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Bilanzskandal: Wirecard meldet Insolvenz an, Aktie rasselt in den Keller

Von OÖN   26.Juni 2020

Das hat es in der Geschichte der Deutschen Börse noch nie gegeben: Erstmals musste ein im DAX gelistetes Unternehmen Insolvenz anmelden. Der deutsche Leitindex war vor 32 Jahren eingeführt worden.

Gestern, Donnerstag, durchbrach der Zahlungsdienstleister Wirecard aus Aschheim bei München die Ordnung. In einer Ad-hoc-Meldung teilte das Unternehmen mit, dass der Vorstand entschieden habe, beim Amtsgericht München einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen. Grund seien die drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung, hieß es. Zudem werde geprüft, ob auch Insolvenzanträge für die Tochtergesellschaften der Wirecard-Gruppe gestellt werden müssen, teilte der Konzern mit.

Auch die nachträgliche Korrektur der Bilanzen werde geprüft. "Mögliche Auswirkungen auf die Jahresabschlüsse vorangegangener Geschäftsjahre können nicht ausgeschlossen werden", hieß es.

Pleitekandidat in einer Woche

Binnen einer Woche ist Wirecard nach der ersten Meldung über 1,9 Milliarden fehlende Euro in der Bilanz zu einem Pleitekandidaten geworden. Dazwischen lagen ein rasanter Kurssturz der Aktie und die Verhaftung des Wiener Vorstandsvorsitzenden Markus Braun, der inzwischen gegen Kaution wieder auf freiem Fuß ist.

Braun werden, wie berichtet, "unrichtige Angaben" in den Bilanzen und Marktmanipulation vorgeworfen. Laut deutschen Medienberichten liegt auch gegen seinen langjährigen Vorstandskollegen Jan Marsalek ein Haftbefehl vor.

Die Aktionäre straften Wirecard gestern für die Entwicklungen ab. Die Aktie des Zahlungsdienstleisters stürzte zwischenzeitlich um historische 80 Prozent auf 2,50 Euro ab. An der Börse war Wirecard nur noch rund 350 Millionen Euro wert. Beim Start vor rund zwei Jahren waren es fast 25 Milliarden Euro gewesen.

Das Regelwerk der Börse sieht vor, dass Wirecard dem DAX wohl noch bis September erhalten bleibt. Im Leitfaden des DAX heißt es, dass Unternehmen nach einer Insolvenzanmeldung erst zum nächsten Überprüfungstermin aus dem Index genommen werden – in diesem Fall im September.

Ein sofortiger Ausschluss wäre demnach nur möglich, wenn die Insolvenz mangels Masse abgelehnt oder das Unternehmen liquidiert würde. Beides sei aber derzeit nicht zu erwarten, heißt es.

Als Konsequenz aus dem Wirecard-Bilanzskandal will das deutsche Finanzministerium die Kompetenzen für die Finanzaufsichtsbehörde BaFin erweitern. "Wir müssen bei der BaFin schauen, was schiefgelaufen ist", sagte Finanzstaatssekretär Jörg Kukies dem Nachrichtenportal "The Pioneer". Das Ministerium prüfe sehr intensiv, ob Unternehmen wie Wirecard nicht auch "in ihrer Gesamtheit als Finanzdienstleister" beaufsichtigt werden könnten.

Lückenlose Aufklärung fordert die Anlegervereinigung DSW. "Bei Wirecard hat das System versagt. Dieser Fall muss komplett aufgeklärt werden, damit wir daraus lernen können", sagte DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler. Er nimmt Vorstand, Aufsichtsrat, Wirtschaftsprüfer und die behördliche Aufsicht in die Pflicht.

Der langjährige Bilanzprüfer von Wirecard, EY, sieht im Bilanzskandal einen "aufwendigen und ausgeklügelten Betrug". Dies ließe sich selbst mit den besten und aufwendigsten Prüfmethoden nicht aufdecken, teilte EY gestern in einer Stellungnahme mit.

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24. April 2024