"Er geht wieder in die Geschichte ein"

19.März 2018

An den Erhalt von großen Weltcupkugeln gewöhnt sich selbst ein Marcel Hirscher nicht. "Ein wunderschönes Gefühl", meinte der Salzburger Skistar gestern in Aare mit Blick auf das siebente große Kristall. Erst in einigen Wochen will der 29-Jährige entscheiden, wie es bei ihm weitergeht.

An das Finale in Aare nach der besten Saison seiner Karriere mit 13 Siegen im Weltcup, drei Kugelgewinnen sowie zwei Olympia-Goldmedaillen wird er sich aber auch aus anderen Gründen immer erinnern. "Das war wohl das kälteste Finale in der Geschichte." Wegen starken Windes und Schneefalls musste gestern sogar der Slalom abgesagt werden, Hirscher stand als Disziplinensieger aber bereits fest. Insgesamt hält er nun bei 17 Kugeln, sieben großen sowie je fünf kleinen für Slalom und Riesentorlauf.

Hirscher wurde mit der Absage zwar die Chance auf seinen 14. Triumph im heurigen Weltcup-Winter genommen, womit er alleiniger Rekordhalter in diesem Ranking geworden wäre. Doch den 29-Jährigen störte das nur wenig. Hirscher nennt als zweitbester Athlet der Weltcupgeschichte bereits 58 Siege sein Eigen, auf den schwedischen Rekordhalter Stenmark fehlen noch 28. "Die Ergebnisse von Marcel sprechen für sich, er geht wieder einmal in die Geschichte ein. Und das alles ohne große Vorbereitung nach der Verletzung", sagte Herren-Rennsportleiter Andreas Puelacher. "So stark war er überhaupt noch nie. Da fehlen die Superlative. Großartig, was er leistet", meinte ÖSV-Sportdirektor Hans Pum.

Auf die Frage, ob es noch besser gehe, meinte der 29-jährige Hirscher: "Wenn man einen Baum raufklettert, ist auch der Baum einmal zu Ende. Ich weiß, dass einmal der ,turning point‘ kommt. Ich hoffe, dass ich den frühzeitig sehe. So weit kann ich sagen, ich bin immer noch motiviert."

Pum stellte auch klar, dass Hirscher die volle Unterstützung von Verbandsseite bekommen werde, egal wofür er sich entscheide. Auch wenn es in Richtung Speed gehen sollte. "Er wird in jeder Hinsicht von uns unterstützt. Freilich fände auch ich Speed spannend. Es geht darum, dass er Ziele braucht. Und er muss es gern wollen und mit einer Freude machen, sonst funktioniert das nicht. Und wenn er das machen will, wird man alles tun, dass er das auch optimal machen kann."

Hirscher hält sich sämtliche Optionen offen. Die Bandbreite geht vom Rücktritt bis zum Weitermachen wie bisher und dem Fokus auf technische Disziplinen bis zum Wechsel auf die langen Latten, was besonders auch von Puelacher ein Wunsch wäre.

"Speed wäre reizvoll"

"Das wäre natürlich sehr reizvoll. Ich glaube, es würde mir schon liegen, das habe ich schon öfters zeigen können. Dann heißt das aber definitiv Gesamtweltcup ade. Aber eine neue Herausforderung", hatte Hirscher in Aare gesagt. Da die Entscheidung über die Zukunft aber eine emotionale Angelegenheit sei, werde er jetzt erst ein bisserl Zeit vergehen lassen.

Hirscher war einmal mehr der überragende Athlet im Herren-Weltcup. Doch hinter dem Salzburger reihte sich in puncto meiste Siege von ÖSV-Läufern gleich der Gramastettener Vincent Kriechmayr ein. Mit seinen Erfolgen im Super-G und in der Abfahrt in Aare erhöhte er sein Saisonkonto auf drei Triumphe.

Viel Lob für Kriechmayr

Lob gab es dafür von allen Seiten. "Er ist ein genialer Skifahrer und ein harter Arbeiter, konsequent und sehr selbstkritisch", sagte Puelacher. Hirscher ergänzte: "Es war eine Frage der Zeit, jetzt schaut es aus, als explodiert er. Gratulation. Souverän, sauber, ein technisch brillanter Skifahrer."

 

Mikaela Shiffrin erneut die Allerbeste

Ski-Königin: Was Marcel Hirscher einmal mehr bei den Ski-Herren war, stellt Mikaela Shiffrin im Damen-Lager dar. Als Gesamt-Weltcupsiegerin war die US-Amerikanerin schon letzte Woche festgestanden, womit sich die seit letzten Dienstag 23-Jährige ihre zweite große Kristallkugel holte. Doch mit ihrem neunten Saisonsieg im Slalom von Aare knackte Shiffrin den Rekord der Kroatin Janica Kostelic, die es im Winter 2000/2001 auf acht Siege im Torlauf gebracht hatte. „Ich habe dieses Rennen genossen“, sagte Shiffrin. „Meine ganze Saison war großartig.“

Wiedersehen: Emotional wurde es für die neue Rekordhalterin bereits zwischen den Läufen. Sie bekam Besuch von Emma Lundell. Im Dezember 2012 hatte das damals elfjährige Mädchen Shiffrin nach deren erstem Weltcup-Sieg an gleicher Stelle um ein Foto gebeten und ihr erzählt, dass sie an Leukämie erkrankt sei. Inzwischen gilt sie als geheilt.

Ziel: Shiffrin hat für kommende Saison bereits ein großes Ziel. Mit einem Sieg in einem Super-G würde sie in den exklusiven Kreis der derzeit sechs Siegerinnen in allen klassischen Alpin-Disziplinen dazustoßen.