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?Durchforsten wir doch, was es an Regeln braucht?

Von Susanna Sailer   08.Juni 2018

Franz Schrank gilt als Koryphäe auf dem Gebiet des österreichischen Arbeits- und Sozialrechts. Diese Woche hielt er auf Einladung der ARS – Akademie für Recht, Steuern und Wirtschaft zwei Seminare in Linz. Sein Fazit: „Wir haben eine viel zu überbordende Gesetzeslast.“

karriere.nachrichten.at: Ist das Arbeits- und Sozialrecht in Österreich noch zeitgemäß?

Franz Schrank: Nicht wirklich. Ein Trend der letzten Jahre war, dass sich der Staat in private Arbeitsverhältnisse immer mehr einmischt – mit Verwaltungsstrafen, Behördenkontrollen oder der Finanzpolizei. Österreich hat ein sehr hohes gesetzlich vorgeschriebenes Potential, und zwar mehr als Deutschland. Durchforsten wir doch endlich, was ein Arbeitsverhältnis tatsächlich an Regeln braucht! Da bleibt immer noch viel übrig. Mir geht es nicht um Demontage, sondern darum, Abläufe zu vereinfachen.

Wie viele Kollektivverträge gibt es in Österreich?

Es gibt ungefähr 860 Kollektivverträge, von denen rund 450 jedes Jahr verhandelt werden. Für jeden gelten unterschiedliche Normen und Entlohnungssysteme. Das wird übertrieben und bedarf einer Reform.

Wird es mit der Gleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten leichter?

Nein. Hindernisse bei der Vereinheitlichung sind gerade die unterschiedlichen Kollektivverträge. Wenn ich mir das Paket ansehe, das im Vorjahr beschlossen wurde, so handelt es sich eigentlich um eine Vereinheitlichung zu Lasten der Arbeitgeber. Es ist eine Angleichung nach dem Rosinenprinzip. Alles, was in einem Arbeitervertrag für Arbeiter günstiger ist, bleibt aufrecht.

Das Regierungsprogramm sieht vor, einen Zwölf-Stunden-Tag einzuführen. Mit weniger Entlohnung für Arbeitnehmer?

Ich glaube nicht, dass die Regierung den Leuten die Überstundenzuschläge wegnehmen will. Aber das Programm ist unvollkommen formuliert. Ich denke, die Normalarbeitszeitgrenze wird trotzdem bei neun oder zehn Stunden bleiben. Strittig werden könnte es bei gleitender Arbeitszeit. Hier durfte bisher ohne Sonderüberstunden bis zu zehn Stunden gearbeitet werden. Die Möglichkeit wird auf zwölf Stunden angehoben. Wenn ein Mitarbeiter aus Eigeninteresse an einem Tag länger arbeiten will, um an einem anderen Tag nicht zu kommen, stellt sich aber die Frage, ob er das selbst entscheiden darf, oder ob er dafür die Einwilligung des Arbeitgebers braucht. Wenn jemand selbst entscheidet, mehr als zehn Stunden zu arbeiten, weil er dafür Überstunden bekommt, ist das kontraproduktiv.

Wie stehen Sie zu den restriktiven Verwaltungsstrafen, die Arbeitgeber treffen?

Die treffen auch die Arbeitnehmer, wie das Beispiel eines OGH-Entscheids zeigt. Schert sich ein Mitarbeiter bei seinem Arbeitszeitpensum nicht um die Höchstgrenzenanordnungen seines Arbeitgebers, indem er so lange arbeitet, wie er will, muss ihn der Arbeitgeber daran hindern. Er muss notfalls ein Vorbeugesystem haben, damit der Mitarbeiter ihm folgt. Wenn dieser dennoch weiterarbeitet, muss der Arbeitgeber ihn kündigen oder fristlos entlassen. Der Arbeitszeitschutz richtet sich somit auch gegen Mitarbeiter. Sie dürfen nicht selbst entscheiden, fünf Minuten über die Zeitgrenze zu arbeiten. Hier plädiere ich für mehr Maß. Doch der Staat sagt einfach: Du, Arbeitgeber, bist schuld. Beweise, dass du nicht schuld bist. Das entspricht nicht dem Denken eines Rechtsstaates. Ich glaube, wir sind am Grat, die Grenze zu überschreiten, bei der der Nutzen geringer ist als der Schaden, den ein Immer-mehr an Gesetzen anrichtet.

 

Zur Person und nächstes Seminar

Franz Schrank lehrte Arbeits- und Sozialrecht an der Uni Wien und leitete das Institut für Wirtschafts- und Standortentwicklung der Wirtschaftskammer Steiermark.

Am 2. Juli holt ihn die ARS wieder nach Linz. Thema: Anlassbezogene Vereinbarungen und Arbeitgeberschreiben im aufrechten Arbeitsverhältnis. Infos hier.

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