Immer wieder Österreich: Die Tournee hat ein rot-weiß-rotes Kennzeichen

Von Roland Vielhaber aus Innsbruck   03.Jänner 2017

Der erste Blick auf die Ergebnislisten verrät nicht, dass Österreich im Skispringen nach wie vor den Ton angibt. Da finden sich zur Halbzeit unter den ersten acht der Tournee-Wertung Polen (Stoch 1., Zyla 5. und Kot 8.), Österreicher (Kraft 2., Hayböck 6.), ein Norweger (Tande 3.) und ein Deutscher (Eisenbichler 4.). Das Spitzenfeld um den Kampf um den Gesamtsieg ist also recht international aufgestellt – und doch fußt der Höhenflug all der genannten Athleten auf den Umstand, dass sie allesamt einen österreichischen Trainer haben: Dabei sind Stefan Horngacher (Polen), Werner Schuster (Deutschland), Alexander Stöckl (Norwegen) und Heinz Kuttin (Österreich) nicht die einzigen, die auf dem Trainerturm "Österreichisch" sprechen.

Seit heuer ist Andreas Mitter (sein Bruder Christian ist bei den norwegischen Alpinen Cheftrainer) der starke Mann bei den Finnen, dazu kommen Richard Schallert (Tschechien) oder Robert Treitinger, der in Frankreich als Co-Trainer Aufbauarbeit leistet, sein Athlet Vincent Descombe Sevoie wurde beim Neujahrsspringen Neunter. Warum die rot-weiß-roten Coaches so hoch im Kurs stehen? Toni Innauer: "Wir haben eine eigene Kultur entwickelt." Und Kuttin sagt: "Wer erfolgreich ist, bei dem wird gerne gefischt."

Aus rot-weiß-roter Sicht sind in diesen Tagen die Augen vor allem auf Tournee-Leader Kamil Stoch und seinen Trainer Horngacher gerichtet. Dass der Doppel-Olympia-Sieger nach Turbulenzen wieder auf Wolke sieben schwebt, ist laut ÖSV-Coach Kuttin "zu einhundert Prozent ein Erfolg" von Horngacher. "Er hat eine klare Führung, das brauchen diese Athleten", sagt der Kärntner über den 47-jährigen Tiroler, gemeinsam hatten die beiden ehemaligen Weltklassespringer vor zehn Jahren das polnische Team zwei Jahre lang betreut. Kuttin: "Damals waren die heutigen Top-Leute der Polen noch jung, der Steff kennt also die Charaktere."

Geld spielt keine Rolle

Dazu kommt, dass mit Adam Malysz der ehemalige polnische Superstar als Sportkoordinator ins Spiel gekommen ist, nach einem Ausflug zur Dakar-Rallye ist er der Mann, der viele Unebenheiten bereinigen kann, also der perfekte Trouble-Shooter. Dank eines Sponsors aus der Ölbranche seien auch mehrere Trainingszentren entstanden. "Geld dürfte nicht die große Rolle spielen", sagt Kuttin mit einem Augenzwinkern.

Wohl auch deshalb, weil die Polen im positiven Sinne skisprung-verrückt sind. "Die Begeisterung in diesem Land für das Skispringen ist noch einmal größer als in Österreich. Zuletzt haben meine Burschen sogar auf dem Flughafen den Hinterausgang benützen dürfen, damit sie der Presse entkommen können", erzählte Horngacher, der mit seiner Frau und seinen zwei Kindern im Schwarzwald lebt. Mitte Mai hatte er mit Stoch und dem gesamten Team in Hinzenbach trainiert, es war eine erste Kontaktaufnahme: "Hier konnten wir unbeobachtet von der Öffentlichkeit in aller Ruhe arbeiten."

Kuttin hofft auf den Heimvorteil

Horngacher kann dabei auch beim Betreuerstab aus dem Vollen schöpfen: Er hat zwei Co-Trainer, außerdem wurde ein Spezialist für Materialentwicklung verpflichtet. Die Maßnahmen haben gefruchtet. Erstmals in der Geschichte des Skisprung-Weltcups wurde heuer ein Teambewerb gewonnen. Und jetzt lautet Horngachers Devise: "Wir haben eine Chance, die Tournee zu gewinnen." Eine klare Ansage. Aber auch sein Widersacher Kuttin sagt: "Jetzt kommen unsere Heimschanzen. Die Devise lautet: Angriff."

Eines ist jedenfalls sicher: Egal, aus welchem Land nach den Bewerben in Innsbruck (Mittwoch) und Bischofshofen (Freitag) der Tournee-Gesamtsieger kommen wird – ein österreichischer Trainer jubelt am Ende mit.