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Dieser Beruf geht unter die Haut

Von Daniela Ullrich   14.Februar 2019

Die Firma „Siegfried Scheuchl“, die bei der Wirtschaftskammer Oberösterreich der Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure Innung zugeteilt ist, kennt wohl kaum jemand. Nicht nur Freunde der Körperbemalung wissen aber um welches Geschäft es geht, wenn „vom Sigi“ die Rede ist. Der 58-Jährige ist seit 34 Jahren als Tätowierer tätig. Damals war er in Österreich der Erste seiner Zunft.

Wie kam es dazu? Nach der Schulausbildung absolvierte der Linzer bei Plasser und Theurer eine Maschinenschlosser-Lehre, nach drei weiteren Berufsjahren schmiss er hin um seinen ursprünglichen Plan, "Kickboxprofi werden", zu verfolgen. „Daraus wurde aber leider nichts“, sagt der nach wie vor durchtrainierte Sportler, der zu dieser Zeit einen Tätowierer in Stuttgart kennenlernt. Dieser ist schnell von Sigis Motiven begeistert. „Ich war immer schon passionierter Zeichner und zeigte ihm meine Arbeiten. In Deutschland bekam ich dann die Chance an freiwilligen Opfern meine ruhige und künstlerische Hand unter Beweis zu stellen.“

Nur für „wilde Hunde“

Zu dieser Zeit ist Tätowieren bei weitem nicht en vogue und noch den „wilden Hunden“ vorbehalten. Anfang 1985 bewarb sich Sigi um einen Gewerbeschein, wurde belächelt und an die Ärztekammer verwiesen. Diese wusste auch nicht recht weiter. „Die einzigen Bedingungen waren, mich an hygienische Richtlinien zu halten, die mir aber niemand nennen konnte. Mein Lehrmeister in Deutschland hat stets steril und sauber gearbeitet, er hat mich mit Tipps versorgt und mir eine Ausbildungsbestätigung ausgestellt – somit hatte niemand etwas gegen mein freies Gewerbe. Ich glaube, ich bin heute der einzige der „Tätowierer“ am Gewerbeschein stehen hat. Jetzt gehören wir nämlich zu den Kosmetikern“, sagt Sigi, der anfangs nur „in der Szene“ bekannt war.

Seine guten Kontakte zur Bikerszene halfen ihm dabei sich nach und nach einen guten Namen zu machen. 1989 schließlich begann das Geschäft zu florieren, Anstoß dazu war der Sieg bei einer Convention (eine Ausstellung für Tätowierer, Tätowierte und alle, die sich für das Thema Tätowieren interessieren, Anm.) in England. Ein Jahr später wurden erstmals die OÖN auf den Hautkünstler aufmerksam, was das Geschäft zusätzlich ankurbelte.

„Damals kostete ein Tattoo rund 500 Schilling, heute liegt der Stundentarif bei 100 Euro", sagt Scheuchl, der seinen vielen Stammkunden spezielle Tarife bietet: „Ich habe Leute die kommen seit 30 Jahren, meine Kunden sind meine Freunde“.
Das Schöne an seinem Beruf? „Es ist ein super Gefühl, dass ich tausenden Leuten unter die Haut gegangen bin. Mich freut, dass mir die Kunden so viel Vertrauen entgegen bringen. Das  schönste Kompliment ist, wenn jemand immer wieder kommt und mir seine Haut zur Verfügung stellt. Das ist keine Selbstverständlichkeit, darum bedanke ich mich auch immer bei meinen Kunden.“
Pro Tag schafft der Künstler im Schnitt zwei Bilder, eine ruhige Hand und volle Konzentration sind dabei Voraussetzung.

In die Wiege gelegt

Sein Zeichentalent hat der Meister offenbar seinem 32-jährigen Sohn Marc vererbt, der seit Kindesbeinen an davon spricht, in Papas Fußstapfen zu treten. Mit 16 Jahren begann der Spross mit der  Ausbildung bei seinem Vater im Studio: „Ich sagte ihm von Anfang an, wenn er nicht gescheit tut, muss er etwas anderes lernen“, so der Lehrmeister. Mit 18 Jahren räumt der Nachwuchs-Tätowierer bereits erste Preise bei Conventions ab. „Marc hat richtig Gas gegeben und sich so reingehängt, dass er mich längst in den Schatten stellt. Er hat seine ganz eigene Stilrichtung gefunden und lebt seinen Beruf“, sagt der stolze Vater.

„Das ist doch kein Beruf!“

Auch Tochter Nicole ist im Familienunternehmen tätig. Die 40-Jährige hat das Handwerk ebenfalls mit 16 Jahren vom Papa gelernt. „Damals waren Frauen eine Rarität“, sagt die Linzerin, die sich im Laufe der Zeit auf ganz feine Arbeiten spezialisiert hat. „In der Schule wurde ich schief angesehen, weil Tätowiererin nicht angesehen war. ‚Das ist doch kein Beruf!‘ hörte ich nicht nur einmal“, sagt Nicole die ihre Entscheidung nie bereut hat, auch wenn sie anfangs mit Vorurteilen zu kämpfen hatte und belächelt wurde. „Ich bin froh, dass ich mich durchgesetzt habe, ich könnte mir keinen besseren Job vorstellen“, sagt die Mama eines 13-jährigen Sohnes, der sich für die Tätigkeit seiner Mutter nur mäßig interessiert.

Mitarbeiter „Mac“ ist vor rund 10 Jahren zum Scheuchl-Team dazu gestoßen und hat sich gut im Familienunternehmen etabliert. „Jeder von uns hat so seine Nischen und zusammen sind wir ein perfektes Team“, sagt Sigi, der sein Familienunternehmen sehr zu schätzen weiß. „Mit der Familie arbeiten ist super! Ich kann mich auf sie verlassen und ohne Sorgen auf Urlaub fahren.“

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28. März 2024