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Kommentiert: Wer bezahlt, was nichts kostet?

Von Von Christine Haiden, 13. November 2008, 00:00 Uhr

Geht es nach der gängigen Logik, müssten sich fast 85.000 Menschen in Oberösterreich seit vergangenem Donnerstag riesig freuen. Denn ihre lokale Wochenzeitung, für die sie bisher ein Abo bezahlt haben, bekommen sie ab dem kommenden Jahr gratis.

Geht es nach der gängigen Logik, müssten sich fast 85.000 Menschen in Oberösterreich seit vergangenem Donnerstag riesig freuen. Denn ihre lokale Wochenzeitung, für die sie bisher ein Abo bezahlt haben, bekommen sie ab dem kommenden Jahr gratis. Sie kostet dann nichts mehr. Scheinbar. Denn irgendjemand muss ja das Personal, das die Zeitung macht, den Druck und den Vertrieb finanzieren. Ja, das sind die Inserenten, lautet die einschlägige Antwort. Firmen, die ihre Produkte anpreisen, schalten ihre Anzeigen und die finanzieren das.

Frage: Wie erwirtschaften die Firmen das Geld, das sie dem Zeitungsverleger für das Inserat bezahlen? Antwort: Durch den Verkauf ihrer Produkte. Zusatzfrage: An wen?

Die Antwort, die man sich selbst geben kann: An den Menschen, der nun die Zeitung geschenkt bekommt. Der zahlt seine Zeitung mit der Couch mit, die er kauft, mit dem Autoradio und dem neuen DVD-Player, seine Zeitung steckt in der Gartenhütte und in der neuen Waschmaschine.

Nun möchte der geneigte Konsument aber auch wissen, ob denn stimmt, was im Inserat, aufgrund dessen er Couch und Gartenhütte erstanden hat, behauptet wurde. Was passiert, wenn der Redakteur und die Redakteurin recherchieren und herausfinden, dass die Couch nach drei Nächten durchgelegen ist und die Bretter der Gartenhütte mit einer schädlichen Chemikalie behandelt wurden? Würden sie das veröffentlichen können, ohne dass ein Inserat für die Couch oder die Gartenhütte gestrichen wird? Wer zahlt, schafft an. Diese Logik wurde bisher noch nicht schlüssig widerlegt.

Bei Dingen, die man kauft, entscheidet der Käufer, ob für ihn die angebotene Qualität und der geforderte Preis zusammenpassen. Bei Geschenken hat der das Sagen, der etwas hergibt. Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, sagt der Volksmund. Will sagen: Reklamation ausgeschlossen. Der Beschenkte stimmt, meist unabsichtlich, seiner moralischen Knebelung zu. Worüber will er sich noch aufregen? Er hat ja nichts bezahlt.

In unserer verrückten Ökonomie sind wir an einem Punkt angekommen, wo uns Waren geschenkt werden, nur damit sie unter die Leute kommen. Bei den billigen Lebensmitteln freuen wir uns vielleicht noch, wenn uns zur dritten Gurke die Stücke vier und fünf gratis gegeben werden. Aber nur solange wir nicht die Produzenten sind oder die Angestellten des Gurkenhändlers. Denn sonst würden uns vielleicht Verkaufspreise unter dem Gestehungswert und ein Gehaltsverzicht abverlangt. Wenn der Gurkenhändler dann in Konkurs geht und die Äcker brachliegen, zahlen die Kunden, denen zuvor die Ware sogar geschenkt wurde, das Arbeitslosengeld und die Gläubigerverluste mit. Dann ist Schluss mit gratis.

Und bei den Zeitungen? Wie verführerisch, Informationen geschenkt zu bekommen! Aber wie gut sind sie? Unter welchen Bedingungen arbeiten jene, die sie auswählen? Und was wird aus unserer Demokratie, wenn niemand mehr kritischen Journalismus bezahlt? Wir sollten endlich aufhören, einander etwas vorzumachen. Den Preis, für alles, was nichts kostet, zahlen wir selbst.

Dr. Christine Haiden ist Chefredakteurin der Zeitschrift Welt der Frau.

christine.haiden@welt-der-frau.at

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