Der Große Preis ist nach 92 Jahren noch immer heiß
SPIELBERG. Im Rückspiegel: Der Österreich-Grand-Prix für Motorräder schrieb viele Geschichten.
Am kommenden Wochenende steppt in Spielberg erneut der Bär, wenn die Motorrad-Weltmeisterschaft antanzt. Was in den 1920er-Jahren nahe Wien begann, war später in Salzburg ein Volksfest. Nach 19-jähriger Pause nahmen die Zweirad-Artisten 2017 am rundum erneuerten Red-Bull-Ring wieder Fahrt auf. Eine rasante Reise durch die Zeitgeschichte.
Die Anfänge: Der "Große Preis von Österreich für Motorräder" fand zum ersten Mal 1927 auf einer Rennstrecke in Vösendorf im Süden von Wien statt. Als das Rennen nach langen sechs Stunden abgewinkt wurde, waren von ursprünglich 45 gestarteten Fahrern nur mehr 19 übrig. Schon nach vier Auflagen kam aber die erste Pause. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in Rankweil (Vorarlberg) und auch auf einem Straßenkurs in Salzburg-Liefering sowie darauf folgend in Anif und Grödig wieder "Große Preise" ausgefahren. 1947 war die Geburtsstunde des erst später so genannten "1.-Mai-Rennens", aus dem sich in weiterer Folge das "Internationale Rupert-Hollaus-Gedächtnis-Rennen" (1955) und schließlich 1958 der "Große Preis von Österreich für Motorräder" entwickelten. Noch heute klingende Namen wie Agostini, Hailwood, Surtees, Schneider und viele andere drehten hier über die folgenden Jahre am Gashahn, aber auch heimische Größen wie Harald Bartol und Gerold Klinger.
Erst Hoch, dann Tief: Der erste Motorrad-Grand-Prix der WM-Neuzeit fand 1971 auf dem Salzburgring statt. Auch als Folge dessen, dass man sich unmittelbar davor entschieden hatte, mit der Formel 1 auf den neu erbauten Österreichring zu gehen. Bis 1994 fanden in Salzburg 22 WM-Läufe statt. Es waren historische Rennen. 1971 siegte Giacomo Agostini auf einer MV Agusta in der 500er- und 350er-Klasse. Das letzte Rennen gewann der Australier Mick Doohan mit einer gewaltigen Durchschnittsgeschwindigkeit von 194 km/h. Danach wurde der Salzburgring endgültig als zu gefährlich für die Grand-Prix-Klassen eingestuft. Die nächsten Österreich-Rennen fanden daher 1996 und 1997 auf dem A1-Ring in Spielberg statt. Valentino Rossi ist der einzige aktive Pilot, der hier bereits einen WM-Lauf gefahren war. Der Italiener wurde 1996 Dritter in der 125er-Klasse, es war sein erstes GP-Podium. Danach war aufgrund des sinkenden Zuschauer-Interesses vorläufig Schluss. Das bisher letzte Rennen der wichtigsten Motorrad-Klasse in Österreich gewann am 1. Juni 1997 ebenfalls Mick Doohan. Wegen eines Streits um die Lustbarkeitsabgabe drohte davor sogar eine Absage. Zum WM-Rennen waren nur etwa 25.000 Zuschauer erschienen.
Die Neuzeit: Dem Red-Bull-Konzern und seinem motorsportbegeisterten Chef Dietrich Mateschitz ist es zu verdanken, dass die Motorrad-WM nach fast zwei Jahrzehnten Pause 2016 wieder in die österreichische Umlaufbahn fand. Mit durchschlagendem Erfolg von Beginn an. An die 200.000 Besucher feiern jährlich in der Steiermark ein beispielloses Motorrad-Fest. Spielberg war bei allen drei Auflagen bisher eine Ducati-Spielwiese. Andrea Iannone, Andrea Dovizioso und Jorge Lorenzo trugen die Siege in der Königsklasse MotoGP für "die Roten" davon.