Resultat der Biologie, sondern entstehen in Kulturen und Gesellschaften. Es sind Rollenbilder, in die nicht annähernd alle Menschen hineinpassen. Sie steuern nicht nur die Fremdwahrnehmung, sondern beeinflussen auch die Selbstwahrnehmung und das Verhalten der adressierten Personen.
Daher wirken sie oft wie sich selbst erfüllende Prophezeiungen und führen zum Beispiel dazu, dass Menschen hinter ihrem Potenzial zurückbleiben. Geschlechterstereotype schränken alle Geschlechter ein – Männer, Frauen, trans-, intergeschlechtliche, nichtbinäre Menschen – und verhindern Chancengleichheit. Im beruflichen Kontext werden zum Beispiel Frauen oft benachteiligt. Personen erwarten aufgrund von Geschlechterstereotypen, dass Frauen die Kompetenz in bestimmten Bereichen – wie Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – oder die Durchsetzungskraft für Führungspositionen fehlt. Das führt dazu, dass Frauen seltener eingestellt oder befördert werden.
Lehrkräfte als Vorbilder
Bei der Auseinandersetzung mit Geschlechterbildern nehmen Lehrpersonen eine Schlüsselrolle ein. Geschlechtersensible Pädagogik hat zum Ziel, die Entfaltungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen weit offen zu halten. Sie fördert die jungen Menschen in all ihren Stärken und Fähigkeiten – unabhängig davon, ob sie stereotypen Rollenbildern entsprechen oder nicht.
Unter "geschlechtersensibel" versteht man, darauf zu achten, wo es zu Vorannahmen und Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts kommt, und dagegenzuwirken – mit dem Ziel, ein differenziertes Denken jenseits bipolarer Geschlechterbilder zu entwickeln.
Gegen den Druck, stark und dominant sein zu müssen
Stereotype sind nicht harmlos, sondern haben, wie bereits erwähnt, große Auswirkungen auf alle Geschlechter. Auch Männer haben damit zu kämpfen. Unter anderem können veraltete Rollenbilder dazu führen, dass Männer Probleme damit haben, Emotionen auszudrücken.
Schon junge Burschen leiden oft sehr unter den einschränkenden Geschlechterrollen. Früh wird von ihnen erwartet, dass sie durchsetzungsfähig sind, nicht weinen, nicht über Gefühle sprechen und sich körperlich beweisen können. Verletzlichkeit zeigen, schüchtern sein, vielleicht sogar Ballett tanzen – all das sieht das klassische Konzept von Männlichkeit einfach nicht vor. Dabei führen genau diese Vorstellungen dazu, dass Männer häufiger Risiken eingehen, seltener eine Therapie machen und mitunter ihre Leidenschaften und Vorlieben nicht so ausleben können, wie sie es gerne würden.
Seine Emotionen zu unterdrücken, kann auf lange Sicht Depressionen oder sogar unkontrollierte Aggressionen auslösen. Hier setzt das Projekt "Heroes" aus der Steiermark an. Es arbeitet präventiv mit jungen Männern aus sogenannten ehrkulturellen Milieus, die sich für ein gleichberechtigtes Zusammenleben von Frauen und Männern einsetzen.