Schock bei FACC: Stephan abberufen

RIED/INNKREIS. Paukenschlag bei FACC: Der Aufsichtsrat hat in der Nacht auf heute völlig überraschend den langjährigen Unternehmenschef Walter Stephan mit sofortiger Wirkung abberufen.
Es war der letzte Tagesordnungspunkt einer ohnehin langen Sitzung. Um neun Uhr früh startete die reguläre Aufsichtsratssitzung, bei der der Jahresabschluss präsentiert und bestätigt wurde. Am späten Abend war der Schadensfall - also jener Akt von Cyberkriminalität, der beim Flugzeugzulieferer 50 Millionen Euro Schaden verursachte - zu diskutieren. Der Vorstand gab einen Bericht über den Stand der Ermittlungen. Schließlich wollte der Aufsichtsrat die Konsequenzen allein diskutieren, die Vorstandsmitglieder Walter Stephan (ein Porträt über ihn finden Sie hier) und Robert Machtlinger wurden hinausgebeten. Im Februar hatte das für Finanzen zuständige Vorstandsmitglied, Minfen Gu, bereits ihr Mandat aufgeben müssen. Im Aufsichtsrat sitzen derzeit sieben Kapitalvertreter, fünf chinesische Vertreter des Eigentümers, zwei Unabhängige und vier Mitglieder der Belegschaftsvertretung. Yongsheng Wang ist im Februar vorübergehend - statt Minfen Gu - aus dem Aufsichtsrat in den Vorstand gewechselt.
Nach dreistündiger Diskussion, die immer emotionaler wurde und die eine immer größere Dynamik bekam, dann nach Mitternacht die völlig überraschende Entscheidung: Dem langjährigen Vorstandsvorsitzenden Walter Stephan wird eine Mitverantwortung und entsprechende Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Kriminalfall vorgeworfen. Die Belegschaftsvertreter haben geschlossen gegen die Entscheidung gestimmt. Der Aufsichtsrat beschließt die sofortige Abberufung von Walter Stephan. Selbst für Mitarbeiter aus dem engsten Kreis war dies nicht absehbar. "Zu keinem Zeitpunkt war diese Entscheidung zu erwarten", sagt Manuel Taverne, der Unternehmenssprecher und Kapitalmarktverantwortlicher ist.
Am Tag danach ist der Schock im Unternehmen greifbar. Die Beschäftigten schütteln den Kopf: Sie können die Nachricht, die sich binnen kürzester Zeit verbreitet hat, nicht glauben. Walter Stephan ist seit den Anfängen des Unternehmens noch als Fischer-Tochter dabei und seit mehr als 30 Jahren im Unternehmen. Der Manager ist das Gesicht nach außen - sowohl für die wichtigsten Kunden, als auch für die Öffentlichkeit. "Die Folgen sind noch nicht wirklich absehbar", heißt es.
Weil die wichtigen Fragen, wie es weitergeht, eben auch noch nicht beantwortet werden können, wurde auch die Bilanzpressekonferenz, die für 10.30 Uhr heute in der Wiener Börse angeraumt gewesen wäre, kurzfristig abgesagt.
Stephan-Abgang eine „Erleichterung“
Aktionärsvertreter und Analysten sehen überraschende Abberufung von FACC-Chef Walter Stephan recht nüchtern.
Für den Kleinaktionärsvertreter Wilhelm Rasinger hat die FACC mit „ziemlicher Verzögerung“ auf die gestohlenen 50 Millionen Euro reagiert. „Als Vorstandsvorsitzender trägt Walter Stephan die Gesamtverantwortung. Für die Aktionäre ist die jetzige Entscheidung eine Erleichterung“, sagt Rasinger zu den OÖNachrichten. Er gehe davon aus, dass die Vorwürfe gut recherchiert ist, er geht davon aus, das Stephan keine persönlichen strafrechtlichen Vorwürfe gemacht werden können. „Das will ich nicht glauben.“
Vorzuwerfen sei ihm, dass ein Leitbetrieb mit mehr als 3000 Mitarbeitern geführt worden sei wie ein KMU (Klein- und Mittelbetrieb, Anmerkung). Es sei eine Mischung aus mangelnder Professionalität und Navität gewesen, die Stephan vorzuhalten sei. „Wenn so etwas passiert, muss jemand dafür gerade stehen.“
Er sieht Stephan als guten Techniker, der sich im Aufbau des Unternehmens verdient gemacht habe. Mit der Abberufung sei aber ein Neustart möglich. Ein so großes Unternehmen müsse es auch aushalten, einige Wochen ohne Vorstandschef auszukommen. „Niemand ist unersetzbar.“ Wichtig sei der Blick nach vorn.
Auch bei den Analysten wird der Abgang des langjährigen FACC-Chefs recht nüchtern gesehen. Es sei zwar überraschend gekommen. Aber es ist zuletzt vieles schief gelaufen. Veränderungen werden daher positiv bewertet.