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Grasser-Prozess: Richterin konfrontiert Ex-Minister mit Widersprüchen

Von nachrichten.at/apa   18.September 2018

Am 48. Verhandlungstag in dem Mega-Verfahren hielt sie ihm einige frühere Aussagen vor, die im Widerspruch zu seiner jetzigen Verteidigung stehen.

Spannend wurde es für die Zuhörer im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts, als sie mit Grasser die Protokolle des parlamentarischen Untersuchungsausschusses durchging. Damals waren die einzelnen Schritte in der - unter Korruptionsverdacht stehenden - Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 ganz genau nachgefragt und beleuchtet worden. Grasser hatte im U-Ausschuss von einem "Finanzierungsrahmen" von 960 Mio. Euro gesprochen, daher hätte man mehr herausholen können, und daher habe er die zweite Runde empfohlen.

Dies ist deswegen bemerkenswert, weil Grasser im laufenden Strafprozess immer gesagt hat, bei den 960 Mio. Euro im Angebot des - letztlich unterlegenen - Bieters CA Immo sei es nicht um einen Finanzierungsrahmen, sondern um ein "Gesamtinvestitionsvolumen" gegangen. Daher wäre daraus auch kein endgültiger Kaufpreis absehbar gewesen. Wie Richterin Hohenecker heute herausarbeitete, hatte Grasser im U-Ausschuss 2012 allerdings vom "Finanzierungsrahmen" gesprochen. Auch in Notizen von Grassers damaligen Kabinettschef im Finanzministerium, Heinrich Traumüller, taucht "Fin.Zusage" von 960 Mio. Euro auf.

"Ich habe mich damals im U-Ausschuss fälschlicherweise dazu hinreißen lassen, das zu sagen, was in der Zeitung steht, zu sagen, der Finanzierungsrahmen", versuchte Grasser heute diesen Widerspruch zu erklären. De facto sei es aber der Zinsabschlag gewesen, aus dem man schließen konnte, dass in einer zweiten Runde mehr herauszuholen gewesen wäre, nicht die "Gesamtinvestitionskosten". Hätte dann Traumüller nicht auch von einem "Gesamtinvestitionsvolumen" schreiben müssen, und nicht von einer Finanz- oder Finanzierungszusage?, hakte die Richterin nach. "Die Frage ist nur, wie man Fin.Zusage interpretiert", sah Grasser Interpretationsspielraum.

Heikles Thema

Das Thema ist deswegen so heikel, weil die mitangeklagten Peter Hochegger und Walter Meischberger für die Weitergabe der Information an die Immofinanz, sie sollten "mehr als 960 Millionen Euro" bieten, eine Millionenprovision von 9,6 Mio. Euro erhielten. Die Anklage sieht Grasser hinter der - profitablen - Information, er habe auch von der Millionenprovision mitgeschnitten - was Grasser dementiert.

Aber auch um zahlreiche weitere Details ging es heute wieder bei der Befragung und Konfrontation Grassers mit seinen Aussagen in polizeilichen Einvernahmen. So meinte Grasser mehrmals zur Begründung des Vorkaufsrechts für das Land Kärnten für die Villacher ESG-Wohnungen, das sei aus politischen Gründen und für den Koalitionsfrieden damals so geschehen. Denn der damalige Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (FPÖ/BZÖ) - mittlerweile verstorben - habe eben in der damaligen Koalitionsregierung in Wien Macht gehabt.

Bei der Öffnung der Kuverts mit den Angeboten der Bieter, die von Grasser stets als unter höchster Geheimhaltung erfolgt beschrieben wurde, war auch der damalige FPÖ-Abgeordnete Detlev Neudeck dabei, wurde im U-Ausschuss thematisiert. Grasser begründete Neudecks Anwesenheit heute damit, dass er versucht habe, die politischen Parteien einzubinden, da ja Staatsvermögen verkauft worden sei. Warum der damalige FPÖ-Wohnbausprecher aber nicht der ÖVP-Sprecher dabei gewesen war, konnte er heute nicht erklären.

Auch der Weg der 500.000 Euro, die Grasser von seiner Schwiegermutter aus der Familie Swarovski zur Veranlagung bekommen haben will, wurde heute genau verfolgt. Laut Anklage hat sich das Geld auf einem Konto der Briefkastengesellschaft Mandarin mit Geld aus der Buwog-Provision vermengt, daher sei beides Grasser zuzuordnen. Grasser seinerseits spricht davon, dass Vermögensverwalter Norbert Wicki mehrere "Rechnungskreise" auf dem Mandarin-Konto hatte, und das Geld verschiedenen Personen zuordnen konnte.

Begonnen hatte Hohenecker den Verhandlungstag mit Emails, die Grasser von seinem Handy geschickt hatte. Zuvor hatte er in der Verhandlung gesagt, er habe als Finanzminister nie Emails verschickt, sondern dies von seinem Büro erledigen lassen. Die Richterin legte extra einige Emails vor, die offenbar Grasser persönlich geschrieben hatte. Dieser meinte dazu nur, die "Tendenz" seiner früheren Aussage habe ja gestimmt, denn meistens habe er nicht persönlich geschrieben.

Der Prozess wird morgen, Mittwoch, mit der weiteren Einvernahme Grassers durch die Richterin fortgesetzt.

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29. März 2024