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Der emsige Makler

Von Annette Gantner, 25. Juli 2015, 00:04 Uhr
Der emsige Makler
Günter Geyer blickt stolz vom obersten Stock des Ringturms. Demnächst Kulisse für die ORF-Sommergespräche.

Serie "Oberösterreicher in Wien": Günter Geyer hat die Vienna Insurance Group zu einer der größten Versicherungen Österreichs und Osteuropas ausgebaut. Der talentierte Netzwerker aus Scharnstein gilt als Berater des Kanzlers – was er gern relativiert.

Es ist kein Zufall, dass die ORF-Sommergespräche heuer im Ringturm, dem Stammsitz der Vienna Insurance Group, aufgezeichnet werden. Die einstige Wiener Städtische stellt die Räumlichkeiten kostenlos zur Verfügung.

Günter Geyer, früher Vorstandsvorsitzender, heute Aufsichtsratspräsident der VIG, weiß um perfekte Inszenierungen. Jährlich lässt er den Ringturm von renommierten Künstlern – heuer der Kroatin Tanja Deman – ummanteln. Selbst die "Enthüllung" wird zum Ereignis: Dank seines Adressbuches nahmen daran mit Heinz Fisher und Kroatiens Kolinda Grabar-Kitarovic gleich zwei Staatsoberhäupter teil. In den kroatischen Medien wurde ausführlich berichtet – wunderbare Werbung für die VIG.

Seit mehr als 40 Jahren arbeitet Geyer am Erfolg der Wiener Städtischen. Er hatte frühzeitig die Chancen in Osteuropa erkannt, nach der Öffnung war die österreichische Versicherung als erster Privatanbieter in der damaligen Tschechoslowakei aktiv. Unter Geyers Führung kamen Märkte wie Serbien, Weißrussland, Rumänien hinzu. Gewissenhaft besuchte er mit seiner Frau im Urlaub auch oft kleinste Filialen in den neuen Märkten.

2001 machte das Institut 26 Millionen Euro Gewinn, 2012 waren es dank der osteuropäischen Märkte 564 Millionen Euro.

Mit Bauernschläue zum Erfolg

Bei der Geldveranlagung des Konzerns folgte Geyer einer alten Volksweisheit: "Was der Bauer nicht kennt, isst er nicht." "Ich bin einfach gestrickt, was ich nicht verstehe, mache ich nicht", erzählt er. Geyer verzichtete auf riskante Finanzprodukte aus Island oder den USA. Eine richtige Entscheidung.

"Ich habe mir nie gedacht, dass ich in so eine Funktion komme", erzählt Geyer und wirkt in seiner Bescheidenheit sympathisch. Der Vater war während des Zweiten Weltkriegs zur Rehabilitation in Nürnberg stationiert. Er verliebte sich, am 31. Juli 1943 wurde Sohn Günter geboren. Zwei Wochen später übersiedelte die Familie nach Scharnstein, wo Geyers Großeltern eine Sensenfabrik besaßen.

Der emsige Makler
Der Topmanager im Jahr 1988.

Der Topmanager im Jahr 1988.

Der bald 72-Jährige hat das Talent, Geschichten und Anekdoten zu erzählen und bringt auch seinem Gegenüber Interesse entgegen. Die US-Soldaten gaben ihm in der Besatzungszeit nur dann einen Kaugummi, wenn er "I like Ike" sagte. Erst später habe er gelernt, dass es sich dabei um den Präsidentschaftsslogan von Dwight Eisenhower handelte und "I like Ike" nicht Kaugummi heißt.

Als der Vater Direktor des Arbeitsamts in Steyr wurde, übersiedelte die Familie. Dort besucht Geyer noch heute regelmäßig seine Mutter. Die Verbundenheit blieb aber zum Almtal, wo er ein Wochenendhaus hat und Bienen züchtet. "Man muss Bienen behandeln wie Menschen – mit Respekt."

In Wien studierte der Jungspund Jus: Damals musste man sich um den Job keine Sorgen machen, erinnert sich Geyer. Und da die Wiener Städtische seine Sorgen haben mochte, entschied er sich für den Versicherungsbereich.

Dabei habe ihn damals auch der Fremdenverkehrsbereich gereizt. Seine Ehefrau arbeitete im Verkehrsbüro, gemeinsam haben sie zwei Töchter und zwei Enkelkinder.

Mit seinem künftigen Arbeitgeber hatte Geyer bis dahin wenig am Hut, einziger Bezugspunkt war die Mopedversicherung. Die Arbeit gefiel ihm, die Begeisterungsfähigkeit ist geblieben: "Es gibt keinen anderen Berufszweig, der jeden Lebensbereich abdeckt." Ob Einbruch, Leben, Schaden, Krankheit.

