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Vor der Reform-Debatte im AMS: Das sind die wichtigsten Baustellen

Von Sigrid Brandstätter und Annette Gantner   27.März 2018

Heute soll das Budget des Arbeitsmarktservice (AMS) für das bereits laufende Jahr im Verwaltungsrat abgesegnet werden. Bis gestern Abend wurde gefeilscht, ob alle Vertreter der Sozialpartner dem deutlich abgespeckten Vorschlag (1,355 Milliarden Euro statt 1,944 Milliarden) auch zustimmen. Fast gleichzeitig hat Bundeskanzler Sebastian Kurz die staatliche Arbeitsvermittlung am Wochenende zum Sanierungsfall erklärt: "Beim AMS muss sich dringend was ändern. Das AMS wird reformiert." Ausgangspunkt dafür ist ein Revisionsbericht, der Probleme bei der Betreuung arbeitsloser Migranten aufzeigt.

Aber ist das die einzige Baustelle des AMS? Die OÖN haben bei den Sozialpartnern nachgefragt. Sie steuern das AMS über Direktorien und den Verwaltungsrat.

 

1. Mascherlgeld: Fast das gesamte Förderbudget im AMS ist zweckgewidmet: für Frauen, für Jugendliche, für Einpersonen-Unternehmen etc. Ein Beispiel: Für einen 40-jährigen Bauarbeiter, der nach seinem ersten Bandscheibenvorfall eine Umschulung bräuchte, ist kein Geld da. Erst wenn er 50 ist und sein Rücken kaputter, könne er umgeschult werden. Dieses Beispiel bringt Ursula Krepp. Die Unternehmerin vertritt die Wirtschaftskammer Oberösterreich im AMS. Für weniger Zweckwidmungen ist auch Oberösterreichs Arbeiterkammer-Präsident Johann Kalliauer: "Man kann das Steuern über Ziele auch übertreiben." Damit spricht er die strikt formulierten Ziele des AMS an, beispielhaft: "Wir bringen 1457 Jugendliche über 18 zu einem Lehrabschluss." Dafür wird dann Geld ausgegeben.

 

2. Sanktionen, Zumutbarkeit und Durchsetzbarkeit von Vermittlungsvorschlägen: "Das ist die schnellste und effektivste Reform, wenn Arbeitsunwillige strenger sanktioniert würden", sagt Krepp. Sanktionsverhängung bedeutet für AMS-Mitarbeiter zusätzlichen Aufwand, weil das Streichen des Arbeitslosengeldes ausführlich begründet werden muss. Die AK bekämpft fast jede Sanktion vor Gericht. Einzelne kündigen noch in der Probezeit bei jedem neuen Arbeitgeber und kämen so davon. "Das trifft einen Teil der Langzeitbeschäftigungslosen", sagt Krepp. Die Zumutbarkeit eines Teilzeitjobs soll laut Regierungsprogramm von eineinhalb auf zwei Stunden Wegzeit erweitert werden. Im Vollerwerb sollen zweieinhalb Stunden Fahrzeit zumutbar sein.

 

3. Integration: Die Arbeitslosigkeit unter ausländischen Staatsbürgern ist doppelt so hoch wie unter Inländern und differiert stark je nach Herkunftsland. Ausschlaggebend sind Ausbildung und Qualifizierung. Hilfsjobs sind weggefallen, die Lernbereitschaft Betroffener ist enden wollend. "Das AMS muss Fehlentwicklungen bei der Integrationspolitik reparieren, für die es nicht verantwortlich ist", sagt Österreichs AK-Präsident Rudolf Kaske.

 

4. Abstand zur Lohnarbeit: In Niedriglohn-Branchen gibt es Fälle, wo sich Menschen ihr Arbeitslosengeld mit geringfügiger Arbeit und/oder Pfusch aufbessern. Eine Vollzeit-Tätigkeit ist dann nicht mehr attraktiv.

 

5. Digitalisierung: "Aus unserer Sicht ist bei den aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zu wenig passiert. Man muss hier viel stärker auf die Digitalisierung reagieren", sagt Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer. Hier ist er sich mit Kalliauer einig: Dieser will das AMS zu einer Qualifizierungsagentur weiterentwickeln, um denjenigen, deren Job durch die Digitalisierung wegfällt, neue Berufsperspektiven zu geben.

 

6. Strukturelles Sparen: Für die Industriellenvereinigung OÖ ist es "schlechte Tradition, dass bei rückläufiger Arbeitslosigkeit das AMS-Budget nicht sinkt", so Joachim Haindl-Grutsch. Leitl fordert eine Reduktion der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung: "Diese sind mit Blick nach Deutschland sehr hoch: dort drei Prozent, in Österreich sechs." Man müsse an die Lohnnebenkosten denken.

 

Video: Die Arbeitslosigkeit in Österreich sinkt seit gut einem Jahr kontinuierlich. Künftig sinkt aber auch das Budget des AMS, des Arbeitsmarktservice. So will es die schwarz-blaue Regierung.

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