Diesen Sieg wird Hirscher nie vergessen

Von Marlies Czerny aus Schladming   24.Jänner 2012

Zur Halbzeit, da herrschte entlang der hell beleuchteten Planai Friede, Freude, Feierkuchen. 40.000 Ski-Fans schwenkten ihre Fahnen im Schneegestöber, sie johlten und jubelten – und vom befürchteten Sturm nach einer hochgeschaukelten Einfädler-Affäre rund um die Hauptdarsteller Marcel Hirscher und Ivica Kostelic war da keine Spur. Einzige unangenehme Begleiterscheinung: Pfiffe und Schneebälle kreuzten Kostelics Weg. „Gestört hat mich das aber nicht“, sagte Kostelic, am Ende Vierter, nur eine Hundertstelsekunde hinter Mario Matt.

Zu Rennbeginn, da waren alle Blicke, Kameras und Fotoapparate auf die flinke Beinarbeit der Startnummer eins gerichtet. Hirscher war für niemanden zu fassen. Ganze 0,75 Sekunden nahm der 22-Jährige dem Zweitplatzierten Matt ab. „Es ist zwar erst die Hälfte des Rennens vorbei, aber für mich ist das jetzt schon wie ein Sieg“, atmete Hirscher auf. Den Stein vom Herzen, den hörte man plumpsen. „Und schaut mir in die Augen“, bat der 22-Jährige Journalisten. Dunkel sind die Augen umrahmt, „das ist nicht spurlos an mir vorüber gegangen.“ Auch nicht am Material. Gestern Abend griff er wieder zu den Kurzskiern mit den Geierschnäbeln. Just bei den Rennen in Zagreb, Wengen und Kitzbühel, wo Einfädler-Analysten gefordert waren, wählte er ein Skimodell ohne den Aufbau an der Skispitze, um spritziger zu agieren. „Mit Geierschnabel kann er 34 Millimeter näher zu den Stangen fahren und fädelt nicht so leicht ein“, erklärte Atomic-Guru Rupert Huber. Der Deutsche Felix Neureuther wurde nach x-tem Hinschauen disqualifiziert. Nummer-eins-Thema bleibt auch weiterhin: das Einfädeln.

Am Ende der Achterbahn-Fahrt der Gefühle, bei der Sekt-spritzigen Siegerehrung, leuchteten die Augen Hirschers heller als das Flutlicht. Erster Sieg in Österreich. Unter diesen Umständen. „Das war die schwierigste Zeit in meinem Leben. Das ist mein emotionalster Sieg.“ In vier Tagen, da hat er mehr erlebt als andere ihr Leben lang.

Lange nicht vergessen dürfte Marlies Schild ihren Vorlauf. Sie hätte sich für den zweiten Durchgang qualifiziert. Laut ORF-Zeitnehmung kam sie ihrem Freund Benjamin Raich eineinhalb Sekunden nahe. Am Ende wurde Raich Zehnter. Reinfried Herbst gewann als Achter – Selbstvertrauen.

Marcel Hirschers Siegesansprache

„Die Genugtuung ist riesengroß. Das waren die schwierigsten Tage meines Lebens – und mein emotionellster Sieg. Ich habe mich auf die wichtigsten Dinge des Lebens besonnen. Meine Familie hat mir riesigen Rückhalt gegeben. Die Aussprache mit Ivica Kostelic war wichtig. Solche Sachen muss ich einfach sofort aus dem Weg räumen.Mit dem Start zum Rennen war der ganze Druck vorbei, da hatte ich sofort wieder Spaß.“
 

Mit unserem Live-Ticker waren sie auch im zweiten Durchgang live dabei!