Stenmark: "Er wird meinen Rekord brechen"
ÅRE. Gar nicht schweigsam: Schwedens Ski-Legende Stenmark redete viel - auch über Hirscher.
Gestern, High Noon im WM-Medienzentrum Åre: Es muss kein neuer Stern am Alpin-Himmel aufgegangen sein, um Dutzende Mikrofone, Kameras und Reporter in Bewegung zu setzen. Es genügt einer, der als Aktiver das Rampenlicht wie der Teufel das Weihwasser gescheut hat – Schwedens überaus beliebter Ski-König Ingemar Stenmark. Das Gedränge um den 62-Jährigen ist riesig, andere Legenden bleibt fast nur die Statistenrolle: Ein französisches TV-Team erbarmt sich und führt ein Interview mit Luc Alphand, sieben norwegische Journalisten versammeln sich um Kjetil Andre Aamodt. Erst als Anja Pärson (mit verständlicher Verspätung) den Saal betritt, wird auch sie ganz ordentlich mit Fragen gelöchert.
Dennoch ist Stenmark der überlegene Sieg bei diesem Vorspiel zum Legendenrennen unter Flutlicht nicht streitig zu machen. "Wahnsinn, ich habe ihm schon so oft Fragen gestellt, aber jetzt ist es das erste Mal, dass ich auch eine Antwort bekommen habe", strahlte ein Medienvertreter, der schon jahrzehntelang durch den Ski-Weltcup tingelt.
Als Aktiver war Stenmark nicht nur für viele Gegner (weil zu langsam) unnahbar, auch in der Öffentlichkeit hinterließ er Fragezeichen. Schweigsam, schüchtern, in sich gekehrt – durch die Bank Attribute, die den dreimal verheirateten Superstar der 1970er und 1980er Jahre noch interessanter gemacht haben.
"Ich verstehe das absolut"
Hier in Åre zeigt sich der fünfmalige Weltmeister und Doppel-Olympiasieger (in Slalom und Riesentorlauf) wie ausgewechselt. Vielleicht liegt das auch daran, dass er das Theater, das Lindsey Vonn nach ihrem Abschiedsrennen mit ihrem Idol aufgeführt hatte, unbeschadet überstanden hat.
Stenmark redet für seine Verhältnisse wie ein Wasserfall. Und ja, er macht auch Scherze und kann lachen. "Sie wollen meine Meinung zur verkürzten Abfahrt wissen? Da bin ich der Falsche, mit der Abfahrt hatte ich es nie so", grinste der Edeltechniker, der immer noch den Rekord an Weltcupsiegen (86) hält.
Dass ihn Vonn (82 Erfolge) unbedingt überflügeln wollte, muss jemandem, dem Zahlenspiele und diese Bestmarke wenig bis gar nichts bedeuten, ein bisschen komisch vorkommen. Oder?
"Überhaupt nicht, ich verstehe das absolut", erwidert der Skandinavier: "Lindsey hatte doch schon alles gewonnen. Sie brauchte ein Ziel, das sie antreibt und motiviert. Das war eben mein Rekord."
Der Nächste, der sich zumindest auf dem Papier darum bewirbt, ist Österreichs Skistar Marcel Hirscher, der heute in Åre erscheinen wird. Hirscher hat 68 Weltcupsiege gefeiert, aber keine Ambitionen, noch ewig zu fahren. Trotz seiner erst 29 Jahre.
Stenmark zeigt sich vom siebenfachen Gesamtweltcup-Triumphator beeindruckt: "Hirscher ist so stark, er hat alles, was es braucht – die Physis, die Technik, die Mentalität. Wenn er ein schlechtes Rennen oder auch nur einen schwächeren Lauf hat, kommt er unglaublich zurück. Er wird meinen Rekord brechen. Und Mikaela Shiffrin auch. Sie wird öfter als 100 Mal gewinnen."
Video: Medienrummel um Ski-König Ingemar Stenmark
Trotzdem ist Stenmark nicht zu schlagen, in der Zeit wo er gefahrenen ist. Material war anders und menschlich ein super Typ. Nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.