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Die Rolle der Sanktionen im Ukraine-Krieg

19. März 2022, 00:04 Uhr
Die Rolle der Sanktionen im Ukraine-Krieg
Walter Summersberger Bild: JKU

LINZ. Wie kann die Sicherheit in der Ukraine wiederhergestellt werden? Mit dieser Frage beschäftigten sich vier Experten bei einem Onlinegespräch der JKU. Der Hamburger Rechtsanwalt Lothar Harings und Professor Sigmar Stadlmeier suchten die Antwort in Sanktionen und Völkerrecht.

"Die Staatenpraxis zeigt, dass Sanktionen ein legitimes Mittel sein können, um ihrerseits Völkerrechtsverletzungen oder Menschenrechtsverletzungen in dem sanktionierten Staat entgegenzuwirken", sagt Walter Summersberger vom JKU-Forschungsinstitut für Zoll- und Außenwirtschaftsrecht. Sanktionen seien immer eine "Ultima ratio", wenn Verhandlungen, wenn auch nur zunächst, gescheitert sind.

Die Rolle der Sanktionen im Ukraine-Krieg
Lothar Harings Bild: JKU

Doch wie scharf müssen Sanktionen sein, um Russland wirklich von der Weiterführung des Angriffskriegs abzuhalten? "Die schärfste Sanktion wäre das viel diskutierte Einfuhrverbot für Erdöl und Erdgas aus Russland", sagt Lothar Harings. "Auch ein komplettes Importverbot für Ursprungswaren aus Russland wie derzeit etwa für die Krim wäre denkbar." Je stärker die Maßnahmen, desto größer seien aber auch die Auswirkungen auf die EU-Wirtschaft.

Mehr zur Debatte der beiden Experten über die Sanktionen:

Wie sind die Sanktionen völkerrechtlich vertretbar? Welche Art von Sanktionen gibt es?

Wie weit können Sanktionen gehen? Welche Bereiche dürfen sie betreffen, ohne als völkerrechtswidrig zu gelten?

Sanktionen sind im Völkerrecht anerkannt. Wenn sie auf einen Beschluss des UN-Sicherheitsrats gestützt werden, haben sie eine völkerrechtliche Legitimation durch den UN-Sicherheitsrat. Der Gegenschluss, dass Sanktionen, die nicht auf einem UN-Sicherheitsratsbeschluss beruhen, völkerrechtswidrig wären, lässt sich aber nicht ziehen. Die Staatenpraxis zeigt, dass Sanktionen ein legitimes Mittel sein können, um ihrerseits Völkerrechtsverletzungen oder Menschenrechtsverletzungen in dem sanktionierten Staat entgegenzuwirken. 

Es gibt verschiedene Arten von Embargos/Sanktionen, angefangen vom Waffenembargo, Embargos gegenüber verschiedenen Wirtschaftszweigen (Luftfahrt, Schiffahrt, Energie, Banken, Versicherungen etc.) und Technologieprodukten  und Personen bis hin zum Luxusgüterembargo, das in der letzten Sanktionsrunde der EU verhängt worden ist. Besondere Bedeutung kommt den sog. Listungen von Personen und Unternehmen zu, die ein Einfrieren des Vermögens und das Verbot, gelisteten Personen unmitelbar oder mittelbar wirtschaftliche Ressourcen zuzuwenden, beinhalten. Die EU hat in den letzten Jahren sog. „smart sanctions“ erlassen, also Sanktionen, die zielgerichtet die Wirtschaft und Entscheidungsträger im sanktionierten Land treffen sollen, ohne jedoch die Zivilbevölkerung zu sehr in Mitleidenschaft zu ziehen – gänzlich verhindern lässt sich das allerdings nicht, da Sanktionen sich immer auf die wirtschaftliche Situation insgesamt in einem Land auswirken und etwa zu Inflation, Arbeitslosigkeit und einem Rückgang des Wohlstands führen (sollen). Diese Entwicklung kann man schon jetzt in Russland bemerken: Die russische Wirtschaft ist derzeit gelähmt.

 

Sind Sanktionen ein probates Mittel, um Konfrontationen vorzubeugen oder zögern sie sie lediglich hinaus?

Sanktionen sind immer „ultima ratio“, wenn Verhandlungen (zunächst) gescheitert sind. Sie können die technologische Entwicklung und die Ressourcen in einem Land treffen, haben aber selten wirklich im entscheidenden Sinn den Einfluss, Konfrontationen zu vermeiden oder unmittelbar zu beenden – sie sind ein Baustein in der internationalen Sicherheitspolitik. Sie sind aber jedenfalls kriegsvermeidend, weil ein Scheitern von Verhandlungen nicht automatisch zu kriegerischen Konflikten führt, sozusagen eine Zwischenstufe eingezogen wird, die wiederum Verhandlungsbereitschaft auslösen kann.

 

Welche Sanktionen gegen Russland wären weiterhin denkbar? Kann der Katalog noch ausgebaut werden? Persönliche Einschätzung: Werden die Sanktionen Putins Handeln eindämmen? Gar beenden?

Die schärfste Sanktion wäre der tatsächlich das viel diskutierte Einfuhrverbot für Erdöl, Erdgas und petrochemische Produkte aus Russland; auch ein komplettes Importverbot für Ursprungswaren aus Russland (wie derzeit etwa für die Krim bestehend) wäre denkbar. Auch könnten sämtliche russischen Banken von SWIFT ausgeschlossen oder der Zahlungsverkehr mit Russland insgesamt eingeschränkt bzw. untersagt werden. Es gibt folglich noch Steigerungsmöglichkeiten, allerdings auch mit weitreichenden Auswirkungen für EU-Unternehmen. Es ist wichtig zu sehen, dass unter Sanktionen nicht nur das sanktionierte Land, sondern gleichermaßen auch die EU-Wirtschaft leidet – einzelne Unternehmen in sehr starkem Maße bis hin zu Insolvenzen. So betrachtet müssen Sanktionen auch von der EU immer gut durchdacht sein, weil sie mittel- langfristig wirken sollen. Neben den klassischen Sanktionen hat die EU nun auch steuerlich reagiert: Die besetzten ostukrainischen Gebiete wurden aus dem Anwendungsbereich des Freihandels herausgenommen, Importe aus diesen Regionen werden für die EU-Wirtschaft teurer. Ergänzend hat die Union nun auch die steuerliche Meistbegünstigungsklausel nach dem WTO-Recht für Russland gestrichen, Importe aus Russland werden deswegen vermutlich empfindlich teurer. Damit ist die EU nicht alleine, auch Kanada hat schon angekündigt Zölle um 35% zu verhängen. Russland wird sozusagen Schritt für Schritt auch hinsichtlich des WTO-Rechts isoliert.

 

Nach unserer Einschätzung werden die Sanktionen nicht den entscheidenden Beitrag leisten – sie führen aber dazu, dass die wirtschaftlichen und politischen Kosten des Krieges für den Kreml so hoch sind, dass die Bereitschaft zu einer politischen Lösung sicher gefördert wird. Es kommt aber auch darauf an, inwieweit sich die russische Bevölkerung mit Putin identifiziert, welches Narrativ greift. Die Sanktionen 2014 haben Putin innerhalb der russischen Gesellschaft eher gestärkt. Die Situation 2014 ist aber mit heute nicht mehr vergleichbar, weil die Sanktionen weitreichender sind. Im Ergebnis sind Sanktionen aber Teil eines Maßnahmenpakets neben politischen, militärischen und sonstigen Erwägungen, die hoffentlich zu einem Ende des Krieges führen.

 

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