Klima-Experte Vahrenholt: „Wir neigen zu Angst getriebener Politik“

Autor und Chemiker Fritz Vahrenholt sprach im OÖN-Interview über seine umstrittenen Thesen zur Erderwärmung.
OÖNachrichten: Dieser Winter war lang. Und zuletzt hieß es, dass die Erderwärmung daran schuld sei, weil das Abschmelzen des Packeises in der Arktis die Kaltluftströme verändert?
Vahrenholt: Aus einem langen kalten Winter kann man noch keine Klimadebatte ableiten. Allerdings ist der Umstand, dass es zuletzt mehrere kalte Winter in Europa gegeben hat, auf die Abnahme der Sonnenflecken zurückzuführen ist.
Sie werden heftig dafür kritisiert, dass Sie das CO2 als Hauptursache für die Erderwärmung bezweifeln.
Es ist aber doch aufschlussreich, dass es seit 15 Jahren keine globale Erwärmung gibt, obwohl die Produktion von CO2 stetig zunimmt.
Aber Tatsache ist, dass sich die Erde erwärmt. Was sind dann die Ursache,, wenn nicht das CO2?
Zum einen gibt es natürliche Effekte. Da wäre einmal die Sonne, deren Aktivität nicht statisch ist. Und dann gibt es auch die Ozeane, die in einem 60-jährigen Zyklus von einer Warm- in eine Kaltphase wechseln. Ich bestreite auch nicht, dass CO2 ein Klimagas ist. Aber die Frage ist, ob es zu 90 oder zu 40-50 Prozent für die Erderwärmung verantwortlich ist. Daraus /folgt dann zum andern die Frage/, ob sich die Temperatur innerhalb /dieses Jahrhunderts/ um drei oder um 1,5 Grad Celsius erwärmt. Letzteres ist nicht nur meine Auffassung. Schwedische, amerikanische, chinesische Wissenschaftler und nun auch die staatliche norwegische Forschungsgesellschaft haben festgestellt, dass die Erderwärmung unter zwei Grad Celsius bleibt.
Welchen Unterschied macht das?
Dass wir uns ein bisschen entspannen können und nicht jeden Unfug machen müssen, der als Energiewende verkauft wird und den Standort Deutschland bzw. Europa gefährdet.
Also keine Energiewende? Keine erneuerbare Energie?
Natürlich mehr erneuerbare Energie. Aber die Frage ist, welche, wie viel und wo sinnvoll ist. In Deutschland ist Windkraft und Biomasse sinnvoll. Photovoltaik in einem Land, das so wenig Sonnenstunden wie Alaska hat, erhöht nur massiv die Stromkosten und schwächt die Versorgungssicherheit. Noch viel wichtiger ist aber, dass es ein Stromnetz gibt, mit dem man den Strom transportieren kann. Wir bauen wie verrückt Windparks und Solaranlagen und wissen nicht, wie wir den Strom /zu den Verbrauchern bekommen/.
Wie viel Zeit haben wir, etwas zu ändern?
Ich denke, dass uns dieses Jahrhundert bleibt. Es ist ja sinnvoll, das System zu ändern, weil auch die fossilen Energieträger endlich sind. Aber in Deutschland neigen wir zu von Angst getriebener Politik und gefährden die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Industrie.
Sie sind mit Ihrer Ansicht nicht gerade mehrheitsfähig, merken aber einen Wandel von rüder Ablehnung zu kritischer Diskussion.
Weil ich dafür plädiere, Theorien auch zu verifizieren. Manche Gedankengebäude brechen zusammen, weil die Wirklichkeit sich nicht nach den Computermodellen richtet. Und ich appelliere an die europäische Politik, die Ursachenforschung der Erderwärmung mit eigenen Wissenschaftlern voranzutreiben, statt sie dem Weltklimarat zu überlassen, in dem ganz andere Interessen eine Rolle spielen.
Wenn man Ihre Theorie konsequent weiter denkt, können wir gegen einen Teil des Klimawandels ohnehin nichts machen.
So ist es. Aber das wollen wir nicht gerne wahr haben, weil wir offensichtlich an etwas schuld sein wollen. Die Sonne und die Natur werden wir nicht ändern können. Das haben wir in aller Demut hinzunehmen und uns anzupassen.
Zur Person
Fritz Vahrenholt ist Professor für Chemie an der Uni Hamburg. Von 1991 bis 1997 war er Umweltsenator von Hamburg, dann Vorstand bei Shell Deutschland und Chef eines Windkraftanlagenherstellers, seit 2008 ist er Chef der RWE Innogy. Sein Buch „Die kalte Sonne“ polarisiert. Tenor: So schnell bekommen wir keine Klimakatastrophe. In der Vorwoche war er zu Gast beim First Class Energy Talk des oö. Stromhändlers Enamo.