Hans Pum: Ein Tänzer auf allen Hochzeiten

Von Von Marlies Czerny   23.November 2010

Nicht wundern: Wenn Ihnen am Samstag beim Auftakt der Nordischen in Kuusamo Hans Pum ins Auge springt, hat alles seine Richtigkeit. 33 Jahre lang hat sich Pum um die Alpinen gekümmert, 14 Jahre lang als deren Direktor. Weil ihn im Juni ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel zum Sportdirektor aller Sparten ernannt hatte, hob der 56-jährige Mühlviertler erstmals nicht mit den Seinigen nach Übersee ab, sondern macht einen Seitensprung zum nordischen Saison-Opening. Treffen künftig die Biathleten nicht mehr ins Schwarze oder kommen den Skicrossern Probleme in die Quere, lautet auch ihre Anlaufstelle: Pum.

„Früher hab’ ich geschaut, dass die Alpinen alles haben. Heute schaue ich, dass alle alles haben“, fasst Pum im OÖN-Interview seine neue Aufgabe zusammen. Es hat Zeiten gegeben, in denen sich die Alpinen freuten, wenn die Nordischen versagten – und umgekehrt. Die neuen Schlüsselworte lauten: Symbiosen schaffen, Synergien nützen.

Doch was kann Schlierenzauer von Walchhofer lernen? Was soll sich ein spindeldürrer Skispringer von einem stämmigen Abfahrer abschauen? Die Anfahrtshocke zum Beispiel, die Toni Giger einst für die ÖSV-Herren revolutionierte. Im Gegensatz zu Pum weilt der Ex-Herrenchef in den USA – und leitete dort als Chef der Innovations- und Forschungsabteilung Tests auf dem so „bösen“ US-Schnee. Zuvor behandelte Giger auch die Bindungsprobleme der Springer. „Man tauscht sich wirklich aus unter den Sparten und sagt: Das haben wir so gemacht, das so“, spürt Skisprung-Cheftrainer Alex Pointner gemeinsamen Aufwind aus regelmäßigen Spartentreffen. 39 Personen hat der ÖSV allein für gemeinsame Ski-Präparierung und Materialoptimierung angestellt.

Pum stellt aber klar: Die Alpinen seien weiterhin das Flaggschiff. „Es kommt ja auch kein Urlauber zum Skispringen nach Österreich“, argumentiert er. Immerhin: Seit zwei Jahren finanzieren die Springer ihren eigenen Betrieb, naschen nicht mehr von Alpin-Einnahmen mit. Vor allem die Vier-schanzentournee bringt eine Lawine an TV-Geld. „Auch die Biathleten sind am besten Weg dorthin.“ Ein Sorgenkind neben den Langläufern („Da sind Dinge passiert, die dem ganzen ÖSV geschadet haben, wir brauchen neue Strukturen“) sind die Nordischen Kombinierer. „Da hast du zwar Supersportler, aber allein heuer finden drei Weltcuprennen weniger statt.“

Eine große Baustelle befindet sich bei den Kleinen. „Viele Junge sind früh übersättigt vor lauter Druck“, gesteht Pum, „nur die Besten kommen durch. Diese frühe Selektion soll wieder Spaß und Freude weichen.“ An die 3500 Schüler bis 14 Jahre fahren Ski-Rennen, ein Jahr später (Einstieg FIS-Alter) gehen die meisten Talente verloren. „Da haben wir nur noch 400 Leute.“ Pum schwebt ein Worst-Case-Szenario vor. „Eltern haben keine Zeit mehr und wollen mit den Kindern nicht mehr Ski fahren, was ja auch nicht billig ist. Wenn dann Lifte zusperren, wie in Sandl befürchtet, wo alle Mühlviertler Ski fahren lernen, ist das eine Katastrophe. Alle Talente, die nicht aus Skizentren stammen, fallen weg.“ Und Supertalente schneit es auch einer Ski-Nation nicht wie Schnee vom Himmel.

ÖSV neu

Der Auslöser: Nachdem Österreichs Alpin-Herren bei Olympia im Februar in Vancouver medaillenlos geblieben waren, baute ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel den heimischen Ski-Verband um. Etwa zwei Millionen Euro kosten ihn die Umstrukturierungen.

Die Änderungen: Mathias Berthold, zuvor bei den deutschen Damen, löste Toni Giger als Herren- Cheftrainer ab. Giger leitet nun die Abteilung Entwicklung-Forschung- Innovation mit einem Standort in Bramberg bei Neukirchen/Großvenediger. Hans Pum wurde zum Sportdirektor aller Sparten ernannt. Herr über die Nordischen ist nicht mehr Toni Innauer, der sich zurückgezogen hat. Die Springer und Kombinierer leitet Ernst Vettori, die Biathleten und Langläufer Markus Gandler. Weitere Sparten: Snowboard, Skicross, Behindertensport.

Der Ausblick: „Die Nummer eins der Welt sein“ will der ÖSV sportlich – und ist er finanziell. Bei Schröcksnadels Amtsantritt 1990 betrug das ÖSV-Budget knapp 40 Millionen Schilling – heute 40 Millionen Euro. Wer Schröcksnadel, der die WM 2013 in Schladming als Ablaufdatum seiner Präsidentschaft angibt, nachfolgt? Niemand ist in Sicht.