Vorsichtiger Optimismus nach verkorkstem Jahr
Die Black Wings blasen am Sonntag mit einem Schuss Demut zum Angriff
LINZ. 1000 Fans waren zum ersten Eishockeytraining gepilgert, 1900 zum ersten Test-Heimspiel gegen Budweis (4:1). Auf diese Zahlen dürfen die Black Wings, die am Sonntag (17.30 Uhr, Liveticker auf nachrichten.at) in Székesfehérvár in die Meisterschaft starten, stolz sein. Oberösterreichs Topklub begrüßte bei seinem "Probegalopp" mehr Besucher als etwa Lausanne (Sui) und Skelleftea (Swe) bei deren internationalen Auftritten in der Champions League.
"Es fühlt sich großartig an, wie viel Energie von den Rängen kommt", zeigt sich Linz-Coach Tom Rowe begeistert. Der US-Amerikaner weiß, dass jetzt Taten auf dem Eis folgen sollen. So eine Saison wie die abgelaufene, in der sich die Black Wings mehr schlecht als recht in die Play-offs "schummelten" und dort bereits in Runde eins an Graz scheiterten, darf sich nicht wiederholen. "Unser primäres Ziel ist die Teilnahme an der Pick-Round der Top 5. Es ist unsere Pflicht, attraktives Eishockey abzuliefern, mit vier gleichwertigen Linien das Tempo hochzuhalten und unsere Durchhänger zu reduzieren", betont Manager Christian Perthaler.
Die Voraussetzungen dafür sind geschaffen worden. Mit einem breiter aufgestellten Kader, der im Schnitt größer, jünger und auch kräftiger ist. Die Black Wings, die in der Vorbereitung zu viele Strafen kassierten, wollen wieder für Kontinuität stehen, der zweite größere Umbruch soll der letzte für längere Zeit gewesen sein. Der EHC hat zehn neue Spieler unter Vertrag genommen, im Sommer 2018 waren es sogar elf gewesen.
Das Ende der Heimmisere?
Die einzige Konstante, die Linz in der jüngeren Vergangenheit zur Schau trug, war die Begeisterungsfähigkeit seines Publikums. Trotz sportlicher Talfahrt hatten die Black Wings mit 4650 Zuschauern den zweithöchsten Ligaschnitt hinter Finalist Wien (4735). Selbst Champion KAC (3791) hinkte deutlich hinterher.
Jetzt soll die im Umbau befindliche Keine-Sorgen-EisArena, die am 4. Oktober ihre Heimpremiere gegen Bozen erleben wird, wieder zu einer sportlichen Festung werden. 14 Niederlagen in 29 Liga-Heimspielen – so geschehen 2018/19 – waren eindeutig zu viel. Das weiß auch Klubchef Peter Freunschlag, der nun von drei Vizepräsidenten flankiert wird. Zu Karl Egger und Peter Zauner gesellte sich Peter Matausch (cbc-x Software GmbH).
Freunschlag ist an und für sich ein Mann, der vor Kampfansagen an die Konkurrenz nicht zurückschreckt. Doch heuer spuckt er keine großen Töne: "Ich bin vorsichtig und auch sehr demütig. Ich dachte ja auch schon vor der vergangenen Saison, dass wir richtig gut sind. Aber dann ist es bekanntlich leider anders gekommen. Grundsätzlich habe ich ein sehr gutes Gefühl."
Letzteres nähren nicht nur die Zugänge, sondern auch bewährte "Scoring-Maschinen" wie Kapitän Brian Lebler, Dan DaSilva oder Rick Schofield, dem die Geburt seiner Tochter Sadie vor einer Woche Flügel verleiht. Nicht nur der Kanadier sehnt glorreiche Eishockeyzeiten herbei, sondern auch Neo-Verteidiger Raphael Wolf. Würde er sich eine Schlagzeile über seine Person aussuchen können, hätte er klare Vorstellungen: "Wolf schießt Linz zum Meistertitel." Es wäre übrigens der dritte nach 2003 und 2012.
Die "Rotjacken" sind die großen Gejagten
Mit 31 Titeln ist der KAC nicht nur österreichischer Eishockey-Rekordmeister, die Klagenfurter „Rotjacken“ starten morgen mit dem Heimspiel gegen Fehérvár auch als amtierender Champion in die Erste-Bank-Liga 2019/20. Die Kärntner sind damit die großen Gejagten und bei einem Blick auf das Personal auch Favoriten. Der KAC, der am 24. April die Finalserie gegen die Vienna Capitals mit 4:2 für sich entschieden hatte, hat sein Team nur punktuell verändert. Das Engagement der rot-weiß-roten Teamstürmer Manuel Ganahl und Lukas Haudum, an dem auch die Black Wings dran waren, ist ein Upgrade. Nur Robin Gartner und Mitch Wahl haben die Meistermannschaft verlassen.
Der KAC ist in Frühform
„Wir sind hungrig und bereit, alles dafür zu unternehmen, um den Titel erfolgreich zu verteidigen“, sagt der kanadische KAC-Stürmer Andrew Kozek, der von 2013 bis 2016 nicht weniger als 115 Tore für den EHC Linz erzielt hat. Die Form stimmt schon jetzt. Das wurde in der Champions Hockey League deutlich. Die Klagenfurter haben mit drei Siegen aus vier Partien die Führung in der starken Gruppe A (mit Biel und Tappara) übernommen.
Im Gegensatz zum KAC blieb in Dornbirn kein Stein auf dem anderen. Die Vorarlberger begrüßten 14 Neuzugänge und mit Jussi Tupamäki den bereits vierten finnischen Coach in der Elfer-Liga. Bei Fehérvár schwingt Hannu Järvenpää das Zepter, beim KAC ist es Petri Matikainen und beim Villacher SV seit diesem Sommer Jyrki Aho.
Einen neuen Cheftrainer hat auch Red Bull Salzburg: Matt McIlvane. Der US-Amerikaner bekam als Einstandsgeschenk gleich den Königstransfer serviert. Super-Torhüter Jean-Philippe Lamoureux wechselte von den Vienna Capitals in die Mozartstadt, der 35-jährige „Hexer“ ist ein Mann, der in der heißesten Phase der Saison den Unterschied ausmachen kann. Liga-Krösus Salzburg, der das Karriereende von Matthias Trattnig zu verkraften hat, lechzt nach einem Titel. In den vergangenen drei Saisonen stemmten andere den Pokal – Wien (2017), Bozen (2018) und eben der KAC. Wettanbieter „bet-at-home“ sieht Salzburg – vielleicht auch wegen Lamoureux – mit einer Quote von 2,7:1 in der Poleposition, dahinter folgen der KAC (4,35:1) und Wien (4,35:1), Graz (10,75:1) sowie die Black Wings (11,5:1).
Modus leicht verändert
Nach dem Ausscheiden von Zagreb (Finanzkrise) war eine Adaptierung des Modus Programm. Nur noch fünf (statt bisher sechs) Teams lösen im Grunddurchgang Play-off-Tickets und ziehen in die Pick-Round ein.
Die unteren sechs kämpfen mit erhöhten Bonuspunkten (von acht abwärts) um die restlichen drei Viertelfinalplätze. Übrigens mit weniger Legionären. Waren zuvor 15 Fremdarbeiter pro Klub möglich, so sind es jetzt elf.
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