"Es kommt mehr denn je auf die Ausbildung an"
Gerhard Strasser, Chef des AMS Oberösterreich, spricht über Branchen und Berufe mit den besten Zukunftsperspektiven
Der Arbeitsmarkt hat die Corona-Pandemie schwer zu spüren bekommen. Viele Menschen haben ihren Job verloren, andere befinden sich seit vielen Monaten in Kurzarbeit. Manche Branchen haben während des Lockdowns keine Chance zu wirtschaften. "Die Krise hat gezeigt, welche Berufe systemrelevant sind", sagt Gerhard Strasser, Geschäftsführer des AMS Oberösterreich. Künftig käme es mehr denn je auf die Ausbildung an, um sich wenig Sorgen um einen Arbeitsplatz machen zu müssen.
"Es gilt nach wie vor, dass das untere Limit ein Lehrabschluss ist", sagt Strasser. Wer einen solchen in der Tasche habe, sei nur zu einem Viertel von Arbeitslosigkeit betroffen. Dabei käme es vor allem auch auf die Branchen an. Das Handwerk stehe in dieser Hinsicht ganz vorne. "Alles, was mit Handwerk zu tun hat, hat Zukunft, auch in der jetzigen Phase", sagt der AMS-Chef.
Gleich darauf folge der Bereich Industrie und Gewerbe. Hier gehe es vor allem um die Bereiche Metall, Mechatronik, aber auch Kunststoff und Holz. Die Sparte Bau- und Baunebengewerbe habe die Krise bisher relativ glimpflich überstanden. Auch hier gebe es künftig gute Chancen für Facharbeiter. "Dazu gehören klassische Berufe wie Maurer, Zimmerer oder Spengler", sagt Strasser.
Schwer getroffen in der Krise wurde dagegen die Gastronomie. Dennoch sieht der Geschäftsführer des AMS Oberösterreich künftig in dieser Branche gute Jobchancen. "Während der Krise sind viele Mitarbeiter in andere Branchen abgewandert. Vor der Krise gab es aber schon großen Bedarf an Mitarbeitern. Sobald sich die Branche erholt hat, wird es dementsprechend eine große Nachfrage nach Personal geben." Wo es jetzt schon eine große Nachfrage gebe, sei der Bereich Gesundheit und Pflege. "Man braucht sich nur die Altersdemografie in Österreich anzusehen. Die Bevölkerung wird älter und dementsprechend braucht es künftig ein Plus an Pflegekräften", weiß Strasser. Genauso seien andere traditionelle Krankenhausberufe gefragt.
Bei sozialen und pädagogischen Berufen sieht Strasser künftig ebenso Bedarf. Das betreffe den Kindergarten gleichermaßen wie Schulen. "Es gibt jetzt bereits Engpässe und diese werden sich in Zukunft verschärfen. Das ist ein langfristiges Thema. Die Kinderbetreuung wird immer gefragt sein."
Technische Berufe seien in Zukunft genauso gefragt wie bereits vor der Krise. "HTL-Abgänger und Absolventen eines technischen Studiums brauchen sich keine Sorgen zu machen", sagt Strasser. Das gelte für alles, was im weitesten Sinne mit Technik und gerade mit IT zu tun hat. "Das ist der zukunftsträchtigste Bereich." Dabei gelte, je höher die Qualifikation, desto bessere Chancen. "Mit solch einer Ausbildung können sich die Jugendlichen bei Bedarf auch international orientieren, denn Techniker und IT-Leute sind weltweit gefragt."
Digitalisierung als Zwiespalt
Im kaufmännischen Bereich gelte die Nachfrage vor allem für spezifische Bereiche, wie beispielsweise die Steuerberatung. "Hier kann es sein, dass in manchen Bereichen die Digitalisierung in Zukunft Jobchancen schmälert. Im technischen Bereich dagegen ist die Digitalisierung ein Jobmotor", erklärt Strasser.
Auch die Verwaltung habe sich in der Krise als systemrelevant gezeigt. In Gesundheitsämtern und anderen Einrichtungen sind in der Krise auch neue Jobs geschaffen worden. Ob das allerdings zukunftsträchtig sei, ist die Frage, sagt Strasser: "Ich vermute eher, dass nach der Bewältigung der Krise in diesen Bereichen wieder gespart wird."