Viren, Bruchlandungen, Wind: Auf dem Bergisel überstürzten sich die Ereignisse

Von Roland Vielhaber aus Innsbruck   05.Jänner 2017

Der Bergisel war gestern ein Berg voller Sorgen. So konnte am Ende einer Windlotterie eigentlich nur der Norweger Daniel Andre Tande jubeln: Der Oberstdorf-Sieger gewann mit einem starken 128-Meter-Flug (der zweite Durchgang wurde abgeblasen). Damit jagte er Kamil Stoch (Pol) die Gesamtführung in der Tournee-Wertung ab. Stefan Kraft, geschwächt von einem Magen-Darm-Virus, verlor als 18. vor dem Dreikönigsspringen am Freitag (16.45 Uhr) an Boden. Er gibt sich aber im Kampf um den Goldenen Adler nicht geschlagen: "17 Punkte Rückstand (umgerechnet rund neun Meter) ist gar nicht so viel. Die Schanze in Bischofshofen ist groß, und ich mag sie."

Vor dem Bergisel-Springen hatte es den ÖSV-Adlern, wie es Kraft ausdrückte, "ordentlich reingesch...". Wie aus dem Nichts hatte in der Nacht zuvor den Salzburger sowie dessen Zimmerkollegen Michael Hayböck (konnte gar nicht antreten) und Andreas Kofler ein Magen-Darm-Virus heimgesucht. Den Probedurchgang ließ der geschwächte Mitfavorit Kraft deshalb aus. Doch auch im Wettkampf lief es nicht nach Wunsch: Als letzter Springer im Feld musste er lange warten, bis ihn die Jury wegen der Windverhältnisse vom Bakken ließ. "Beim Sprung spürte ich nie einen Luftpolster unter mir", sagte der 23-Jährige. Ausreden, dass er durch die Krankheit geschwächt sei, ließ Kraft nicht gelten: Es werde von Stunde zu Stunde besser, sagte er.

Kuttins "Geburtstagsgeschenk"

ÖSV-Cheftrainer Heinz Kuttin, der heute 46 Jahre alt wird, hätte sich jedenfalls ein schöneres Geburtstagsgeschenk vorstellen können, Manuel Fettner (der Tiroler schlief zuhause und war gesund) landete als Bester seiner Mannschaft auf Rang sieben. Kuttin: "Der Wettkampf war furchtbar zum Anschauen." Und auch nicht fair. Die Ergebnislisten wurden jedenfalls ordentlich durcheinanderwirbelt. Robert Johansson (Nor) und Jewgenij Klimow (Rus) belegten überraschend die Plätze zwei und drei. Kuttin: "Tande hatte aber einen sehr guten Sprung, er hat die Verhältnisse genützt und verdient gewonnen."

Der Norweger lachte vor Glück: "Es ist extrem schön, das Rote Trikot des Gesamtführenden zu tragen. Aber natürlich wollen wir Skispringer so ein Wetter gar nicht."

Wie der junge Österreicher Florian Altenburger legte auch der Tournee-Zweite Kamil Stoch eine Bruchlandung hin, und zwar im Probedurchgang. Der Pole konnte seinen Arm danach kaum bewegen, stürzte sich aber trotzdem in die Tiefe. Danach ging es ins Spital zum Röntgen ...

 

Bettruhe für Hayböck
Krankenstand: M. Hayböck (apa)

Bettruhe für Hayböck

Sein Mentor und ehemaliger Trainer Rupert Gürtler wollte am Dienstag Michael Hayböck nach dessen starkem Qualifikations-Sprung (Rang vier) noch eine kleine Flasche mit homöopathischer Arznei gegen Verkühlungen mit ins Hotel geben. Michael Hayböck lehnte dankend ab: „Mir geht es gut“, sagte der 25-jährige Oberösterreicher. Nur ein paar Stunden später lag der Athlet vom UVB Hinzenbach im Bett. Die Magen-Darm-Infektion, die fast das gesamte ÖSV-Springerteam heimsuchte, hatte den Oberösterreicher am heftigsten erwischt. Gestern in der Früh stand fest: Der Tournee-Gesamtdritte des Vorjahres musste für das Bergisel-Springen (Hayböck hält hier den Schanzenrekord) passen.

„Leider ist Michael Hayböck so geschwächt, dass er nicht starten kann. Wir sind aber zuversichtlich, dass er bis zum Bewerb in Bischofshofen wieder einsatzfähig sein wird“, sagte ÖSV-Arzt Peter Baumgartl. Das Tournee-Finale in Bischofshofen geht morgen in Szene, Hayböck hat dort 2015 gewonnen.

Betroffen von dem Virus waren neben Hayböck und Kraft (die beiden Zimmerkollegen bezogen eigene Zimmer) auch Andreas Kofler und Manuel Fettner.

Kurios: Hayböck hätte gestern im K.o.-Duell gegen den Deutschen Severin Freund antreten sollen. Der „Zweikampf“ fand nicht statt. Der Weltmeister war wegen eines grippalen Infekts unmittelbar nach der Qualifikation von der Tournee abgereist: „Das ist zwar bitter, aber da es in der Saison noch einiges zu holen gibt, wäre es unklug, nicht auf den eigenen Körper zu hören.“