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130 Milliarden Euro, die die Deutschen wieder in Kauflaune bringen sollen

05.Juni 2020

Nach 21 Stunden des Verhandelns präsentierte die deutsche Regierung gestern ein massives Konjunkturpaket, das gestern von vielen Ökonomen gelobt wurde. In einem gemeinsamen Kraftakt werden 130 Milliarden Euro gestemmt, um vor allem die Konsumfreude der Deutschen nach Corona wieder anzuregen. "Die Geschwindigkeit und Klarheit der Ergebnisse hat meine Erwartungen übertroffen", sagte etwa der Chefökonom der Beratungsfirma KPMG, Stefan Fink, der auch an der Fachhochschule Steyr unterrichtet. Zunächst die wichtigsten Punkte im Überblick:

Mehrwertsteuer: Das Konjunkturpaket sieht unter anderem vor, dass von 1. Juli bis 31. Dezember 2020 der Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf 16 Prozent und für den ermäßigten Satz von sieben auf fünf Prozent gesenkt wird. Das ist ein historisches Novum: Bisher war die vor gut 50 Jahren in der Bundesrepublik eingeführte Umsatzsteuer immer nur gestiegen. Ökonomin Margit Schratzenstaller vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) begrüßt die Maßnahme: "Sie ist rasch umsetzbar, sichtbar für Konsumenten und damit vertrauensbildend." Sie sei branchenübergreifend im Gegensatz zur viel kritisierten Abwrackprämie für Autos.

Martin Kocher, Leiter des Instituts für Höhere Studien, sieht die Mehrwertsteuersenkung für Österreich nicht unbedingt geeignet. Unser Inlandsmarkt sei zu klein, ein Teil des Effekts könnte ins Ausland fließen.

Zuschüsse für Familien: Familien sollen pro Kind einmalig 300 Euro über das Kindergeld ausgezahlt bekommen. Bürger und Unternehmen sollen zudem bei den Stromkosten entlastet werden. Dafür soll die EEG-Umlage zur Förderung von Ökostrom-Anlagen ab 2021 über Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt abgesenkt werden. Eine vierköpfige Familie mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 4250 Kilowattstunden spare 2021 rund 11 Euro, im Jahr darauf betrage die Ersparnis 21 Euro.

Hilfe für Kommunen: Die finanziell schwer getroffenen Kommunen bekommen ebenfalls Milliardenhilfen, um wieder investieren zu können. Die Gewerbesteuerausfälle 2020 und 2021 werden zur Hälfte vom Bund ausgeglichen. Schätzungen zufolge macht dies allein 5,9 Milliarden Euro aus. Der Bund soll künftig drei Viertel statt derzeit knapp die Hälfte der Miet- und Heizkosten von Hartz-IV-Beziehern übernehmen. Etwa vier Milliarden Euro sparen die Kommunen dadurch. "Das halte ich für einen wichtigen Schritt, der auch für Österreich wünschenswert wäre", sagt KPMG-Ökonom Fink.

Zukunftsinvestitionen: 50 Milliarden Euro sind für sogenannte Zukunftsinvestitionen vorgesehen, unter anderem zur Förderung von E-Autos und für mehr Ladestationen.

Bei Klimaschutz-Maßnahmen würden Kocher und auch der Chefökonom der Bank Austria, Stefan Bruckbauer, Schwerpunkte setzen, falls sich die österreichische Regierung zu einem Konjunkturpaket entschließt. Auch der KPMG-Ökonom Fink und Wifo-Expertin Schratzenstaller sehen hier viel Positives. "Es wurde versucht, nicht nur konjunkturelle Strohfeuer zu zünden, sondern langfristige strukturelle Maßnahmen zu setzen", sagt Schratzenstaller. Auch Fink befindet: "Da wurde ordentlich geklotzt, nicht gekleckert. Der Maßnahmen-Mix ist gut durchdacht." Themen wie Klimawandel und Nachhaltigkeit wurden ebenso berücksichtigt wie Investitionen in Kinderbetreuung und Schulsystem.

Österreich profitiert von diesem Konjunkturpaket zumindest indirekt. Die Ökonomen sehen aber nicht nur die heimische Regierung unter Zugzwang. "Ideal wäre, wenn ganz Europa mitziehen würde", sagte Bruckbauer. (hn/sd)

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