Wenn sie fliegen, wird es still
SANKT MORITZ. Die Flugretter von St. Moritz hoffen auf möglichst wenige "erhebende Momente".
Der rote EC-145-Hubschrauber der Schweizer Rettungsflugwacht "Rega" hatte bei der Ski-WM in St. Moritz schon ziemlich viel "Airtime". Leider. Den Besatzungsmitgliedern wäre es lieber, sie hätten hier wenig bis gar nichts zu tun. Wenn sie fliegen, wird es unten im Zielstadion still, weil oben ein verletzter Sportler im Schnee liegt, der möglichst schnell Hilfe braucht.
"Unser Auftrag ist es, den Weg von der Erstversorgung bis zur intensiven medizinischen Betreuung zu verkürzen", sagt Daniel Oesch, der als Rettungssanitäter auch im Einsatz war, als die ÖSV-Hoffnung Mirjam Puchner am vergangenen Mittwoch mit einem Schien- und Wadenbeinbruch in die Gut-Klinik von St. Moritz geflogen wurde. Gemessen an den anderen Einsätzen der "Rega" -Crews ist die Ski-WM eher eine leichtere Übung. Pilot Jacques-André Dévaud muss zwar die tückischen Nebelbänke – auch Malojaschlange genannt – im Auge behalten, und auch die dünnen Seile der "fliegenden Kamera" sind eine fast unsichtbare Gefahrenquelle, aber im Vergleich zum hochalpinen und weniger erschlossenen Gelände ist die fliegerische Herausforderung am Hausberg von St. Moritz überschaubar. Auch sonst ist der Job nicht unbedingt "business as usual". "Hier gibt es eine perfekte Rettungskette mit den Ärzten am Pistenrand. Wenn wir kommen, ist die Erstversorgung meistens abgeschlossen", sagt Ivo Breitenmoser, der als Notarzt an Bord ist und so wie seine Kollegen hofft, dass nicht allzu viele "erhebende Momente" bei dieser WM auf ihn zukommen werden. In der ersten Woche ist es trotzdem zu einigen schweren Unfällen gekommen, was ihm zu denken gibt. Breitenmoser: "Wären das nicht so austrainierte Sportler, würde mancher Sturz noch fatalere Folgen haben."
Nach einer geglückten Bergung ist der Job der Flugretter übrigens nicht erledigt. Oesch: "Wir verfolgen meistens den weiteren Weg des Verletzten und freuen uns, wenn er wieder auf die Beine kommt. Außerdem wird jeder Einsatz analysiert, um daraus zu lernen." Wie viele Menschenleben Oesch und Breitenmoser schon gerettet haben, weiß keiner. Darüber wird nicht Buch geführt. "Die Zahl der Toten kenne ich aber genau", sagt Breitenmoser und geht mit seinen Kollegen zum kleinen Container neben dem Hubschrauber-Landeplatz, um es sich dort drinnen gemütlich zu machen. Hoffentlich ungestört.
Die WM-Verletztenliste
- Lara Gut (Sz): Bänderrisse im Knie; beim Einfahren vor dem Kombi-Slalom
- Mirjam Puchner (Ö): Schien- und Wadenbeinbruch; Abfahrtstraining
- Olivier Jenot (Mon): innere Blutungen; Super-G
- Adam Zampa (Svk): Becken- und Fersenbeinprellungen; Super-G
- Thomas Biesemeyer (USA): Schulterluxation; Super-G
- Max Ullrich (Kro): Becken- und Schulterprellung; Super-G
- Martin Khuber (Kaz): Bruch des 2. und 3. Halswirbels; Abfahrtstraining
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