Keine Feier ohne Kriechmayr: Folgt noch ein dritter Streich?

Von Alexander Zambarloukos aus Åre   11.Februar 2019

Mit den Abläufen im "TirolBerg" in Åre ist Vincent Kriechmayr mittlerweile bestens vertraut. Lobeshymnen, Interviews, Blitzlichtgewitter, Geschenkgutscheine (diesmal für eine Urlaubswoche in Ischgl), gemütliches Abendessen mit Eltern, Cousins, Cousinen und Fanclub, viele Gratulanten und Schulterklopfer – so lief das am Samstag ab in der rot-weiß-roten Feier-Zone, die "Vinc" wie schon am Mittwoch relativ früh verließ.

Dass der 27-jährige Gramastettner nach Silber im Super-G auch Bronze in der Abfahrt gewann und abgesehen von Edelmetall mit einem Gesamt-Preisgeld von 42.500 Euro belohnt wurde, lässt ihn nicht zum Partytiger werden.

Früh zum Slalomtraining

"Ich bin hierher gekommen, um eine Medaille zu holen. Jetzt habe ich zweimal abgeräumt, das ist ein großer Moment in meiner Karriere. Trotzdem ist es eine sparsame Feier, weil ich mich noch einmal gut präsentieren will", sagte Kriechmayr und meinte damit die für heute angesetzte Kombination (11/14.30 Uhr, jeweils ORF eins). Gestern hatte schon früh der Wecker geklingelt, von 9 bis 11 Uhr ging’s zum Slalomtraining. Ob noch ein dritter Streich folgt? Kriechmayr: "Ich bin sicher Außenseiter, aber ich werde noch einmal alles geben, was ich draufhabe."

Keine Feier ohne Kriechmayr: Folgt noch ein dritter Streich?
Teamkollegen und Trainer ließen den zweifachen Medaillengewinner hochleben.

Teamkollegen und Trainer ließen den zweifachen Medaillengewinner hochleben.

Am Samstag freute er sich nicht nur über Bronze, sondern auch über die norwegischen Nebenmänner, mit denen er auf dem Stockerl stehen durfte, Weltmeister Kjetil Jansrud und Aksel Lund Svindal. "Für mich ist das eine große Ehre." Vor allem Svindal, der in seinem letzten Rennen noch einmal alles aus sich herausholte, rang "Vinc" großen Respekt ab: "Aksel ist eine der größten Persönlichkeiten im Skisport, man hat ihm nie angesehen, wie viel er erreicht hat. Er ist immer sympathisch rübergekommen. Wir werden ihn vermissen." Svindals verwegene Silberfahrt war für Kriechmayr keine echte Überraschung, schon in Kitzbühel hatte der Oberösterreicher das warnende Orakel gegeben: "Wir können uns auf einiges gefasst machen."

Aus Kriechmayrs Sicht waren die beiden "Super-Elche" diesmal nicht einzufangen. "Es ist keine Schande, sich von zwei solchen Norwegern schlagen zu lassen."

"Es war leicht zu fahren"

Die ehemalige Slalom- und Riesentorlaufkönigin Pernilla Wiberg, die jetzt für das schwedische TV arbeitet, attestierte allen drei Medaillengewinnern "herausragende Leistungen unter extremen Bedingungen". Dass die sympathische Schwedin in ihrer Expertise Kriechmayrs Wurzeln nach Hinterstoder verlegte, sei ihr verziehen. Dort (genauer gesagt in St. Pankraz) ist jener Mann zu Hause, der den Abfahrtskurs gesetzt hat: Hannes Trinkl, FIS-Renndirektor Speed, Weltmeister 2001, Kapitän der Energie-AG-Sportfamilie, Mentor und Freund von Kriechmayr.

Keine Feier ohne Kriechmayr: Folgt noch ein dritter Streich?
Svindal, Jansrud, Kriechmayr

Svindal, Jansrud, Kriechmayr

 

Auch Vincents Verein, TVN Sparkasse Colop Wels, ist mächtig stolz auf seinen so erfolgreichen Schützling: "Jeder hat sich mit ihm gefreut. Er ist wegen seiner bescheidenen Art bei allen beliebt", strahlte Obmann-Stellvertreter Manfred Hochhauser. Kriechmayr war als Elfjähriger eher zufällig beim TVN gelandet. "Kannst du einen Skifahrer brauchen? Der ist sehr gut, hat aber keinen Verein", erinnert sich TVN-Coach Hermann Zemsauer (68) an einen Anruf im Jahr 2002 vom damaligen Lehrer Franz Pühringer aus der Ski-Hauptschule Windischgarsten.

Ein wichtiger Karriere-Baustein. Kriechmayr ist aber auch mental enorm stark. Er hadert nicht mit Wind, Wetter oder Verschiebungen, er stellt sich darauf ein und entsprechend um. "Es war leicht zu fahren, weil das Tempo nicht hoch war", sagte "Vinc" nach der Abfahrt. Ein Statement, das in krassem Widerspruch zu den Wortspenden seiner geschlagenen Rivalen stand. Beat Feuz (Sui) beklagte sich über einen "Blindflug", die Südtiroler Dominik Paris ("Es ist nicht okay") und Christof Innerhofer ("Ich bin wütend, dass so ein wichtiges Rennen durchgepeitscht wurde") bewältigten den Interview-Marathon mit finsterer Miene.

Immer noch hungrig

Kriechmayr indes grinste wie ein Honigkuchenpferd, sein Erfolgshunger ist freilich nicht gestillt: "Es gibt ja noch etwas, was über Silber und Bronze steht." Vor "Vinc" war übrigens der viel zu früh verstorbene Rudi Nierlich der letzte Oberösterreicher gewesen, der zwei Medaillen bei einer Ski-WM erobert hatte – 1989 Doppel-Gold in Vail.

 

Und so geht es weiter mit der Nordischen Kombination