WKÖ-Öffnungsgipfel: Veranstalter berichten von Frust und Verzweiflung
Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer hat heute zu einem ganztätigen "Öffnungsgipfel" geladen, in dem zahlreiche Branchenvertreter ein Wiederaufsperren der Gastronomie, Hotellerie, von Kunst- und Kulturstätten, Kinos sowie Freizeit- und Sportbetrieben im März forderten. Einmal mehr wurde auf die eigenen Sicherheitskonzepte verwiesen, die hohen Infektionszahlen - heute wurden 2.391 Neuinfektionen gemeldet - seien zu einem erheblichen Teil den vielen Testungen geschuldet.
Dass bei weiteren Öffnungsschritten wieder die Fallzahlen steigen, ist klar, meinte Umweltmediziner Hans-Peter Hutter zum Beginn der Veranstaltung. Man müsse aber auch die Rate der Positivmeldungen in Bezug zu den Tests sehen. Contact-Tracing und Test könnten vor einer dritten Welle schützen. Unterm Strich befürwortete Hutter eine Öffnung unter den entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen. Zuvor hatte schon Mahrer betont: "Was nicht geht, ist keine Perspektive." Und WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf ergänzte: "Wir erwarten uns noch erste Öffnungsschritte im März, am besten am 15."
Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) ließ im Vorfeld der Veranstaltung in einer Aussendung offen, wann die Branchen öffnen können - das will die Regierung am Montag nach Beratungen mit Experten, Opposition und Ländervertretern entscheiden. In der Wirtschaft wächst jedenfalls der Druck. Ein düsteres Bild für die nächsten Jahre zeichnete hier Sacher-Chef Mathias Winkler. Erst in den Jahren 2024 oder 2025 werde die Hotellerie wieder Gewinne einfahren, die Investitionen erlauben.
Gastro-Fachverbandsobmann Mario Pulker verteidigte heute die ursprüngliche Ablehnung der Masken- und Testpflicht durch die Wirte. Hier habe es auch bei den Gästen ein Umdenken und eine neue Akzeptanz gegeben. "Die Gäste haben sich an vieles gewöhnt", ergänzte Hotellerie-Fachverbandsobfrau Susanne Kraus-Winkler. Das Coronavirus sei "gekommen um zu bleiben". Und auch die Mitarbeiter würden die Sicherheitsmaßnahmen "mit Freuden annehmen", so Karin Rosenberger von der Donau Lodge Ybbs (NÖ). Die Gastronomen waren sich einig: Am 15. März muss aufgesperrt werden. "Mit ein bissl Gas geben" werde sich das schon ausgehen. Die Reiseveranstalter wiederum haben heute geschlossen den Plan von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) begrüßt, sich für einen grünen Impfpass in der EU stark zu machen. "Wir können ohne offene Grenzen nicht existieren", so deren Fachverbandsobmann Gregor Kadanka. Lob für die staatliche Unterstützung bisher kam von Christof Papousek, Chef der Cineplexx-Kinos, diese sei "toll" gewesen. Besonders von der Coronapandemie betroffen zeigte sich Christian Hörl vom Fitnessanbieter myvita. Seine Branche sei sieben von zwölf Monaten zugesperrt gewesen - obwohl es nachweislich keinen einzigen Ansteckungsfall in den Fitnesscentern gegeben habe. Matthias Schiffer vom Tennisanbieter Europahalle meinte trocken: "Die Saison ist zerstört." Dramatische Worte fand heute auch Wolfgang Suitner von der Fachgruppe Freizeit- und Sportbetriebe: "Die Stimmung schwankt zwischen Frustration und Verzweiflung. Wir haben die volle wirtschaftliche Breitseite abbekommen." Klare Worte fand auch Ewald Tatar von Barracuda Music ("Nova Rock"), der der Politik vorwarf, nicht genug Mut zu Entscheidungen zu haben. Man solle klar sagen, ab welcher Personenanzahl Konzerte im Freien möglich seien. "Es ist nix, diese Stille ist mittlerweile nervig", meinte er. Auf eine besondere Herausforderung wies Elisabeth Brandl vom Hochzeitsbetreuer Wedding Vienna hin: Es gebe auch einen ästhetischen Anspruch, der bei einer Braut mit Mundschutz leide.
NEOS: Schanigärten ab 13. März öffnen, Gastro ab 27. März
Die NEOS fordern ab Anfang März weitere Öffnungsschritte aus dem Lockdown. Beginnen soll das am 6. März mit der Öffnung von Kultur- und Sportveranstaltungen sowie am Montag darauf mit den Unis. Am 13. März sollen die Schanigärten folgen, am 20. März die Beherbergungsbetriebe und am 27. März dann die Gastronomie, so die NEOS am Donnerstag. Eine "rote Linie" sieht Parteichefin Beate Meinl-Reisinger bei einer 7-Tages-Inzidenz von 200, allerdings nur bei den Über-75-Jährigen.
Gemeinsam mit den Schanigärten am 13. März wollen die NEOS auch den Amateur- und Breitensport im Freien (ohne Wettkämpfe) wieder starten, skizzierte NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker den "4-Stufen-Öffnungsplan" seiner Partei. Verknüpft werden müssten all diese Schritte mit einer Testpflicht und Sicherheitskonzepten sowie nur 50 Prozent Auslastung. Es sei besser, die Menschen treffen sich getestet in einem Restaurant als ungetestet zuhause, dies gelte insbesondere zu Ostern, begründete Loacker den Vorschlag, die Gastronomie mit Beginn der Osterferien aufzusperren.
Stelzer: "rasch stufenweise Öffnungsschritte"
Auch Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) meinte, dass es "rasch zu stufenweisen Öffnungsschritten kommen muss, wenn sich die Gesamtsituation weiter so entwickelt". Ein ewiges Zu- oder Wegsperren sei "weder gesellschaftlich noch wirtschaftlich" verkraftbar. Das Aufsperren der Gastronomie, die an die Grenzen der Belastbarkeit stoße, sieht er als "richtigen Weg". Aber auch im Kulturbereich müsse "der nächste Akt der Öffnung geschehen". Gastronomie, Tourismus und die Kultureinrichtungen hätten schließlich funktionierende Sicherheitskonzepte, meinte der Landeshauptmann weiter. Eine praktikable Lösung sei für ihn, wie auch an den Schulen Schnelltests als Eintrittstests anzuerkennen