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Fiskalrat warnt vor "Wahlzuckerln": Österreich droht EU-Frühwarnung

Von (az)   08.Juni 2017

Der Fiskalrat wurde gegründet, um den Staat zu beraten. Oft tritt er als Mahner gegenüber der Politik auf. Gestern, Mittwoch, war es wieder so weit. Fiskalrats-Präsident Bernhard Felderer warnte angesichts der bevorstehenden Neuwahlen vor "Wahlzuckerln".

In der jetzigen konjunkturellen Aufschwungphase brauche es auch keine nachfragestützenden Maßnahmen mehr. Den von der Regierung angekündigten Beschäftigungsbonus etwa sieht er kritisch. "Die Unternehmen schaffen nun ohnehin Jobs", sagte Felderer. Es brauche eine antizyklische Budgetpolitik, Strukturreformen und Produktivitätsgewinne.

Überschüsse wären "Novum"

Der Fiskalrat sieht auch die Gefahr, dass die EU im Frühjahr 2019 den Frühwarnmechanismus für Österreich einleitet. Grund dafür ist, dass aus heutiger Sicht im Jahr 2018 sowohl beim Budgetdefizit als auch beim Zuwachs der Staatsausgaben die EU-Stabilitätsvorgaben überschritten werden.

Der Fiskalrat rechnet mit einem um Konjunktureffekte bereinigten strukturellen Defizit von 0,7 Prozent heuer und 0,9 Prozent 2018. Die EU erlaubt außerdem, Flüchtlings- und Terrorbekämpfungskosten herauszurechnen. So dürfte das Defizit heuer 0,3 Prozent und nächstes Jahr 0,6 Prozent betragen. Die EU gibt aber 0,5 Prozent als höchstzulässigen Wert vor. Bei den Staatsausgaben erwartet der Fiskalrat 2018 ein Plus von 2,2 Prozent, die EU verlangt aber höchstens 0,7 Prozent. Beim klassischen Budgetsaldo liegt Österreich mit minus ein Prozent 2018 unter der Maastricht-Vorgabe (drei Prozent).

Ob bei guter Konjunktur der Staat nicht Überschusse machen sollte? Felderer sagte süffisant, man könnte darüber nachdenken: "Aber das wäre fast ein Novum."

Michaela Berger, Sprecherin von Finanzminister Hans Jörg Schelling, teilte mit: "Wir budgetieren stets solide sowie konservativ. Die Budgets der Vergangenheit haben gezeigt, dass wir unsere Ziele auch halten." Der Minister habe betont: "Alles, was wir jetzt ausgeben, wird im Herbst wieder ordentlich budgetiert und gegenfinanziert werden müssen." Es sei erfreulich, dass Felderer "uns in dieser Haltung so kräftig unterstützt".

Rund 310 Milliarden Euro Schulden hat Österreich (Bund, Länder,...) derzeit insgesamt. Die Anleihen halten vor allem Banken, Versicherungen, Fonds, aber auch Staaten und private Haushalte. Die regionale Streuung hat die Nationalbank nun schätzungsweise erhoben (siehe Grafik). Die Schuldenquote dürfte in den nächsten Jahren trotz Defizit sinken, dank steigender Wirtschaftsleistung und Abbau der Bad Banks. 

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Von USA bis Japan: Fast die ganze Welt macht Schulden

Auch wenn sich viele über rigide Sparpolitik beschweren, tatsächlich bauen die Staaten Schulden auf – trotz oder gerade wegen der Niedrigstzinspolitik vieler Notenbanken.

Der "Economist" listet regelmäßig Kennzahlen von 42 Ländern aller Kontinente auf. 36 davon schreiben heuer ein Defizit – und machen damit Schulden, besonders bei Banken, Versicherungen, Fonds.

In den USA dürfte das Minus heuer 3,5 Prozent betragen, in Japan 5,3 Prozent, in China 4,0, in der Eurozone 1,4 Prozent. Nur Deutschland, die Niederlande, Norwegen, Schweden, die Schweiz und Hongkong sind laut "Economist Intelligence Unit" in den schwarzen Zahlen.

In konjunkturell besseren Zeiten sollte man sich bemühen, aktive Budgetsanierung zu betreiben, sagt Wifo-Ökonom Stefan Ederer: "Gleichzeitig darf man dabei aber nicht die Konjunktur abwürgen." Denn wenn diese laufe, trage das auch zur Budgetkonsolidierung bei. Generell ergebe es volkswirtschaftlich Sinn, dass sich Staaten verschulden, sagt Ederer. Denn auf der anderen Seite würden private Haushalte sparen und etwa Pensionsversicherungen Geld in Staatsanleihen anlegen. Hohe Schuldenquoten seien weniger gefährlich bei selbstbestimmten Ländern wie den USA. Probleme gebe es, wenn wie in der Eurozone eine Zentralbank für viele verschiedene Staaten agiere. 

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