Der Tag, an dem ein Schutzengel mit Marcel Hirscher flog
Im italienischen Madonna werden Erinnerungen an den Drohnenabsturz beim Nachtslalom wach.
Marcel Hirscher wäre nicht Marcel Hirscher, hätte er nicht die Renn-Historie auf italienischem Schnee mitgeprägt. Angesichts der Fülle an Erfolgen ist es unmöglich, sich an jeden seiner 67 Weltcupsiege detailgetreu zu erinnern. Aber manchmal genügt auch ein zweiter Rang mit unliebsamen Nebengeräuschen, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
So geschehen am 22. Dezember 2015, also vor rund vier Jahren, ebendort – in Madonna di Campiglio, von wo aus erschreckende Fernsehbilder um die Welt gingen.
Im zweiten Lauf des achtmaligen Gewinners der großen Kristallkugel, der am 4. September 2019 seinen Rücktritt erklärte, war eine Drohne des Rechteinhabers Infront, die mitreißende Luftaufnahmen transportieren sollte, abgestürzt und haarscharf hinter dem zum Glück pfeilschnellen Hirscher (es war knapp ein Meter) zerschellt.
Es schien fast so, als hätte ihm ein Schutzengel Flügel verliehen.
"Einer Katastrophe entgangen"
Nicht auszudenken, was passieren hätte können, wenn der Salzburger getroffen worden wäre. Hirscher hätte tot sein können. Minuten nach dem glimpflich verlaufenen Zwischenfall stand ihm bei der Siegerehrung der Schrecken ins Gesicht geschrieben.
"Wir sind nur knapp einer Katastrophe entgangen", sagte FIS-Renndirektor Markus Waldner. Die Entschuldigung des lokalen Organisationskomitees nahm Österreichs Ski-Star Hirscher nur zähneknirschend an, im öffentlich-rechtlichen italienischen Fernsehen fand der heute 30-Jährige deutliche Worte: "Das ist eine Schweinerei – einfach schrecklich. So etwas darf nie wieder passieren. Ich habe mein Weihnachtsgeschenk schon früher (zwei Tage vor dem Heiligen Abend, Anm.) erhalten, ich bin unverletzt. Ich hatte sehr viel Glück."
Ursächlich für den Drohnenabsturz könnte eine unvorhergesehene starke Frequenzstörung gewesen sein. Im Jahr darauf wurde ein Flugverbot für Madonna verhängt. Hirscher wurde wieder Zweiter – abermals hinter dem Norweger Henrik Kristoffersen, der auch heute zum engen Favoritenkreis gehört.
Sportlich war Madonna (wie so viele andere Weltcuporte auch) eine Reise wert für Hirscher. 2012 und 2017 trug sich der Champion in die Siegerliste ein. An Ingemar Stenmark kam er aber nicht heran.
Der legendäre Schwede triumphierte bei den sogenannten 3-Tre-Rennen, die beginnend mit 1950 auch Super-G, Abfahrt, Riesentorlauf und Kombination servierten, zwischen 1974 und 1983 zwölfmal. Jetzt ist die jüngere Garde an der Reihe. Dazu gehören die ÖSV-Asse Schwarz und Michael Matt, die vor einem Jahr auf das Stockerl rasten. Sozusagen als "Kronprinzen" des Schweizers Daniel Yule.
Matts Form passt, den Zagreb-Ausfall in aussichtsreicher Position (Halbzeit-Zweiter) muss der 26-jährige Arlberger abhaken. "Das Tempo ist da. Ich weiß, dass ich vorne mitfahren kann. In Madonna pfeift es wieder." Ohne Drohne.
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Wie es scheint, dürfte die Skination Österreich in den technischen Disziplinen, nach Hirschers Abgang, eine Durststrecke durchlaufen müssen.