Aderlass-Prozess: Fallen vor Gericht neue Namen?
MÜNCHEN. Im bisher größten Doping-Prozess in Deutschland, der heute vor dem Landgericht in München beginnt, müssen sich der Sportmediziner Mark S. als Drahtzieher eines international operierenden Blutdoping-Netzwerkes und vier seiner mutmaßlichen Komplizen verantworten.
Sie waren im Zuge der "Operation Aderlass", die Razzien bei der Nordischen Ski-WM 2019 in Seefeld zur Folge hatte, aufgeflogen.
Der Sportarzt hatte Ende 2011 begonnen, regelmäßig weltweit Blutdoping zu betreiben. Nachgewiesen wurde, dass mindestens 23 Athleten aus acht Nationen besonders aus dem Spitzensport seine betrügerischen Dienste in Anspruch genommen haben. Auch aus Österreich hatte Mark S. zahlreiche Kunden, darunter etwa die Radprofis Georg Preidler und Stefan Denifl sowie die Langläufer Max Hauke, Dominik Baldauf, Johannes Dürr und Harald Wurm.
Ausgelöst haben die Ermittlungen zu dem Skandal die Aussagen von Dürr. Der Niederösterreicher hatte in der ARD-Dokumentation "Die Gier nach Gold" über sein Blut-Doping in Deutschland berichtet. Das führte im Februar 2019 unter anderen zu Razzien deutscher und österreichischer Behörden.
"Ich sage es mal vorsichtig: Es kann und müsste mehr als das herauskommen, was wir jetzt wissen. Es sind sicherlich noch mehr Sportler involviert, das System wird größer gewesen sein", sagt der Heidelberger Sportrechtler Michael Lehner. "Mich würde interessieren: Steckt noch jemand dahinter, vielleicht eine Doping-Mafia, oder war Mark S. alleine? Gibt es große Namen? ", betonte Lehner weiter: "Ich bin ja nicht naiv und habe meine Berufserfahrung. Bei so einer großen Maschine zur Blutaufbereitung, die von S. erworben wurde – das muss sich ja schon rein wirtschaftlich lohnen. Da müssen viel mehr Personen involviert gewesen sein."