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Geyer mit dem damaligen Wiener Bürgermeister Helmut Zilk, Nachfolger Michael Häupl, Stadträtin Grete Laska und dem Wiener Wirtschaftskämmerer Walter Nettig

Geyer mit dem damaligen Wiener Bürgermeister Helmut Zilk, Nachfolger Michael Häupl, Stadträtin Grete Laska und dem Wiener Wirtschaftskämmerer Walter Nettig

Der Mächtige im Hintergrund

1974 hatte Geyer bei der Städtischen begonnen und war stetig die Karriereleiter hinaufgestiegen – bis er 2001 unerwartet die letzte Stufe erreichte. Mit 58 Jahren wurde er Generaldirektor – eine Position, die der gewiefte Stratege mit Handschlagqualität bis 2012 innehaben sollte. Nach einer Pause kehrte er als Aufsichtsratspräsident zurück.

Im heimischen Machtuniversum ist seine Rolle am ehesten mit jener des früheren Raiffeisen-Generals Christian Konrad vergleichbar. Nur dass Geyer in der roten Reichshälfte lieber im Hintergrund wirkt.

Als Generaldirektor machte er das bis dahin Undenkbare: Jahrelang hatte die Städtische mit der einst roten Bank Austria zusammengearbeitet. Als diese ans Ausland verkaufte, löste er die Bande und tat sich mit der bürgerlichen Erste Bank zusammen. Getragen wird die Zusammenarbeit mit Erste-Chef Andreas Treichl von gegenseitigem Respekt und Sympathie.

Sozialdemokrat und Katholik

Geyer drängte auch den Einfluss des Wiener Rathauses zurück, seinem Ansehen in SP-Kreisen schadete es nicht. Zuletzt holte ihn Kanzler Werner Faymann in den ÖBIB-Beirat. Es sei ein "Mythos", dass er einer der wenigen wirtschaftspolitischen Berater Faymanns ist. "Wir kennen uns seit vielen Jahren und treffen uns gelegentlich", sagt Geyer.

Zur Kirche unterhält der Katholik beste Kontakte. Das Naheverhältnis geht auf die Gründungszeit zurück, als Äbte Direktoren waren. Die VIG engagiert sich stark im karitativen Bereich, einmal im Jahr bekommen die Mitarbeiter einen Tag frei, um sich sozial zu betätigen. Geyer sei ein "Mensch, der das Herz am richtigen Fleck hat", beschreiben ihn Vertraute.

Der Oberösterreicher ist ein Förderer der Kunst. Als ihm der Maler Christian Ludwig Attersee erzählte, er wolle das Rathaus ummanteln, sagte Geyer spontan: "Wie wäre es mit dem Ringturm?" Attersee war begeistert. "Dann habe ich Angst gehabt vor meinem eigenen Mut", sagt Geyer. Der Topmanager sollte mit seinem Weitblick Recht behalten: Das Bürohaus ist heute schmucker Aufputz im Stadtbild und eine unbezahlbare Werbung.

 

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Motto für die Verkleidung des Ringturms: „Sommerfreuden“ Bild: APA/HELMUT FOHRINGER

Motto für die Verkleidung des Ringturms: „Sommerfreuden“

Nachgefragt ...

Heimat ist für mich … „Ruhe, Zufriedenheit, Schönheit“

Heimweh nach Oberösterreich bekomme ich… „wenn ich Sehnsucht nach Ruhe habe“

Das fehlt mir in Wien aus Oberösterreich... „ab und zu ein oberösterreichisches Essen“

Mein Lieblingsplatz in Wien ... „bei meiner Frau zuhause“

Das gibt es nur in Wien... „viel Kultur“

Der größte Unterschied zwischen Wienern und Oberösterreichern ist... „beide sehr sympathisch. Oberösterreicher sind wirtschaftlicher denkend.“

1824 wurde die „Wechselseitige k.k. priv. Brandschadenversicherungsanstalt“ gegründet. Daran beteiligt waren der Adel, Industrielle, kirchliche Institutionen. Im Laufe der Jahre änderte sich der Name mehrfach, der Aufgabenbereich wurde erweitert. 2006 wurde die Dachmarke Vienna Insurance Group eingeführt.

23.000 Mitarbeiter hat die VIG in 25 Ländern, sie zählt zu den führenden international tätigen Versicherungskonzernen in Zentral- und Osteuropa. 2014 betrug das Prämienvolumen 9,3 Milliarden Euro.

73 Meter ist der Ringturm, die Konzernzentrale der VIG, hoch. Das Gebäude war im Krieg zerbombt worden, 1953 wurde an der Stelle mit dem Bau des damals höchsten Wiener Bürohauses begonnen. Es sollte Signal des Aufbruchs in der westlichen Besatzungszone sein.

 

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