In Hotellerie und Gastronomie herrscht gebremster Optimismus
WIEN. Der heimische Tourismus durchlebt einen durchwachsenen Sommer. Die Hotellerie- und Gastronomiebetriebe sind gebremst optimistisch unterwegs.
Gut ein Drittel (36 Prozent) rechne mit einer weniger guten Buchungslage als vor einem Jahr, nur 17 Prozent schätzten die Buchungen heuer besser ein als 2023, berichtete der Obmann des Fachverbands Hotellerie in der Wirtschaftskammer Österreich, Johann Spreitzhofer, am Dienstag in einer Pressekonferenz unter Verweis auf eine Umfrage.
Zwar hätten mehr als drei Viertel (78 Prozent) der Hotelbetriebe angegeben, dass die aktuelle Sommersaison positiv verlaufen werde. Das sei aber "ein leichter Stimmungsabfall gegenüber dem Vorjahr" - da waren es 83 Prozent. "Die Umfrage zeigt, dass es im heurigen Jahr nicht mehr ganz so gut wie im Vorjahr läuft, sagte Spreitzhofer. "Es herrscht trotz guter Nächtigungsentwicklung ein gebremster Optimismus in der Branche."
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Stabile Umsätze und höhere Kosten
"Die Stimmungslage in der Gastronomie ist verhaltener als in der Hotellerie", hielt der Obmann des Fachverbandes Gastronomie, Mario Pulker, fest. "Für 34 Prozent der Betriebe läuft es weniger gut und sie haben mit Umsatzrückgängen zu kämpfen." Rund die Hälfte habe stabile Umsätze, für 17 Prozent laufe es besser als im Vorjahr. Gleichzeitig sind höhere Kosten zu stemmen. Zu den größten Belastungen gehörten der teurere Zinsendienst für Kredite, die KV-Erhöhungen für die Löhne, die "immens gestiegenen Energiekosten", aber auch die Versicherungskosten. "Das alles hat ein Betrieb zu schultern", so der Branchensprecher.
Im städtischen und im touristischen Bereich sei es für die Wirte leichter, die Preise durchzusetzen "als am Land draußen". "Dort haben wir ein Gasthaussterben." Auch jene mit steigenden Umsätzen bzw. Nächtigungszahlen seien heuer "leider im Ertrag rückläufig - in der Gastronomie und in der Hotellerie". Nur 5 Prozent der Betriebe hätten die erhöhten Kosten "komplett weitergeben können"; ein Viertel habe sie "teilweise" in Form von Preiserhöhungen an den Gast überwälzt. "Die Hälfte sieht sich gezwungen, die Erhöhungen selbst zu tragen", so Pulker.
76 Prozent der Betriebe spüren laut Umfrage, dass die Gäste sparsamer sind. Die Hälfte der Befragten gab an, dass die Gäste weniger ausgeben und weniger konsumieren - 50 Prozent erkennen das heuer auch am geringeren Trinkgeld.
"Extreme Kurzfristigkeit"
Die Prognosen für den wichtigsten Sommermonat August und für den Herbst seien aber "sehr gut". Die Vorausplanung für die Betriebe sei aber äußerst schwierig, "weil wir die extreme Kurzfristigkeit haben", betonte der Branchensprecher. Manche buchten sogar während der Fahrt in den Urlaub, berichtete Spreitzhofer. "Eine kurzfristige Buchung von ein bis zwei Tagen ist schon die Normalität." Das sei betreffend Planung eine Herausforderung für die Betriebe, zum Beispiel bei der Erstellung der Dienstpläne.
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"Die Kurzfristigkeit der Buchungen hat enorm zugenommen - das passiert auch über die Buchungsplattformen", so Spreitzhofer. Einer Studie des Fachverbands gemeinsam mit dem europäischen Dachverband des Gaststättenwesens Hotrec (Hotels, Restaurants & Cafés) zufolge arbeiteten in Österreich bereits 80 Prozent der Hotels und 43 Prozent der Gastrobetriebe mit Online-Buchungsplattformen und Online-Lieferdiensten zusammen. "Ohne diese Plattformen ist man für Gäste unsichtbar", räumte Spreitzhofer ein. Zwei Drittel der Betriebe schätzten, dass "man gefunden wird". Ebensoviele hätten aber auch angegeben, dass der Preisdruck durch die Plattformen steige.
Events pushen Nachfrage nach Hotelbetten
Events wie die Konzerte von Taylor Swift pushen die Nachfrage nach Hotelbetten; die Fußball-Europameisterschaft soll auf die Gastronomie einen "leicht positiven Effekt" haben, in der Hotellerie sei die EM eher negativ. "Je länger das deutsche Team dabei ist, desto länger bleiben die Deutschen zuhause", so die Vermutung. Die Megapleite des Reiseveranstalters FTI hätten die Hotels kaum zu spüren bekommen, die Reisebüros aber sehr wohl. "Im Vergleich zu anderen Insolvenzen bei Reiseveranstaltern war die Betroffenheit für die Hotelbranche eine eher gering - eine größere Betroffenheit gab es bei den Reisebüros", sagte die Geschäftsführerin des WKÖ-Fachverbands Hotellerie, Maria Schreiner.
Die Umfrage zur Stimmungslage in der Branche führte das Market-Institut heuer im Juli durch. 600 Betriebe wurden befragt - 300 aus der Hotellerie und 300 aus der Gastronomie.
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