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Euro-Krise: „So ist die EU ein Anti-Friedens-Projekt“

Von Alexander Zens   13.Dezember 2012

Der Schweizer Felix W. Zulauf ist einer der weltweit renommiertesten Vermögensverwalter und Börsenexperten. Er baute einen der größten Hedgefonds Europas auf. Mittlerweile hat der 62-Jährige seine Firma (außer dem Namen) verkauft, ist beratend tätig und verwaltet sein eigenes Vermögen. Am Montagabend war Zulauf Gast des Finanzmarktforums von Oberbank und OÖNachrichten. Im OÖN-Exklusivinterview nimmt er sich kein Blatt vor den Mund und fordert ein „Zurück zu nationalen Währungen“ in Europa.

 

OÖNachrichten: Sie haben vor eineinhalb Jahren gesagt, dass der Euro sterben und die gesamte Finanzarchitektur zerfallen wird. Nun liegt der Euro aber konstant stark bei rund 1,30 US-Dollar, die Finanzmärkte haben sich beruhigt. Ist das Ärgste nicht doch schon überstanden?

Felix W. Zulauf: Nein. Es gibt ein EURO-Vertragsregelwerk und die Statuten der Europäischen Zentralbank. Die Politik und die EZB brechen alle diese Regeln und belügen das europäische Volk. Früher gab es für die Notenbanken noch disziplinierende Faktoren wie den Goldstandard. Heute werden immer mehr Euro gedruckt - für keine Arbeit. Nur weil die Politik ein Gebäude namens Eurozone zusammenhalten will, bei dem man beim Dach statt bei den Grundmauern zu bauen begonnen hat.

OÖNachrichten: Aber ist es der Euro nicht wert, gerettet zu werden?

Felix W. Zulauf: Die Voraussetzungen für einen europäischen Währungsraum waren und sind auch heute noch nicht gegeben. Wenn man diesem Projekt alles andere unterordnet, dann wird der Euro zu einer strukturellen Schwachwährung und der Wohlstand in Europa wird sinken. Eine Italienisierung des Euro ist im Gange. Zudem werden die Schulden vergemeinschaftet werden. Wollen denn das die Bürger Europas?

OÖNachrichten: Nun könnte auf den zurückgetretenen Premier Mario Monti sogar wieder Silvio Berlusconi folgen.

Felix W. Zulauf: Um den Euro zu erhalten, zwingt Brüssel den Regierungen Sparprogramme auf, die an der Peripherie in die wirtschaftliche Depression führen. Die Bevölkerung ist nicht mehr bereit, das mitzutragen. Monti hat wegen mangelnder Unterstützung das Handtuch geworfen. Vorigen Monat ist der Einzelhandel in Italien um 13 Prozent eingebrochen, das sagt eigentlich alles.

OÖNachrichten: Welche Alternativen schlagen Sie vor?

Felix W. Zulauf: Am besten wäre natürlich ein Zurück zu nationalen Währungen. Dann müssten die Beitrittskriterien klar definiert und Sanktionen bei Verletzung beschlossen werden – bis zum Auswschluss. Über einen Zeitraum von mindestens einem Konjunkturzyklus müssten diese Kriterien der einzelnen Kandidaten dann eingehalten werden um sich für die europäische Währung zu qualifizieren. Damit würde zuerst die strukturellen Anpassung der Volkswirtschaften erreicht und am Schluss der Beitritt zu einer Währungsunion. Wir haben leider das Pferd vom Schwanz her aufgezäumt.

Die Politiker wollen heute die Fehler in der Konstruktion des Euros nicht zugeben. Sie fürchten die hohen Kosten bei einem Auseinanderbrechen. Sie wissen aber nicht, was es kosten wird, wenn sie immer so weitermachen. Aus meiner Sicht werden jene Kosten sehr viel höher sein.

OÖNachrichten: Sie schieben die Verantwortung nur auf die Politik. Dabei verschärfen doch die Akteure auf den Finanzmärkten – beispielsweise Hedgefonds, wie Sie einen aufgebaut haben – die Situation zusätzlich.

Felix W. Zulauf: Dass Hedgefonds Staaten angreifen und sich absprechen, ist völlig übertrieben. Letztlich zählen nur die volkswirtschaftlichen Rahmendaten. Kein guter Spekulant operiert gegen die fundamentalen wirtschaftlichen Fakten. Mit billigem Geld von Banken aus den Gläubigerländern wurde beispielsweise in Spanien bis 2008 eine unglaubliche Immobilienblase aufgebaut. Seitdem dort alles zusammenbricht, wollte das Geld natürlich wieder zurück und daraus entstehen die Kapitalflüsse. Das hat nichts mit Hedgefonds zu tun.

OÖNachrichten: EZB-Chef Mario Draghi, ein Italiener, hat gesagt, man werde alles tun, um den Euro zu verteidigen. Klingt das gefährlich für Sie?

