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Die globale Mindeststeuer und ihre Tücken

03.Juli 2021

Die Ambition ist groß, doch die Tücken stecken noch in den Details. Das sind die wichtigsten Antworten zur globalen Mindeststeuer:

1.Was sind die Kernpunkte?

Zwei Säulen wurden vereinbart. Mit der ersten soll die Besteuerung für große Konzerne neu aufgeteilt werden: Dort, wo der Gewinn erzielt wird, sollen auch Steuern entrichtet werden, selbst wenn es in diesen Ländern keine Betriebsstätten gibt. "Es soll sicherstellen, dass große multinationale Unternehmen dort Steuern zahlen, wo sie tätig sind und ihre Gewinne erzielen", so die OECD. Die zweite Säule ist der Mindeststeuersatz von 15 Prozent. Wenn einzelne Länder weniger Gewinnsteuern verlangen, kann das Heimatland die Differenz auf das dortige Ertragssteuerniveau nachfordern.

2. Auf wen zielt die Steuer ab?

Das sind die großen Digitalkonzerne Facebook, Google und Amazon, die unterm Strich wenig bis keine Gewinnsteuern zahlen – vor allem dort nicht, wo die Gewinne generiert werden. Bei der Steuer-Neuverteilung werden rund 100 Konzerne mit einem Jahresumsatz von mehr als 20 Milliarden Euro und einer Profitabilität von über zehn Prozent ins Visier genommen. Von der Mindeststeuer von 15 Prozent sind Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro betroffen. Das sind weltweit 7000 bis 8000 Unternehmen. Die Finanzbranche wird von dieser Teilregelung ausgenommen, weil sie in der Regel vor Ort reguliert wird. Dafür hatte sich vor allem Großbritannien eingesetzt. Die Mindeststeuer gilt aber auch für große Geldhäuser.

3. Warum gibt es eine Amazon-Sonderregel?

Weil ausgerechnet der Versandhändler nicht unter die Kriterien fallen würde. Es gilt eine Umsatzschwelle von 20 Milliarden Euro pro Jahr und eine Gewinnmarge von zehn Prozent. Das erreicht Amazon als Ganzes nicht. Weil aber einzelne Sparten groß genug und profitabel genug sind, werden diese Sparten einzeln erfasst.

4. Bedeutet das das Ende des internationalen Wettbewerbs?

Die globalisierungskritische Netzwerk Attac argumentiert, dieser Wettbewerb würde nicht gestoppt, sondern sogar noch angefacht. Der Kompromiss von 15 Prozent Mindeststeuer würde schon zu Diskussionen führen, die eigenen Kapitalertragssteuern genau in dieser Höhe zu fixieren.

5. Wie geht es weiter?

130 der 139 OECD-Länder haben dem Kompromiss zugestimmt. Am 9. und 10. Juli treffen sich die Finanzminister der G20 in Venedig, die ebenfalls ihren Segen geben. Bis Oktober sollen die letzten Details geklärt werden. Gelten sollen die neuen Regeln ab 2023.

6. Wo sind die Hürden?

Da ist zum einen der ambitionierte Zeitplan. Experten halten es für unwahrscheinlich, dass er hält. Zum anderen scheinen noch wesentliche Definitionen nicht final geklärt. So heißt es in deutschen Medien, es sei offen, ob Marktkapitalisierung oder Umsatz als letztliche Kenngröße für die "größten" Unternehmen gelten. Auch bei der Mindeststeuer soll es noch Präzisierungsbedarf geben: So haben einige EU-Länder wie Irland, Niederlande, Luxemburg und Ungarn zwar höhere Gewinnsteuern, aber sogenannte Präferenzregime, also Schlupflöcher, die effektiv zu niedrigeren Steuern führen. In der EU braucht es in Steuerthemen Einstimmigkeit, Irland ist skeptisch.

7. Um welche Summen geht es?

Die OECD spricht von 100 Milliarden Dollar, die umverteilt werden sollen. Wichtiger ist aber noch die zweite Säule: Von der globalen Mindeststeuer von "effektiv mindestens 15 Prozent" sollen weltweit Steuereinnahmen von 150 Millionen Dollar zusätzlich eingenommen werden. Zu hohe Erwartungen darf man aber nicht haben. "Gemessen an dem Compliance-Aufwand, der auf die Unternehmen zukommt, werden die deutschen Steuermehreinnahmen überschaubar sein«, sagt etwa Björn Heidecke, Steuerexperte bei Deloitte, im "Spiegel". In den meisten anderen Industriestaaten werde das Ergebnis ähnlich ausfallen.

8. Wird das Steuersystem damit gerechter?

Die OECD sagt ja, Attac sagt nein, die Organisation erwartet, dass ärmere Staaten fast leer ausgehen werden. "Ein global gerechtes Steuersystem würde eine Neuaufteilung der Gewinne der Konzerne auf die Länder erfordern – und zwar nach realer Wertschöpfung, also auch nach Produktion und nicht nur Umsatz." (sib)

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28. März 2024