Weit gesprungen, tief gefallen
LINZ/HELSINKI. Matti Nykänen starb in der Nacht auf Montag. Er wurde nur 55 Jahre alt.
"Die Hölle ist nicht so schlimm, wie mein Leben jahrelang war." So blickte Matti Nykänen einmal auf jene Zeiten zurück, in denen er den Boden unter seinen Füßen verlor und mit Alkohol-Exzessen und anderen Eskapaden arg ins Trudeln kam. Er machte viele derartige Lebensphasen durch. Zu viele. Die finnische Skisprung-Legende starb in der Nacht auf Montag. Nykänen wurde nur 55 Jahre alt.
Früher einmal war der Finne der beste Skispringer wer Welt gewesen. Schon mit 18 holte er den ersten WM-Titel, ein Jahr später gewann er die Vierschanzentournee, mit 20 holte er in Sarajevo die erste von insgesamt vier Olympia-Goldmedaillen. Mit insgesamt 46 Weltcup-Siegen stellte Nykänen einen vermeintlichen "Rekord für die Ewigkeit" auf. Erst 2013 wurde er von Österreichs Überflieger Gregor Schlierenzauer, was die Zahl der Einzelsiege betrifft, überflügelt. Damals ließ es sich Nykänen nicht nehmen, dem Tiroler persönlich beim Weltcup in Kuopio zu gratulieren. Da blickte der blonde Finne nicht nur auf eine große sportliche Karriere zurück, sondern auch auf eine lange "Laufbahn" als Alkoholiker.
Pop-Sänger und Stripper
Eskapaden hatte es schon während seiner aktiven Zeit gegeben. Die finnische Mannschaft bemühte sich allerdings lange, die Spuren der Nächte so gut es ging zu verwischen. Nykänen hatte einen Helden-Status erreicht, so einen lässt man nicht so schnell fallen. Eine Aussage seines langjährigen Trainers Matti Pulli sollte sich später bewahrheiten. Leider. "Ich mache mir um ihn Sorgen, wenn er einmal nicht mehr springen wird", sagte der Wegbegleiter. Tatsächlich erlebte Nykänen nach dem Karriereende den freien Fall. Er trat vom Alkohol gezeichnet als (eher untalentierter) Pop-Sänger oder Stripper auf und geriet wegen seiner Gewaltausbrüche mit dem Gesetz in Konflikt. Nach einer Messerattacke auf einen Freund musste Nykänen ins Gefängnis. Nach seiner Entlassung im September 2015 griff er eine seiner drei Ex-Frauen tätlich an. Alle seine Medaillen und Trophäen hatte er im Lauf der Zeit verkaufen müssen, um sich finanziell über Wasser zu halten.
"Wie in einer Blase"
Unterbrochen wurden die langen Phasen des alkoholbedingten Kontrollverlustes aber auch von Zeiten, in denen es Nykänen gelang, seine Haltungsnoten zu verbessern. "Wenn du trinkst, lebst du wie in einer Blase, siehst keinen Sinn", gab er da zu Protokoll.
"Ich hatte den freundlichen, hilfsbereiten, gesprächigen Matti ebenso kennengelernt wie jenen trunkenen, aufbrausenden oder abweisenden Menschen", erinnert sich der österreichische Journalist Egon Theiner, der an Nykänens Biografie "Grüße aus der Hölle" mitgearbeitet hat. Viele ehemalige Wegbegleiter des früheren Weltklasse-Springers reagierten gestern bestürzt auf den Tod des Finnen. "Ein ganz Großer des Skisprungsports fliegt jetzt für immer", schrieb Andreas Goldberger auf Facebook. Und Deutschlands Dieter Thoma meinte: "Heute ist ein großer Sportler gegangen. Er war ein sehr guter Mensch – wenn er nüchtern war." Über die Todesursache gab es zunächst keine Informationen. Von offizieller Seite hieß es, Matti Nykänen sei "seit einiger Zeit krank gewesen". (chz)
Bei Olympia in Calgary holte er 1988 drei Goldmedaillen.
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