D er Fachkräftemangel bleibt das brennende Thema am Arbeitsmarkt mit möglichen Folgen auch für die Weiterbildung. Der Stellenwert der Mitarbeiter-Qualifizierung in Österreichs Wirtschaft ist weiterhin auf sehr hohem Niveau.
Laut „WIFI Weiterbildungsbarometer 2023“ halten mehr als acht von zehn Unternehmerinnen und Unternehmer (83 Prozent) Weiterbildung für wichtig/sehr wichtig (2022: 91 Prozent). Trotz des Kostendrucks plant knapp ein Fünftel der Unternehmen (18 Prozent) mehr in die Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu investieren als in den vergangenen Jahren.
Die repräsentative IMAS-Umfrage „Weiterbildungsbarometer“ im Auftrag des WIFI der WKÖ beleuchtet jährlich die Bedeutung beruflicher Weiterbildungen aus Sicht von Unternehmen und Beschäftigten.
„Die Personalsituation spitzt sich für viele Unternehmen zu. Wir brauchen angesichts des Fach- und Arbeitskräftemangels mehr Weiterbildung, um die benötigten Qualifikationen bei den Mitarbeitern auszubilden“, sagt Mariana Kühnel, stellvertretende Generalsekretärin der WKÖ. „Weiterbildung ist hier einer der wichtigsten Hebel – das in die Praxis umzusetzen, ist aber oftmals nicht so einfach.“
Tatsächlich stufen mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Mitarbeitenden lebensbegleitendes Lernen als „sehr wichtig“ ein. An der praktischen Umsetzung scheitert es jedoch vielfach. Nur ein knappes Drittel (31 Prozent) konnte das Weiterbildungsvorhaben auch konkret in die Tat umsetzen. Am häufigsten werden von den Erwerbstätigen die Kosten (13 Prozent), das ständige Up-to-date-Bleiben (elf Prozent) und die zeitliche Vereinbarkeit (zehn Prozent) als herausfordernd genannt.
Das verdeutlicht: Der Wunsch nach mehr Weiterbildung ist mit Forderungen nach einer Arbeitszeitverkürzung kaum vereinbar.
„Das ist unrealistisch und würde überdies die digitale und ökologische Transformation und damit Zukunftsfähigkeit unserer Unternehmen gefährden“, warnt Kühnel. „Die Betriebe haben die Bedeutung richtig erkannt. IT/Digitalisierung und Green Skills sind unter den topgereihten Weiterbildungsthemen. Was wir brauchen, sind Impulse, damit die Bereitschaft hoch bleibt und Weiterbildung auch konkret in die Tat umgesetzt werden kann – sowohl auf Arbeitergeber- wie auf Arbeitnehmerseite –, denn das ist das Trampolin in eine digitale und ökologische Zukunft.“
Schubkraft zur Weiterbildung
„Der Schlüssel, um in Zeiten des Arbeits- und Fachkräftemangels als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, ist eindeutig. Weiterbildung“, macht Markus Raml, Kurator des WIFI Österreich, deutlich: „Wir brauchen eine anhaltend hohe Bereitschaft zu Fortbildungen gerade in Zeiten des Rekordfachkräftemangels – alles andere wäre ein Alarmsignal für eine weitere Zuspitzung der Personalsituation. Ein staatlich finanziertes Bildungskonto für alle Erwerbstätigen sowie die Aufstockung der Fördermittel könnten der beruflichen Weiterbildung gerade jetzt die benötigte Schubkraft verleihen.“
Laut Umfrage würden 81 Prozent der Erwerbstätigen und 77 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer die Aufstockung staatlicher Förderungen für Weiterbildung begrüßen. Ein staatlich finanziertes Bildungskonto würden 74 Prozent der Erwerbstätigen und 79 Prozent der Unternehmer in Anspruch nehmen. Die mit Abstand wichtigsten Fortbildungsthemen sind aus Sicht der Unternehmer die Bereiche IT und Digitalisierung (65 Prozent) sowie Technik (62 Prozent).
Gleich dahinter folgen Qualitätsmanagement (61 Prozent), Nachhaltigkeit/Green Skills (56 Prozent) und Innovation/digitale Transformation (55 Prozent). Auch Rechnungswesen (52 Prozent) und Gesundheit (50 Prozent) sind sehr gefragt.
Sowohl die Hälfte der Unternehmer als auch der Mitarbeiter empfinden das Präsenzseminar als geeignetste Form der Weiterbildung.
Dem Online-Kursangebot stehen Erwerbstätige mit zwölf Prozent wesentlich offener gegenüber als die Betriebe (sechs Prozent). Letztere tendieren mit 39 Prozent allerdings deutlich stärker zur Hybridvariante Blended Learning als die Erwerbstätigen (21 Prozent).
Gleichzeitig stufen 70 Prozent ihre digitalen Kompetenzen für Online-Kurse als ausreichend ein.
„Als führender Blended-Learning-Anbieter in Österreich sehen wir diese Studienergebnisse als klaren Auftrag, die WIFI-Bildungsangebote noch stärker an die Bedürfnisse der Mitarbeitenden und ihrer Unternehmen anzupassen“, sagt Tatjana Baborek, Institutsleiterin WIFI Österreich, und verweist darauf, dass seit einigen Jahren vermehrt Alternativen für die klassische berufsbegleitende Weiterbildung abends und an Wochenenden nachgefragt werden.
Inhaltlich könne hingegen noch Aufklärungsarbeit geleistet werden: „Nach wie vor sind mehr als 10.000 Stellen in klimarelevanten Berufen offen. Dafür gibt es maßgeschneidert konzipierte WIFI-Bildungsangebote“, berichtet Baborek.
Berufliche Bildung kann somit zu einem Innovationshebel für die Wirtschaft werden – das wird derzeit noch zu wenig ausgeschöpft. Um dieses Potenzial zu entfesseln, gilt es nun von politischer Seite entsprechende Akzente zu setzen.