Felix W. Zulauf: Darum haben sich die deutschen Notenbanker Axel Weber und Jürgen Stark aus der EZB zurückgezogen. Sie wollten diese Entwicklung nicht mehr mittragen, weil sie genau wissen wohin das langfristig führen wird. So eine Politik können nur Italiener machen. Wenn wir weiterhin marode Finanzinsitute und Staaten über die Notenpresse finanzieren, wird das langfristig einen hohen Preis haben. Die EZB wird sicher auch noch wie die US-Notenbank die Zinsen auf null senken. Ich rechne damit, dass die Wirtschaft der Eurozone 2013 um gut zwei Prozent schrumpfen wird. Die Rezession wird bis tief in das Jahr 2014 hinein dauern.

OÖNachrichten: Angesichts Ihrer düsteren Prognosen: Wie soll man überhaupt noch Geld anlegen, was empfehlen Sie ihren Leuten? Aktien, mit denen man heuer gut gefahren ist?

Felix W. Zulauf: In den vergangenen zwei Jahren haben sich Staatsanleihen von starken Ländern wie Deutschland besser entwickelt als Aktien. Diese Hausse haben fast alle verpasst. Bei den Aktien ging der Zyklus seit 2009 nach oben, er wird meines Erachtens im ersten Halbjahr 2013 seine Spitze erreichen und danach bis ins Jahr 2014 korrigieren. Dann ist erst wieder ein Zeitpunkt, um Aktien zu kaufen. Bei Gold sehe ich weiter viel Potenzial, weil die verfolgte Geldpolitik den Wert des Papiergeldes schwächt.

OÖNachrichten: Wie legen Sie ihr Vermögen persönlich an?

Felix W. Zulauf: Ich bin stark im Schweizer Franken und zu einem Teil in US-Dollar veranlagt. Gold habe ich bei 300 bis 350 Dollar pro Unze akkumuliert, und ich behalte es. Bei den Staatsanleihen habe ich wegen der Zinsentwicklung diesen Sommer von zehn auf vier bis fünf Jahre Laufzeit verkürzt. Aktien hatte ich zu wenig, bin aber bereit bei größeren Korrekturen zuzukaufen.

OÖNachrichten: Wie können Finanzmärkte, Banken und Anlageberater wieder Vertrauen zurückgewinnen, nach all den Turbulenzen und Skandale der vergangenen Jahre.

Felix W. Zulauf: Eine gesunde Wirtschaftspolitik inklusive Geldpolitik ist die Voraussetzung für ein korrektes Verhalten aller in unserer Gesellschaft. Wenn es dort jedoch verludert, wie das bei Fiskal- und Geldpolitik seit Jahrzehnten der Fall ist, dann verludert alles andere auch und die Gesellschaft driftet dann immer weiter auseinander.

OÖNachrichten: Die hohen Schulden kommen aber auch wegen der Rettungsprogramme der vergangenen Jahre für die Privatwirtschaft.

Felix W. Zulauf: Ja, auch. Ich hätte in der letzten Finanzkrise auch alle maroden Banken verstaatlicht, dann restrukturiert und nach einigen Jahren wieder an den Markt zurückgeführt. Stattdessen begehen wir einen Sündenfall nach dem andern.

OÖNachrichten: Wie lange wird die Schweizerische Nationalbank (SNB) noch den Mindestkurs von 1,20 Franken gegenüber dem Euro halten können. Spekulieren Sie schon darauf, dass diese Marke mit Währungsmarktinterventionen nicht mehr gehalten werden kann?

Felix W. Zulauf: Es war richtig von der SNB den Währungskurs zu fixieren, sonst wäre die schweizerische Volkswirtschaft deutlich eingebrochen. Der Franken ist ja heute etwa 15% überbewertet. Aber die Verteidigung mittels Intervention kann nicht für immer aufrechterhalten werden. Bei der nächsten Schwäche des Euros, die ich ab Sommer 2013 erwarte aufgrund der zunehmenden wirtschaftlichen Probleme, wird sie vermutlich mit dirigistischen Maßnahmen den Zufluss einschränken.

Die EZB-Maßnahmen sollen den Staaten Zeit geben, um Reformen umzusetzen, heißt es. Wie soll das denn bei diesen Ungleichheiten im Euroraum gehen? Eine Währung ist ein Ventil, um wirtschaftliche Ungleichgewichte zwischen Staaten auszugleichen. In der Eurozone hat man dieses Ventil entfernt, womit die Anpassungen über die Realwirtschaft ablaufen müssen. In den starken Ländern wird es Inflationierung geben müssen, in den schwachen an der Peripherie Deflationierung – alles mit großem Konfliktpotenzial. So ist die EU ein Anti-Friedens-Projekt. Dass sie den Friedensnobelpreis bekommen hat, ist eine Verirrung des Nobelpreiskomitees.

 

Zur Person:

Der Schweizer Felix W. Zulauf ist ein weltweit renommierter Vermögensverwalter. Er baute einen der größten Hedgefonds Europas auf. Mittlerweile hat der 62-Jährige seine Firma (außer dem Namen) verkauft, ist beratend tätig und verwaltet sein eigenes Vermögen. Er sei stark in Schweizer Franken und zum Teil in US-Dollar veranlagt, sagt der Familienvater: „Gold habe ich bei 300 bis 350 US-Dollar pro Unze akkumuliert (derzeit rund 1700 Dollar, Anm.) und ich behalte es.“
 

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